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Helmuth Schönauer
Bio und Bia
Stichpunkt

Um gleich mit der Sensation in die Glosse zu fallen: Bio und Bia sind Tiroler und Tirolerin des Jahres!

Dieser Tage wurde der wohl sinnloseste Titel des Jahres an einen Biologen und eine Biathletin vergeben.

Trara! Großes Foto mit allen, die sich in Wirklichkeit für noch größere Tiroler halten als die Preisträger, und feierliches Geschaue für nichts und wieder nichts.

Bis auf die paar, die aufs Foto dürfen, frisst indes die gesamte Bevölkerung der Neid, dass sie nicht auch einen sinnlosen Titel kriegt. Schon gründen sich diverse Preisgremien, die unter anderem Pensionist des Jahres, Fahrgast der Saison, Kind des Spielplatzes oder humanster Hundehalter ausrufen wollen.

Andere versammeln sich zu Jurys, die gut gegenderte Pärchen küren werden, egal ob es sich um LehrerInnen, VerkäuferInnen oder PolizistInnen des Jahres handelt.

Und die dritte Fraktion hat sich soeben abgespalten und forciert Preisträger, die das Wort Tirol in der Urkunde haben. Tiroler Schilift des Jahres, Tiroler Haltestelle des Jahres, Tiroler Zebrastreifen des Jahres.

Bei allen dreien gibt es glückliche Fotogesichter und puren Neid, nicht aufs Foto zu dürfen.

Noch ein Wort zu Bio und Bia: Die Auswahl eines Biologen, der in einer Pharmafirma Medikamente zur Lebensrettung entwickelt, und einer Biathletin, die im Dienste des Bundesheeres schießend durch die Wälder flitzt, ist in der Kombination erhellend.

Für eine Auszeichnung ist es also egal, ob du Leben rettest oder im Wald schießt, Hauptsache, es bewegt sich was.

Preise haben es so an sich, dass sie ein langes Gedächtnis haben. So edel kannst du als Einzelperson gar nicht sein, dass du mit der Veredelung durch einen Preis nicht in eine Kette mit anderen gerückt wirst, mit denen du dich bei Tageslicht nicht treffen würdest.

Die Verschwörungstheoretiker sehen schon wieder eine Bestätigung: Was immer in Tirol passiert, es muss ein Schi dabei sein, weil wir ja in einer Schiherrschaft leben.

Der Immunologe, Forscher und Mitbegründer des Unternehmens BioNtech, Christoph Huber, und die Biathletin Lisa Hauser sind für ihre Verdienste am Donnerstag in Wien mit den Titeln „Tiroler und Tirolerin des Jahres“ ausgezeichnet worden. (Quelle: red, tirol.ORF.at)

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Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer (* 23. September 1953 in Innsbruck) ist Schriftsteller und Bibliothekar an der Universität Innsbruck. In seinen Romanen beschreibt er das Alltagsgeschehen skurriler Randfiguren auf dem Weg nach oben. Als beinahe lückenloser Rezensent der Tiroler Gegenwartsliteratur ist er Vertreter der "low lectured edition". Im sechsbändigen Tagebuch eines Bibliothekars sind knapp 5000 Rezensionen aus den Jahren 1982–2018 zu einem durchgehenden Fließtext zusammengefasst, der chronologisch nach Erscheinungsweise der rezensierten Bücher geordnet ist. Dadurch ergibt sich eine zeitgenössische Geschichtsschreibung anhand von Lektüre. Schönauer ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung.

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