Print Friendly, PDF & Email

Alois Schöpf
Feministisch-nationalistisch in die Theaterkatastrophe
Wie es zur Beschädigung des Tiroler Landestheaters kam
und wer dafür die Verantwortung trägt.
Analyse

Die derzeitigen Zustände am Tiroler Landestheater sind ein Schulbeispiel dafür, wie eine totalitäre Ideologie in ihrer vulgären Anwendung binnen kürzester Zeit eine angesehene, teure und im Übrigen von dieser Ideologie distanziert gegenüber stehenden Bürgern finanzierte Institution in kürzester Zeit beschädigt werden kann. Und dies abseits jeder Rechtsstaatlichkeit, die weder die Kollektivschuld noch das Recht auf Rache kennt, zwei Prinzipien, auf Basis derer aus sexistischen Gründen das Qualitätsprinzip ausgeblendet und ein Privilegierungsprinzip angewendet wurde.

Das ganze Unheil begann schon damit, dass bei der Bildung der 1. Regierung von Günther Platter im Jahr 2008 die acht in hohe Ämter beförderten Polit-Machos aus ÖVP und SPÖ neben Patrizia Zoller-Frischauf dringend zur Aufmöbelung ihres zeitgeistigen Designs noch eine Dame benötigten, die zugleich, wenn möglich, dem ÖAAB zuzurechnen war und aus dem Unterland stammen sollte, womit die Wahl auf die erleuchtetste Kulturreferentin fiel, die Tirol je hatte, auf die Lehrerin Beate Palfrader, die sich in pragmatischer Absicherung ihrer Karriere den Direktorenposten der Schule, in der sie tätig war, bis zum Jahr 2023, also 15 Jahre lang mittels Karenzierung warmhalten ließ.

Das nächste Unheil erfolgte durch das Diktat der grünen Ideologie, wonach Männer in dieser Partei grundsätzlich in einer Art Selbstkastration die Faktizität ihres Geschlechts durch die Begleitung feministisch aufgeladener Damen zu entschuldigen versuchen, was dazu führt, dass der zweifelsfrei als umfänglicher Mann auftretende Werner Kogler sich bei öffentlichen Auftritten gern mit einer Leonore Gewessler, Alma Zadic oder Sigrid Maurer umgibt, um das Unheil seiner Geschlechtlichkeit vergessen zu machen. 

Selbiges galt und gilt natürlich auch für den um ein männliches Äußeres mitnichten verlegenen, inzwischen abgewählten Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi, der zur Entschuldigung für sein Mann-Sein mit der Dame Uschi Schwarzl eine Kulturbeauftragte berief, die zuerst einmal um über 200.000 Euro eine Agentur beauftragen musste, damit sie neben ihren zahlreichen anderen Agenden überhaupt in Erfahrung bringen konnte, was sie in der Kultur  zu wollen habe.

Diese beiden begnadeten PolitikerInnen nun, Palfrader und Willi, saßen nach mehreren übereinstimmenden Berichten mit hochkarätigen Theaterprofis aus renommierten Theaterbetrieben in einer Kommission, welche für die Bestellung einer neuen Intendanz am Tiroler Landestheater nach der Ära Reitmeier verantwortlich zeichnen sollte. Dabei standen zuletzt drei Persönlichkeiten zur Auswahl, wobei zwei dem männlichen Geschlecht angehörten und eine dem weiblichen. Die Theaterprofis plädierten für einen der Männer. Palfrader, die bereits im Vorfeld in den Medien geschnattert hatte, sie wolle eine Frau als neue Intendantin, und Willi, der, wie oben beschrieben, unter dem grünen Schuldkomplex leidet, ein Mann zu sein, plädierten als politische Verantwortungsträger entgegen der Empfehlung der Experten für die Frau, die zudem den eminenten Vorteil hatte, nach bereits fast schon beleidigend vielen Berufungen aus dem benachbarten Deutschland eine Österreicherin zu sein: für Irene Girkinger.

