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Alois Schöpf
Alles für Qualität,
nichts für den Ramsch!
Weshalb die ORF-Haushaltsabgabe
in ihrer jetzigen Form
sofort wieder abgeschafft gehört.
Essay

Die beste Werbung für eine politische Fehlentscheidung ist dann gegeben, wenn Herbert Kickl und die FPÖ dagegen sind. Da verfällt die linksliberale Bobo-Elite in geistige Schockstarre und verbündet sich unreflektiert mit den Wegelagerern, welche zu ihrer Attacke auf die Geldtaschen der Bürger nicht eine besondere Leistung oder den Erfolg am Markt ins Treffen führen können, sondern den per Gesetz abgesicherten Status als geschützte Werkstätte.

So sind Österreichs Bürger, ob sie nun einen Fernsehkasten haben oder nicht bzw. die Programme des ORF konsumieren oder nicht, ab 1. Jänner dieses Jahres verpflichtet, pro Hauptwohnsitz und Monat eine Gebühr von 15,30 Euro zu bezahlen, in jenen Bundesländern, die zu kulturlos sind, um die freie Kunstszene aus dem Budget zu bedienen, zuzüglich einer Landesabgabe, die sich etwa in Tirol auf 3,10 beläuft.

Und dies alles mit der Begründung, dass es im Chaos der Medienlandschaft und in den Abgründen der sozialen Medien gleichsam zur Stabilisierung von Demokratie und Gesellschaft eines staatlichen Rundfunks bedarf, der, wie es das Gesetz in schönen Worten vorsieht, ausgewogene, seriöse Information und einwandfreie Unterhaltung anbietet.

Es ist hier nicht der Platz, im Detail den Nachweis zu führen, dass dieses Ziel, auch wenn es noch so tolerant ausgelegt wird, im Meer der Musikjauche und des Krimischrotts, der innenpolitischen Infotainment-Machtspielchen und Provinz-Inquisitionen, im Sportreportergebrüll und in den an Dummheit nicht mehr überbietbaren Skifahrer- bzw. Künstler-Interviews tagtäglich verfehlt wird. Das weiß jeder, der auch nur über ein Minimum an Kritikfähigkeit verfügt.

Wie er auch weiß, dass es sehr wohl auch im ORF ausgezeichneten Journalismus, ausgezeichnete Unterhaltung und beeindruckende künstlerische Leistungen gibt. Nur dass all dies eher etwas mit den jeweiligen Kreativen und ihren Fähigkeiten zu tun hat, aber schon gar nichts mit dem nebulosen Begriff eines staatlichen Rundfunks, mit dem man berechtigterweise eher die unappetitliche Anhäufung von ehemaligen Parteisekretären und zeitgeistkompatiblen Hofschranzen verbindet.

Und es kann schon sein, dass die privaten Sender des Landes aufgrund ihrer kargen Mittel, die sich nicht wie beim ORF auf eine Milliarde Euro belaufen, wesentlich mehr kommerziellen Ramsch senden müssen. Aber auch sie senden Qualitätsvolles, ja oftmals trotz karger Voraussetzungen Innovatives und punkten etwa bei Diskussionssendungen, die beim ORF meist aus marketinggesteuertem Funktionärsgeschwafel bestehen, wohingegen Private auf die Gefahr hin, Scharlatanen mit ihren Verschwörungstheorien zu viel Platz einzuräumen, mehr Kontroverses riskieren. 

Ja, es ist sogar so, dass man, wenn man die Budgetmittel der Privaten mit ihren besten Produkten und jene des ORF mit dessen Möglichkeiten vergleicht, zum Schluss kommen könnte, dass sie dem staatlichen Rundfunk in nichts nachstehen. Man vergleiche nur die oftmals sehr geschmackvollen Heimatsendungen von Servus TV mit einschlägigen peinlichen Produktionen des ORF von Hansi Hinterseer bis Franzl Posch.

Auf jeden Fall gilt: Nicht der staatliche Rundfunk garantiert qua staatliches Medium für Niveau, sondern nur einzelne Sendungen tun dies, wobei die Kreativen in der geschützten Werkstätte des De-facto-Monopols ORF bis dato mehr Budgetmittel vorfinden und daher keine andere Wahl haben, als sich mit den verantwortlichen Medienbeamten und ihrem öden Tatort-Denken anzufreunden. 

