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Alois Schöpf
Renaturierung machen wir selbst!
Apropos

Bestimmt befürwortet eine große Mehrheit der Tiroler im Prinzip die Idee der Renaturierung, wie sie die EU in ein Gesetz gießen möchte. Schließlich leben nicht nur die Bauern zwecks Produktion hochwertiger Lebensmittel von einer intakten Natur, auch für den Tourismus ist sie die Basis. Und nicht zuletzt profitieren wir alle von einer Lebensqualität, die es uns erlaubt, vom Computer aufzustehen und zehn Minuten später durch die Waldeinsamkeit zu wandern.

Einen solchen Luxus, der geschützt und sogar ausgebaut gehört, befürworten die meisten. Aber eben nur im Prinzip! Wenn sich nämlich die Wimmelbuch-Ideologen in Brüssel wieder einmal die Finger wundschreiben und von einer Schöpfung träumen, in der das Lämmlein neben dem Wolf und der Bär neben dem Bienenstock schlummert, ist Gefahr in Verzug!

Diese Damen und Herren haben ihre Autorität nämlich längst verspielt, indem sie uns in die EU-Beitrittsverträge, deren 600 Seiten unsere erleuchteten Verhandler, wenn sie sie je lasen, in den Konsequenzen nie durchdachten, arge Träumereien hineingeschrieben haben. Diese gefährden durch die Unterschutzstellung von Wolf und Bär inzwischen nicht nur die bäuerliche Almwirtschaft und bereiteten Hunderten von Schafen, Ziegen und Kälbern einen qualvollen Tod, als wären es Tiere zweiter Klasse, eine Schande, über die sich leider auch die Tierschützer ausschweigen. Sie verringern auch unser aller Sicherheitsgefühl in der Natur, das neben menschenentwöhnten Mutterkühen nun auch noch durch Beutegreifer unter Druck gerät.

Auch was die Umweltministerin als Sprachrohr Brüssels in letzter Zeit in Sachen Herdenschutz von sich gab, lässt für die Renaturierungspläne der EU Schlimmstes befürchten. Lassen wir also uns im Sinne des Subsidiaritätsprinzips den Naturschutz nicht aus der Hand nehmen! Wir wissen selbst, was zu tun ist, und benötigen nicht weltfremde Gouvernanten.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 01.06.2024

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 15 Kommentare

  1. Johann Kinzl

    Sehr geehrter Hr. Schöpf!
    Wie schon letzte Woche möchte ich mich auch dieses Mal für Ihre Stellungnahme in Apropos in der TT vom 1. Juni 2024 bedanken. Ich freue mich jeden Samstag auf Ihren Kommentar zu einem wichtigen aktuellen Thema und gratuliere Ihnen zu Ihrem kritischen und wichtigen Beitrag. Allein Ihr Apropos ist es für mich jeden Samstag wert, die TT zu lesen.
    Danke und beste Grüße

  2. Josef Pockenauer

    SG Herr Schöpf!
    Kurz zusammengefasst: Einfach sprichwörtlich den Nagel auf den Kopf getroffen.
    Danke

  3. Peter Kraiser

    Sehr geehrter Herr Alois Schöpf,
    …..eine Journalistin hat mir einmal erklärt, dass sie von den Reaktionen ihrer Leser lebt.
    Dieser nachvollziehbaren Aussage möchte ich nachkommen und ihnen danken, dass sie jeden Samstag eine Kolummne in der TT schreiben. Zum überwiegenden Teil kann ich ihnen nur zustimmen, und es ist schade, dass es scheinbar nicht mehr viele Menschen mit Hausverstand gibt.
    Auch der Schöpfblog auf ihrer Homepage ist für mich eine literarische Bereicherung!
    Ich wünsche mir, dass sie noch lange so weitermachen.
    Mit besten Grüßen

  4. Georg Posch

    danke lieber alois, danke…
    wieder einmal ein genialer beitrag. danke für den mut, gegen den linken mainstream und stattdessen für die sache was zu schreiben….was passiert, wenn wir uns unterwerfen, sehen wir ja bei vielen sachen, wie zum beispiel beim transit…
    also danke für die offenen worte….