Und dies, obgleich beide Politiker wissen mussten, dass sie hier jemanden von einer kleinen provinziellen und eingemieteten Sprechtheaterbühne mit einem Umsatz von 3 Millionen und maximal 25 Mitarbeitern in ein Drei-Spartenhaus mit 450 Mitarbeitern und einem Umsatz von über ca. 35 Millionen Euro beriefen. Georg Willi, der offenbar noch nie im Leben über den sprichwörtlichen Ladentisch hinweg sein Geld verdient hat, scheint dies allerdings nicht sonderlich zu beunruhigen, da er bei seinem Versuch, eine krasse Fehlentscheidung zu verteidigen, verlauten ließ , man müsse Frau Girkinger schon 3 Jahre des Lernens zubilligen, eine Fortbildung, die, wie ich bereits in einer meiner vergangenen Analysen vermerkte, dem Steuerzahler und dem Tiroler Landestheater 100 Millionen kosten würde: doch eine beträchtliche Steigerung im Verhältnis zur Summe, die Willi Frau Schwarzl für das Engagement einer Agentur zwecks Eruierung ihrer Jobbeschreibung zubilligte.

Gerade in der Kunst und hier insbesondere in Genres, bei denen viele Menschen mit ihren jeweils professionellen Kenntnissen zusammenarbeiten, dauert der Weg hin zu Höchstleistungen oft Jahrzehnte, der Rückweg in das provinzielle Mittelmaß und in den Ruin oftmals nur ein einziges Jahr. Für diesen derzeit drohenden Rückweg tragen Palfrader und Willi die Hauptverantwortung, wobei sich, wie oft in der Politik, wieder einmal die Frage stellt, ob die beiden mit ihrem Gehalt bzw. ihrer zweifelsfrei fetten Pension für diesen künstlerischen, aber zunehmend auch finanziellen Schaden geradestehen müssen. Die Antwort lautet natürlich: Nein! 

Und es stellt sich weiter die Frage, ob die Kulturverantwortlichen des Landes tatsächlich den Zynismus haben, Markus Lutz, der nun über Jahre hinweg die Finanzen des Landestheaters, aber auch der Festwochen der Alten Musik seriös verwaltete und in das Tiroler Musikleben bestens integriert ist, für sein verantwortungsvolles Handeln, auf die finanzielle Schieflage des Landestheaters hingewiesen zu haben, in die Wüste zu schicken.

Leider ist zu befürchten, dass die derzeit für die Weiterentwicklung des Tiroler Landestheaters politisch Hauptverantwortlichen Anton Mattle und Johannes Anzengruber Irene Girkinger und Markus Lutz den Befehl erteilen werden, gefälligst miteinander auszukommen. Dass dies eine absolute Scheinlösung ist, liegt auf der Hand, da nicht nur zwischen diesen beiden Personen, sondern auch zwischen den jeweiligen Parteigängern innerhalb der Belegschaft des Landestheaters eine gedeihliche Zusammenarbeit ausgeschlossen ist.

Dennoch werden die Politiker versuchen, per Ukas Frieden zu verordnen, da damit für sie die wenigste Arbeit verbunden ist und sie nicht den Beweis antreten müssen, von dem Job, den sie sich angemaßt haben, auch etwas zu verstehen. Im Falle einer zweifelsfrei notwendigen sofortigen Suspendierung von Irene Girkinger würden sie nämlich vor dem Problem stehen, umgehend eine neue Theaterleitung zu finden, eine Aufgabe, die selbst für in dieser Branche hochkompetente Profis herausfordernd wäre, für Leute jedoch, deren Theaterkenntnisse, wie Palfrader und Willi gezeigt haben, oft nur dazu ausreichen, zwischen Männlein und Weiblein und Österreich und Deutschland zu unterscheiden, zu einem Desaster führen könnte, dessen Folgen in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Kultur steht, die hierzulande unter die Rubrik Freizeit und Hobby fällt.

Es schaut derzeit nicht gut aus für das Tiroler Landestheater.



Wenn Ihnen schoepfblog gefällt, bitten wir Sie, sich wöchentlich den schoepfblog-newsletter zukommen zu lassen, und Freundinnen und Freunde mit dem Hinweis auf einen Artikel Ihres Interesses zu animieren, es ebenso zu tun.


Weitere Möglichkeiten schoepfblog zu unterstützen finden Sie über diesen Link: schoepfblog unterstützen

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Hanne Koch

    Das war auf den Punkt gebracht! Gratulation! Es bleibt zu hoffen, dass sich doch noch eine Kehrtwende zum Besseren vollzieht. Bei schnellem Einschreiten, denke ich, könnte Publikum zurück gewonnen werden. Bei weiteren drei Jahren Experimental-Theater sehe ich schwarz für die Zukunft, auch der Steuerzahler wird sich das nicht gefallen lassen. Viel schlimmer noch: Wir bekommen ein wirklich provinzielles Landestheater bar jeder Aussicht für eine künstlerische, zeitgenössische Ausrichtung! (Anzengruber, Mattle: Mehr Operette, vielleicht auch mehr Schuhplattler?)