Erst wenn solche ausreichenden Budgetmittel für wertvolle Sendungen allen Anbietern in gleicher Weise zur Verfügung stünden, wäre eine Pluralität gegeben, welche die Gesellschaft tatsächlich vor dem Absturz in die mediale Verblödung bewahren und den weiterhin existierenden staatlichen Rundfunk in jeder Weise unter Konkurrenzdruck setzen würde.

Die Behauptung nun, man könne feststellen, worin eine wertvolle und eine weniger wertvolle Sendung besteht und welche Sendeformate es sind, die dem Gemeinwohl und dem demokratischen Selbstverständnis einer Gesellschaft dienlich sind, wird zweifelsfrei vonseiten jener, die sich in Zukunft danach richten müssten, auf heftigen Widerspruch stoßen, da sie die Freiheit der journalistischen und künstlerischen Arbeit dadurch eingeschränkt sehen.

Dagegen sind zwei Argumente vorzubringen: Zum einen die Tatsache, dass all jene, welche durch qualitative Vorschriften ihre redaktionelle Freiheit bedroht sehen, weiterhin ungestört staatlich alimentierten Ramsch zu produzieren, diese Behauptung nur tätigen können, weil sie die Qualität ihrer eigenen Arbeit sehr wohl einordnen können und daher wissen, welche Einschränkungen sie zu erwarten haben. Ihr Widerspruch beweist also genau das, was sie bestreiten.

Ebenso stellt sich die Frage, ob die Beurteilung dessen, was wichtig bzw. unwichtig, niveauvoll bzw. niveaulos, für eine Gesellschaft nützlich bzw. schädlich ist, das alleinige Privileg der jeweils für eine Sendung Verantwortlichen sein soll oder auch jene, welche ein Medium durch ihre Gebühren mitfinanzieren, abseits unglaubwürdiger, weil parteipolitisch korrumpierter sogenannter Publikumsräte ein Mitspracherecht einfordern können.

Letzteres ist eindeutig zu bejahen. Wobei es zu überlegen gilt, ob es nicht klug wäre, die Erstellung solcher Qualitätskriterien einem nach Losverfahren (aleatorisch) ausgewählten Bürgerparlament anzuvertrauen, um auf diese Art und Weise genau jenen Status zu verhindern, der heute die österreichische Medienlandschaft dominiert: dass besserwisserische, durch Gutmenschentum ihre Privilegien und Gehälter vertuschende, durch Nahebeziehungen zu Parteien in die Elite hochgeschwemmte sogenannte Stars mit moralistischer Verlogenheit aus ihrer Blase heraus das Wahlvolk vor sich her treiben.

Das Ergebnis der Beurteilung, durch welches Gremium auch immer, kann auf jeden Fall nur sein, dass sowohl staatliche als auch private Medien  vollkommen gleichberechtigt für die Produktion sogenannter wertvoller und für das Gemeinwohl nützlicher Sendungen aus einer veränderten Haushaltsabgabe finanziert werden und aufbauend auf bereits gewährten Zuwendungen auch neue Projektentwicklungen vorfinanziert bekommen.

Auf den Punkt gebracht: Ihren Ramsch sollen sich in Zukunft sowohl staatliche als auch private Medien über die Werbung selbst finanzieren. Für das Gute, Wahre und Schöne sollten sie hingegen nicht betteln gehen müssen, sondern ein Recht auf eine ausreichende, von Werbung unabhängige Finanzierung und von Werbeunterbrechungen befreite Produktionen haben. Wie auch der Staatsbürger ein Recht darauf hat, im Bereich der Medien nicht einem wild gewordenen Anbiederungskapitalismus und dem Kampf um das niedrigst mögliche Niveau ausgeliefert zu sein, sondern sich durch seine Gebühren, zuweilen gegen seine eigenen Interessen, den Realien seiner Existenz vor dem Hintergrund hoher aufklärerischer und ästhetischer Anforderungen zu stellen.

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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