  5. Herbert Eller

    Sehr geehrter Schöpf. Ich bin überzeugt, Sie schreiben einer überwältigenden Mehrheit ihrer Leser aus der Seele. Manche könnten ein Buch über dieses Thema schreiben, und am Ende hätten sie „nichts“ gesagt, sie haben mit ein paar Zeilen „alles“ gesagt – gratuliere !

  6. Richard Mayr

    Ich bin begeistert von Ihrem gestrigen Apropos: Wir und Renaturieren!! Das ist Satire pur! Ich sehe schon Jack Falkner, die Familie Schultz und andere unter der Anleitung von Herrn Hörl ihre neuen Seilbahnpläne schreddern und Lifte abbauen und die überdimensionalen Funparks an den Bergstationen still legen. Ebenso die Grablegung der St. Johanner Gewerbeparkpläne und die Reduzierung der Einkaufszentren um die Versiegelung der Bodenflächen zu vermindern. Das täte mir leid, ist doch die Dichte der Einkaufszentren eines der wenigen Dinge, wo wir führend sind. Dazu Rückbau der Trails für „Bergradfahrer“ (das ist Neandertaler-Deutsch), die die Tiere im Wald stressen, vor allem Rehe, die nicht so brutal sind wie die Wölfe. Um das Leid der Schafe zu verhindern, müssen sie „entnommen“ werden, wie es euphemistisch heißt. Aber was machen wir da mit den Löwen und Tigern? Sie hetzen Gazellen, Zebras und so weiter bis zur Erschöpfung und töten sie ganz grausam.
    Und der fleischfressende Mensch ? Er zwängt Tiere in enge Wagen auf tagelangen Wegen, um sie zu einem weit entfernten Schlachthof zu führen, ohne Wasser und in großer Hitze. Oder die Haltung der Schweine auf quälenden Vollspaltböden. Und die Bauern, die Armen, brauchen 16!! Jahre bis das geändert werden kann .
    Aber zum Schluss meines Ergusses beschleicht mich ein Verdacht: Ist da der Tageszeitung ein Druckfehler passiert und in der Überschrift ein R mit einem D verwechselt worden?

    1. Robert Muskat

      Und ich bin begeistert von Ihrem Kommentar! Respekt, alles auf den Punkt gebracht!

  7. Ernst Maier

    Die Verantwortlichen in Land und Gemeinden (St.Johann/T.) vollziehen derzeit live, was man, wie Sie es reißerisch titulieren, unter „Renaturierung machen wir selbst“ versteht (Tausende m2 wertvoller landwirtschaftlicher Grund wurden gewidmet, während in Bahnhofsnähe riesige versiegelte Flächen ehemaligen Gewerbegrundes ungenutzt bleiben). Der Entwurf zum Renaturierungsgesetz sieht u.a. auch vor, solche Auswüchse nach Möglichkeit zu unterbinden. Wenn man hier mit möglichen Enteignungen und der Gefährdung der Lebensmittelversorgung argumentiert, so ist das nichts als rückwärtsgewandtes „Mir san mia- Gehabe“ und purer Populismus. Was die bestehende Habitatrichtlinie zur Unterschutzstellung auch großer Beutegreifer betrifft, wissen Sie ebenso gut wie ich, dass dies nur mit entsprechenden Mehrheiten in allen EU-Gremien im Einklang mit der Berner Konvention geändert werden könnte und die Nutztierhalter auch im Sinne des Tierschutzgesetzes zum Schutz von im Freien gehaltenen Tieren verpflichtet sind.

  8. Der Löwe und das Lamm werden beieiander liegen – aber das Lamm wird nicht viel Schlaf bekommen.

  9. Robert Muskat

    Genau das sind Themen, die ständig unter den Tisch fallen, da das ja dem übermächtigen Bauernbund nicht konveniert. Kein Geld um Spaltböden umzubauen, aber alle 3 Jahre einen neuen Monstertraktor kaufen, für den man schon Warnschilder aufstellen muss, da man von hoch oben Schulkinder leicht übersieht!

