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Walter Plasil
Anweisung für meine Nachkommen

Nachdem mir der Ablauf der Begräbnisfeierlichkeiten von Queen Elisabeth II zur Kenntnis gekommen ist, ordne ich jenen, welcher dereinst nach meinem Tod von statten gehen wird, neu. Ich widerrufe hiermit meine bisherigen Anordnungen für den Ablauf meines Abtritts.

Für den Fall, dass ich anlässlich einer meiner üblichen Winterurlaube versterbe, an denen ich mich für die Dauer mehrerer Wochen in Spanien aufhalte, möge man mich zunächst am Sterbeort aufbahren.

Da ich religionsfrei bin, kommt dafür natürlich keine Kirche infrage. Aber ich kenne einen geeigneten Platz. In meinem Urlaubsort Torrox gibt es einen Fußballplatz. Und der Verein hat ein entzückendes kleines Gebäude, das unglaublich schön liegt und den besten Meerblick der Umgebung bietet. Das wäre mein Wunschort!

Dort soll mein Sarg für die Dauer einer Woche aufgebahrt werden. Davon, dass zu dem Anlass den ganzen Tag lang spanische Trauermusik gespielt wird, gehe ich aus. Diese Gitarren, sie sind einfach herrlich. Und erst die Flamencotänzerinnen!

Alle Menschen um den Sarg herum sollen in bunte Trachten gekleidet sein, gemessenen Schritts voranschreiten und sich wechselweise laut Befehle zurufen (außer die Tänzerinnen!).

An diesem nahezu göttlichen Ort können dann die örtliche Bevölkerung, Mitbewohner der Appartements des Hotels und das Personal des naheliegenden Restaurante Pepe von mir Abschied nehmen. Das Umkleiden der Fußballspieler kann während dieser Zeit ja auch woanders erfolgen.

Danach soll man mit meinem Sarg im Schlepptau durch die umliegenden Städte und Orte fahren (Malaga, Ronda, Granada…). Ganz Andalusien soll noch einmal sehen, dass ich gestorben bin. Auch die, die das bisher noch nicht glauben wollten. (Was ich verstehe, denn die Zeitungen schwindeln oft, unterdrücken Meldungen oder erfinden zur Not auch welche.)

Danach – ich weiß, ein Umweltfrevel, aber diese lästigen Entfernungen! – soll es per Flugzeug nach Innsbruck gehen. Dort reicht zunächst eine einfache Zeremonie mit Musik am neuen Aufbahrungsort. Das kann, wo auch immer, vielleicht in einer mittelgroßen Tennishalle, aber nur nicht in einer Kirche stattfinden.

Und bitte keine paramilitärische Inszenierung! Die Schützen müssen draußen bleiben! Niemand darf schießen, auch nicht in die Luft! Wenn’s kalt wäre, dürfen die Musiker aber Fellmützen aufsetzen.

Nach zwei Tagen hat noch eine Abschiedstour mit dem Sarg im beleuchteten, gläsernen Leichenwagen zu erfolgen. Ein, zwei Mal die Reichenauerstraße auf und ab. Das gibt der Bevölkerung Gewissheit. Die ortsansässigen Menschen begreifen dann, dass es ein Abschied für immer ist.

Trauerkundgebungen müssen nicht unterdrückt werden und Handy-Fotos sind ausdrücklich erlaubt. Im Lokalfernsehen bei Tirol Heute müssen während der Abschiedszeremonie andere Sendungen ausnahmsweise weichen. Das sollte im Sinne der Übertragung einer würdigen Bestattungszeremonie wohl möglich sein.

Ab dann gilt jedoch wieder, was ich bereits verfügt habe: Ich wünsche ein einfaches Begräbnis mit Feuerbestattung.

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Walter Plasil

Walter Plasil, Jahrgang 1946, geboren in München, aufgewachsen in Wien, seit 1971 in Innsbruck. Führte viele Jahre das INGENIEURBÜRO WALTER PLASIL für Technische Gebäudeausrüstung und Energieplanung und war als Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger tätig. Walter Plasil: „Ich war immer ein Vielschreiber und habe nun, nachdem meine bisherige Tätigkeit dem Ende zugeht, Zeit und Lust dazu, auch zu veröffentlichen. Mein neuer Beruf daher: „Literat.“

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