  2. Woegerbauer Harald

    Lieber Alois!

    Danke für den ausgezeichneten Beitrag.
    Wir haben beschlossen, das Lehrgeld nicht mehr zu finanzieren.
    Ich sehe das mit den Kulturverantwortlichen ähnlich wie mit den Bürgermeistern als Bauinstanz,……lasst doch endlich die dafür Ausgebildeten und Wissenden arbeiten und die Entscheidungen treffen. Geeignete Menschen für solch anspruchsvolle Leitungstätigkeiten zu finden wird nicht einfach sein, mit der gegebenen Vorlaufzeit sollte es jedoch wie in der Privatwirtschaft möglich sein, ohne sich in die Niederungen der Parteipolitik zu begeben.
    Als Steuerzahler wünsche ich mir, dass Empfehlungen solcher Kommissionen umgesetzt werden, mit dem einhergehenden Vorteil für die Politik, dass sie zumindest in diesem Thema nicht mehr angreifbar ist.
    Nur, wer entscheidet über die Zusammensetzung der Kommission?

  3. Erich Hörtnagl

    Lieber Alois,
    endlich wird das Kind beim Namen genannt und der bereits absehbaren ”Katastrophe” konkret auf die Spur gegangen – ohne einfach nur zu ”motzen”.
    Unter dem Motto ”Quote statt Qualität” schien es den Verantwortlichen von Dir verständlicherweise „Amateure“ genannten leichter und konfliktloser ”Freizeit und Hobby” statt ”Kultur” zu betreiben – und damit deren oft sehr komplexen Aufgaben aus dem Weg zu gehen. Aber diese Haltung hat sich nach anfänglicher ”Tänzelei am Rand des Abgrundes” mit der jetzt eingetroffenen Absage des Publikums deutlich gerächt.

    Im Film – vor allem in größeren Koproduktionen, hinter denen eine internationale Finanzierung, künstlerische Ziele und nicht zuletzt der Ruf/das Image der jeweiligen Produzentenfirmen auf dem Spiel stehen – ist es branchenüblich, sobald internationale Konstellationen und Interessen dahinterstehen, die Dienste eines „Completion Bond“ einzusetzen, einer Fertigstellungsgarantie, die nicht erst als ”Feuerwehr” bei eingetroffenen Katastrophen zu Hilfe gerufen wird, sondern bereits vor Beginn der Produktionsarbeiten auslotet, ob die künstlerischen Ambitionen mit den vorhandenen finanziellen Mitteln zu bewältigen sind – und nicht zuletzt mit den angestrebten Produktionszielen korrespondieren.

    Also eine Kommission, vertreten durch einen Production Executive, einen Kommissar, der über die gesamte Dauer der Produktion den Filmschaffenden zur Seite steht und sich bemüht, den Verlauf der Produktion im Rahmen der künstlerischen, organisatorischen und finanziellen Zielsetzungen zu betreuen. Beim geringsten Risiko von Überschreitung oder mangelhafter Bemühung bezüglich Sollziel trifft er/sie sich wöchentlich mit den Verantwortlichen, um rasch und effektiv die drohenden ”Ungereimtheiten” zu lösen – bevor sie in wirkliche Katastrophen ausarten.

    Eine solche Einrichtung – Kommission/Kommissar/Production Executive – könnte dienlich sein, die zur Zeit herrschende ”Katastrophe am Tiroler Landestheater” aufzufangen – ein Hilfseinsatz, der weit weniger als die jeweiligen bisher gewährten ”Lehrgelder” kosten würde und den Schaden des angeschlagenen Rufes der Tiroler Kultur (nicht zu verwechseln mit ”Freizeit und Hobby”!) am Landestheater eindämmen könnte. Und schließlich dem abgeschreckten Publikum zugute käme, das ja nicht nur mit dem jeweiligen Eintritts-Ticket, sondern auch als Steuerzahler zur Finanzierung dieser Kultureinrichtung beiträgt.

    Erich Hörtnagl
    Filmregisseur und Produzent

Schreibe einen Kommentar