Urs Heinz Aerni
Brief aus der Schweiz
Wie Bundesbetriebe unser Leben bereichern.

Bahnhof Zürich Altstetten

Der Zug nach Lenzburg fuhr mit einer Minute Verspätung in den Bahnhof Zürich Altstetten. Es ist Feierabend, die zweite Klasse füllte sich schnell mit Menschen, die nach Hause wollten. Die erste Klasse war so gut wie leer. 

Als langjähriger GA(Generalabonnement)-Besitzer und relativ noch junger SBB-App-Nutzer entschied ich mich für einen Klassenwechsel und stieg ein. Sofort zückte ich das Handy, öffnete die App und bezahlte für die Strecke den geforderten zusätzlichen Betrag von CHF 7.10. Dann griff ich zur Zeitung. 

Dem Kondukteur zeigte ich das Handy mit der QR-Code-Bestätigung. Dann meinte er, dass ich das nicht dürfe. Sobald ich mich im Zug befände, müsse ich den Klassenwechsel beim Fahrpersonal kaufen. Und dann betrüge der Mindestpreis CHF 10.00. 

Er zeigte mir mit seinem Handy die Geschäftsbedingungen, die irgendwo auf der App besagen, dass Klassenwechsel mit der App im Zug nicht erlaubt sei. Er war nett und erklärte mir das dergestalt ausführlich, dass ich die gesuchte Ruhe bis Lenzburg nicht fand.

Liebe SBB, ich zahlte schon tausende Franken für das GA und fühlte mich als Kunde in diesem Moment wie der letzte Depp.


Postfiliale Zürich Albisrieden

Seit rund 25 Jahren nutze ich die Poststelle in Zürich Albisrieden, und in all diesen Jahren funktionierten beim Eingang die mechanisch und von Hand zu öffnenden Türen einwandfrei. Es entstanden sogar oft kurze Gespräche mit den Kunden, die einem die Tür aufhielten. 

Seit einigen Tagen wurden sie ersetzt durch automatische Schiebetüren mit Bewegungsmelder. Die Kundschaft wundert sich, den Stromlieferanten freut es. 

Kaum waren sie installiert, stand ein Fachmann mit Leiter, Werkzeug und Bohrmaschine an der Innenseite der neuen technischen Errungenschaft um eine Panne zu beheben. 

Er meinte, dass so wenigstens die Arbeit nicht ausginge.

Liebe Post, jetzt weiss ich warum die Portogebühren erhöht werden müssen, damit solch geniale Investitionen und die Löhne von Managern finanziert werden müssen, denen das in den Sinn kam.

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Urs Heinz Aerni

Urs Heinz Aerni (geb. 1962 in Baden / Aargau) schreibt als freier Journalist u. a. für Medien wie Buchreport, Berglink.de, Bündner Woche u. a., ist Literaturagent, Kulturvermittler und Vogelbeobachter. Zudem wirkt er bei den Literaturtagen Zofingen (Schweiz), sowie beim Literaturfestival Sprachsalz in Hall in Tirol mit und ist Kulturverantwortlicher des Hotels Schweizerhof in Lenzerheide. Aerni ist Vorstandsmitglied des Literarischen Clubs Zürich und des Bodoni-Clubs Frauenfeld. Bibliografie (Auswahl): "Liebe 160», 2003, Nagel & Kimche (Hrsg.); «Wunschkolumen» 2007, Einfach Lesen Bern, mit Rolf Lyssy; «Bivio – Leipzig», 2010, Knapp Olten; «Zürich Quiz», 2013, Grupello Düsselsdorf; «Der Fluss, unbekümmert», 2014 (Mit-Hrsg.) Modo Freiburg; «Zimmerservice», 2015, (Hrsg.) Knapp Olten; «Graubünden Quiz» 2020, Grupello Düsseldorf. Weitere Informationen und Kontakt: www.ursheinzaerni.com

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