  10. Jenewein

    „Wir wissen selbst, was zu tun ist „.
    Genau!
    Weil Mia san mia!
    Mia san Tourismus , Mia san Bauern ,
    Mia san Wirtschaft und Mia san ein Autoland!
    Und so , genau so, mit dieser Einstellung wird alles gut für unsere Umwelt, die Natur und das Klima werden.
    Und das mit der EU?
    Die biegen Mia a no hin!
    Dann klappt’s auch mit den Nachbarn .
    Mit besonderen Grüßen

  11. Robert Muskat

    Hut ab, vollkommen meine Meinung! Ich hätte das nicht besser sagen können. Meine Hochachtung.

  12. Robert Muskat

    Wenn die EU auch zugegebenermaßen oft übers Ziel hinausschießt, Bürokratie und Bevormundung praktiziert, muss ich hier doch heftig widersprechen! Die(natürlich) ÖVP wehrt sich gegen Renaturierung mit dem Hinweis auf die Versorgung mit Agrarprodukten. Dieselbe ÖVP genehmigt aber, ohne mit der Wimper zu zucken, die Umwidmung eines landwirtschaftlichen Geländes samt Altbauernhof in Richtung Gewerbegebiet inklusive Zubetonieren, Mehrverkehr und anderer Nachteile. Wo ist denn in diesem Fall die Versorgungssicherheit?
    Der lieben ÖVP ins Tagebuch geschrieben: in Österreich und Europa gelten nicht die Regeln und Wünsche von Wirtschaftsbund und Bauernbund, sondern die Regeln der BEVÖLKERUNG! Wir sind nicht nur das Stimmvieh, das in regelmäßigen Abständen ein Kreuzchen auf einem Stimmzettel machen darf, sondern laut Verfassung der SOUVERÄN, dem die Politik zu gehorchen hat (gilt übrigens auch für die Chefetage der FPÖ!).
    Um Kenntnisnahme wird gebeten!

  13. Günther HYE

    Alois Schöpf trifft mit seinen „Apropos“ sehr oft den Nagel auf den Kopf. Diesmal scheint er allerdings beim Schreiben die rosarote Brille getragen zu haben. Das Märchen vom braven Bauern, der Natur und Tiere schützt, muss jedenfalls etwas zurechtgerückt werden. So ist festzuhalten, dass die großen Beutegreifer wie Wolf und Bär kein unnatürliches Verhalten an den Tag legen, wenn sie Weidevieh reißen. Unnatürlich und darüber hinaus gesetzwidrig (§ 19 Tierschutzgesetz) ist vielmehr, dass viele Almbauern auf Herdenschutz verzichten und damit bewusst in Kauf nehmen, dass ihr Vieh von Raubtieren gejagt und gehetzt wird. Besonders peinlich ist nach solchen Vorfällen das Tränendrücken über die „armen“ Schafe, die auf der Sommerweide qualvoll zu Tode gekommen sind. Das ist nichts anderes als ein Täuschungsmanöver, um von den wirklichen Tierquälereien abzulenken, die sich tagtäglich in den Ställen und Tierfabriken sowie bei den Lebendtiertransporten abspielen. Die hehren Ziele, die auf den Almen öffentlichkeitswirksam propagiert werden, gelten da wohl nicht? Vielmehr kämpfen Bauernbund und Bauernkammern verbissen darum, die Übergangsfristen beim Verbot der Vollspaltenböden in Schweineställen möglichst weit auszudehnen. Tierleid spielt dann keine Rolle, Herr Schöpf! Insofern ist es durchaus folgerichtig und nachvollziehbar, wenn die EU und auch der VfGH dem – vielleicht doch nicht so vorbildlichen – bäuerlichen Natur- und Tierschutz einige Regeln vorgeben!

    1. Robert Muskat

      Diesem Kommentar muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Vielen Dank, Sie sprechen mir aus der Seele.

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