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Literarische Korrespondenz:
Ronald Weinberger an Alois Schöpf
Betrifft:
Genderei!

Lieber Herr Schöpf!

Zuerst zum ernsthafteren, kurzen Teil meines Kommentars: Sie treffen mit ihrem Beitrag „Es geschieht uns recht! Die Autoren sind am Theater abgeschafft!“
wieder einmal den Nagel auf den Kopf.

Nun aber zu meinem Lamento: Sie – und alle diejenigen, die es wagen, von „Autorinnen und Autoren“ zu reden und/oder zu schreiben (so heute mitten in Ihrem Beitrag) — negieren womöglich in sträflicher Weise die galoppierenden Fortschritte gewisser, sich zunehmend lautstark gebender Kreise, welche die Benennung der verschiedenen biologischen Geschlechter einfordern, die der Menschheit innewohnen sollen oder dies tatsächlich tun.

„Nichtbinäre“ wäre ja das Mindeste, was der Anstand gebietet, nicht wahr? Also könnte (oder sollte?) die Rede zumindest von „Autorinnen, Autoren und Nichtbinären“ sein, besser aber, man nennt gleich alle möglichen Varianten, weil sich „Nichtbinäre“ als zu diffus und damit als zu diskriminierend beschrieben fühlen könnten.

Es gibt indes vielleicht einen Ausweg. Der eröffnet sich bei einem Blick auf die „homines sapientes“, die sich zwecks Wissensaneignung an den Universitäten & Co. aufhalten (zumindest sich in Kürze wieder, in persona, aufhalten sollten): Früher war ja allgemein von „Studenten“ die Rede – und alle, wahrlich alle, waren gemeint, egal wie ausgeprägt die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale auch ausfielen.

Dann waren (teils bis heute) die Ausdrücke „Studentinnen und Studenten“ en vogue. ABER: Das sind ja nur zwei biologische Geschlechter! Zu Hülf, Skandal! Kam Zeit, kam (dümmlicher) Rat: Aus den Obgenannten wurden nämlich „Studierende“.

Dass dies die unmittelbare Tätigkeit eines Studenten voraussetzt, der eben jetzt gerade studiert, indem er/sie z. B. liest, zu Studienzwecken mit irgendetwas hantiert o. Ä., spielte für die unsere Sprache und Schrift verhunzenden Damen, Herren und Nichtbinären offensichtlich keine Rolle. Die Bezeichnung hat sich durchgesetzt. Wir, die wir nicht näher in gesellschaftspolitische Glaubensfragendiskurse einzutauchen geruhen, merken uns also: „Studierende“!

Womit ich endlich zum springenden Punkt, besser gesagt, Doppelpunkt komme: „Autorinnen und Autoren“. Welche Frivolität! Ich schlage vor, da dies uns ohnehin bald aufgezwungen werden könnte, voranzuschreiten und hinkünftig zu sagen und zu schreiben: „Autorende“ (für die, die grad was schreiben, so wie ich just now).

Fazit: Juhuu, Lösung gefunden! Und SIE: Sie gehören, jetzt gerade, zu den „Lesenden“. Aber hoffentlich nicht zu den „Sich-gerade-Ärgernden“…
Ihr ob der Genderei „Zürnender“

Ronald Weinberger

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Ronald Weinberger

Ronald Weinberger, Astronom und Schriftsteller, 1948 im oberösterreichischen Bad Schallerbach geboren, war von 1973 bis 1976 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Von 1977 bis zum Pensionsantritt im Dezember 2011 war Weinberger an der Universität Innsbruck am Institut für Astronomie (heute Institut für Astro- und Teilchenphysik) als Fachastronom tätig. Als Schriftsteller verfasst Weinberger humorvolle Kurzgedichte und Aphorismen, aber auch mehrere Sachbücher hat er in seinem literarischen Gepäck: Seine beiden letzten Bücher erschienen 2022 im Verlag Hannes Hofinger, im Februar das mit schrägem Humor punktende Werk "Irrlichternde Gedichte" und im September das Sachbuch „Die Astronomie und der liebe Gott“ mit dem ironischen, aber womöglich zutreffenden, Untertitel „Sündige Gedanken eines vormaligen Naturwissenschaftlers“.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Brigitte Kreisl-Walch

    Und all das, damit es nicht so auffällt, dass Frauen finanziell immer noch nicht gleichgestellt sind.

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