Print Friendly, PDF & Email

Alois Schöpf
Der Bundespräsident fordert
die Wiederherstellung eines Vertrauens,
dessen Zerstörung er unterstützt.
Essay

Irgendwann hab ich vor Jahrzehnten im Staatsbürgerkundeunterricht gelernt, dass der Bundespräsident eine Art Staatsnotar ist, dessen Aufgabe vor allem darin besteht, die Gesetze, die das Parlament beschließt, im Hinblick auf ihr Zustandekommen und ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung zu überprüfen und, wenn alles in Ordnung ist, zu unterschreiben.

Unser derzeitiger Kaiser-Franz-Josef-Darsteller in der Hofburg scheint hingegen seine Aufgabe eher darin zu sehen, das Volk der Österreicher mit eitlen Moralpredigten zu quälen, in deren vorletzter er vor allem die ÖVP aufforderte, der angeblichen Korruption in ihren Reihen ein Ende zu bereiten und das am Boden liegende Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wieder zurück zu gewinnen.

Entweder ist der alte Herr inzwischen altersbedingt von seinem Amt intellektuell überfordert oder er spielt bewusst das spirituelle Oberhaupt einer Medien-, Künstler- und Politikerclique, die jede Regierung rechts der Mitte als gefährliche Bedrohung ihrer seit Jahrzehnten in Zeiten sozialdemokratischer Herrschaft erworbenen höfischen Privilegien empfindet. Staatsnotar ist er jedenfalls schon längst keiner mehr.

Wie auch immer die Motivationslage unseres in Anbetracht mehrheitlich unwählbarer Alternativen gerade wiedergewählten Staatsoberhaupts sein mag, Tatsache ist, dass zumindest beim konservativen bis liberalen, auf jeden Fall jedoch durch egoistische Eigeninteressen geistig nicht beeinträchtigten Teil des österreichischen Bürgertums nicht die angeblich korrupte ÖVP als Ursache des Vertrauensverlustes gilt, sondern die immer gravierendere Aushöhlung des Rechtsstaates und die Selbstermächtigung gewisser Medien unter der Führung des mit Zwangsgebühren finanzierten und somit als geschützte Werkstätte gefahrlos operierenden ORF.

Konkret sei in diesem Zusammenhang und zur geistigen Ertüchtigung der Leser eine alternative Darstellung der Innenpolitik der letzten beiden Jahre dargeboten. Sie widerspricht dem medial aufoktroyierten Narrativ naturgemäß diametral.

Dabei geht es allerdings nicht darum, den zahlreichen Vorverurteilungen von angeblich korrupten ÖVP-Politikern nunmehr einen gleichsam außergerichtlichen Freispruch zur Seite zu stellen, sondern darum, juristische Grauzonen aufzuzeigen, deren zynische Ausweitung zum Zwecke der Publikumsanbiederung das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz in letzter Zeit zu Recht stark sinken ließ.

1. Obgleich für jeden, solange er nicht von einem Gericht rechtskräftig verurteilt ist, die Unschuldsvermutung gilt, wurde der Satz „Es gilt die Unschuldsvermutung“ im Zuge der Berichterstattung über das gesetzeskonforme oder gesetzeswidrige Verhalten von Politikern und Personen des öffentlichen Interesses in den letzten Jahren im besten Fall zu einer ungeliebten Routine, in den meisten Fällen jedoch zum spöttischen Abschluss eines Berichtes, dessen Aufgabe darin besteht, gleichsam augenzwinkernd mit dem tratsch-geilen Bürger zu vereinbaren, es sei von Gaunern die Rede, die man nur deshalb nicht so nennen dürfe, weil sie über ausreichend Geld, Macht und Anwälte verfügen, um gegen die Überbringer der Wahrheit vorzugehen.

2. Gesetze sind die verschriftlichte Moral, nach der alle, die der österreichischen Rechtsordnung unterworfen sind, Anspruch auf ein faires Verfahren und objektive Berichterstattung haben.

Inzwischen hat sich eingebürgert, solchen Verfahren vorgelagert und neben solchen Verfahren auf Verhaltens- und Redeweisen zu bestehen und danach über Menschen Urteile zu fällen, als hätten sie Gesetze übertreten, die allerdings nicht existieren, sondern lediglich Symptome moralistischer Hyperventilation sind.

3. Eine faire Berichterstattung entschuldigt nicht die radikale Missachtung des Menschenrechts auf ein unbeobachtetes Leben, auch wenn dem Beobachteten aufgrund seiner Eigenschaft, eine Person von öffentlichem Interesse zu sein, der Schutz des Privatlebens nur in einem begrenzten Maße zusteht.

Heute ist eine solche Grenze kaum noch existent und ermöglicht es nicht nur der Justiz, Untersuchungen abseits eines konkreten Verdachts in der Hoffnung auf Zufallsfunde durchzuführen, es kann auch das Privatleben samt aller Peinlichkeiten unter dem Vorwand, es handele sich um eine Person öffentlichen Interesses, risikolos vor einem voyeuristischen Publikum ausgebreitet und abgeurteilt werden.

4. Bereits staatsanwaltliche Voruntersuchungen sind heute dazu geeignet, die Existenz von Personen grundlegend zu ruinieren, ganz abgesehen von Anklagen, die auch dann, wenn sie mit einem Freispruch enden, die Karriere von Politikern oder Künstlern beenden können.

Es wäre daher hoch an der Zeit, die Arbeit der Staatsanwälte und der Justiz unter ein gewisses institutionelles, aber auch privates Risiko zu stellen, insofern als bei nachweislich flagranter und unprofessioneller Vorgangsweise gegen eine Person Schadenersatz geleistet werden muss.

Fortsetzung folgt!

Wenn Ihnen schoepfblog gefällt, bitten wir Sie, sich wöchentlich den schoepfblog-newsletter zukommen zu lassen, und Freundinnen und Freunde mit dem Hinweis auf einen Artikel Ihres Interesses zu animieren, es ebenso zu tun.


Weitere Möglichkeiten schoepfblog zu unterstützen finden Sie über diesen Link: schoepfblog unterstützen

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Otto Riedling

    Auch Rudolf Kirschschläger mahnte immer wieder, – und dies zu SPÖ-Zeiten – dass Sümpfe und saure Wiesen trocken gelegt werden müssen.

  2. Klaus Jenewein

    So sind sie halt, die Prinzen.
    Uneinsichtig, unbelehrbar und beratungsresistent.
    In den meisten Fällen wäre dies ein Kündigungsgrund.
    Die Behörde hat keine Fehler gemacht!
    Die ÖVP schon gar nicht.
    Kein Wort der Entschuldigung, kein “wir haben verstanden“.
    Kein “wir müssen etwas ändern“.
    Alles nur Schwurbelei, alles nur anpatzen.
    Hanger in Bestform.

    Weiter so!
    Und alles wird gut.
    Ich liebe meinen Kanzler!

  3. Hannes Hofinger

    Lieber Alois,
    deine Aversion gegen alles, was nicht zumindest halbrechts ist, wird schön langsam pathologisch. Der Zusammenhang zwischen deinen seltsamen Anwürfen und dem Bundespräsidenten erschließt sich mir auch nach 10maligem Lesen nicht.

  4. Andreas Niedermann

    Echt jetzt? Es ist der Bundespräsident, der den Unterschied zwischen Legal und Legitim nicht kennt?

Schreibe einen Kommentar