Ein völlig falsches Bild!

Es sind nicht wenige meiner Bekannten, die sich von den Hassorgien, die sich derzeit im Parlament abspielen und die vor allem vom ORF mit sadistischem Genuss in die Wohnzimmer geliefert werden, mit Grausen abwenden. Ich kann es ihnen nachfühlen und leide wie sie unter dem Aufmarsch einschichtiger Herrn, keifender Damen und der Beschädigung unserer bislang so erfolgreichen Konsensdemokratie.

Das Entscheidende ist jedoch, dass mit all diesen Wadelbeißereien die Realität extrem verzerrt wiedergegeben wird. Als Beirat der „Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende“ hatte ich in den letzten Wochen Gelegenheit, mit einigen Parlamentariern und Spitzenpolitikern aller Parteien persönlich zusammenzutreffen, um über gesetzliche Regularien im Hinblick auf eine liberale Legalisierung von Sterbehilfe zu sprechen.

Das Beeindruckende an diesen Zusammentreffen war, dass sich sämtliche Damen und Herren bei den Gesprächen als informiert, gebildet, intelligent, weltoffen und zuwendungsstark erwiesen. Die Diskussionen bewegten sich auf hohem Niveau, und man konnte als Bürger, auch bei gegensätzlichen Standpunkten, stolz darauf sein, von solchen Persönlichkeiten im Parlament und in der Politik vertreten zu werden.

Ist es nicht deprimierend, wenn dieser wahrscheinlich viel repräsentativere Teil des Verhaltens unserer Politiker so oft dem Rauschgift böser Dauererregung weichen muss?

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Ricci Bock

    Viele mediale Vorwürfe gegen Politiker verfangen auch deswegen, weil die meisten den Unterschied zwischen Strafrecht, Zivilrecht, Verwaltungsrecht, Verfassungsrecht nicht kennen, auch die meisten Journalisten nicht, z.B. der angebliche ORF Bildungs- und Kultursender Ö1.

    In der 1-stündigen Sendung „Im Gespräch“ hätte die Moderatorin Renata Schmittkunz neulich als Beitrag zur rechtsstaatlichen Alphabetisierung des Landes den ehemaligen Verfassungsgerichtspräsidenten Ludwig Adamovich alles zum Thema Recht und Demokratie fragen können.

    Fehlanzeige. Zu seinen lustigen Krawatten oder zum Sinn des Lebens musste er geduldig Auskunft geben – der alte Herr hat hörbar geglaubt, er hört nicht recht…

  2. Anton Herovitsch

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Wieder ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen für Ihre Einschätzung unserer gewählten Volksvertreter*innen zu danken. Sie sind wirklich anders als dies im öffentlich rechtlichen Rundfunk dargestellt wird. Es schreckt mich manchmal tatsächlich, Radio und besonders TV aufzudrehen, da wieder und wieder nur negative Schlagzeilen ins Haus geliefert werden.
    Besonders nervenaufreibend sind für mich die nicht enden wollenden Befragungen in der ZiB-Nachtausgabe des ORF. Ich habe sehr oft den Eindruck, der/die Interviewer/in wollen die Befragten so lange mit ihren Fragen „löchern“, bis sie etwas Negatives herauskitzeln können, um es dann wieder genüsslich zu verbreiten. Vielleicht gibt es aber in unserer Gesellschaft so viele Negativisten. Anders kann ich mir die ORF-Taktik nicht erklären.

  3. Gottfried Jaud

    Sehr geehrter Herr Alois Schöpf!
    Es ist wohltuend eine normale Meinung von einem erfahrenen Journalisten zu lesen. Nur wenige Journalisten wagen es, sich gegen die vom ORF verbreiteten Informationen zu stellen. Die Befragungen, mit sorgfältig vorformulierten Fragen, in den Nachrichten des ORF sind oft unerträglich geworden. Ein Großteil der Befragungen im Ausschuss dient einer schmutzigen Wahlwerbung der Oppositionsparteien. Damit soll offenbar die Meinung geschürt werden, unsere Regierung besteht nur aus verbrecherischen und korrupten Mitgliedern. Da müssen Aktenberge wegen einiger Sätze an den IbizaausJawoll Jawoll youschuss, der mit Ibiza nichts mehr zu tun hat, geliefert werden, die wegen der Menge sicher niemand studieren kann. Andererseits wird ein echtes Verbrechen mit einer Schadenssumme von über 800.000.000,– (achthundert Millionen Euro) der Burgenländerbank kaum untersucht. Die Schuld wird einfach auf die Prüfinstitution geschoben. Es wäre schon interessant, wer von dem Geld eine Spende erhalten hat. Das war sicher nicht nur der Fußballverein. Auch Studierte fallen auf diese Art der Medienberichterstattung herein, wie der Leserbrief in der TT vom Sonntag des Herrn Univ. Prof. Dr. Josef Christian Aigner beweist. Sollte ein Univ. Pof. die politische Arbeit der Regierung durch die parteipolitische Brille beurteilen?
    Nicht jedes Wort einer Regierung müsste aus Gründen der Profilierungsneurose auf die Goldwaage gelegt werden, und schon gar nicht eine Untersuchung der „objektiven“ Staatsanwaltschaften begründen.
    Oppositionsarbeit ist wichtig, aber sie muss immer das Wohl unseres Landes vor die Parteiinteressen stellen.
    Gottfried Jaud
    Präs. des Bundesrates a.D.

  4. Franz Preck

    Der diskrete Charme der Opposition: die Sondersitzung des Nationalrates zum U-Ausschuss am Beginn der letzten Woche, sowie die gesamten Begleitumstände im Vorfeld, waren vermutlich nicht nur für mich eine Offenbarung.
    Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos bliesen zum Halali auf Kanzler Kurz und seine Regierungsmannschaft. Bestens abgestimmt und orchestriert attackierten sie abwechselnd, unterstützt von einigen Medien. Ziel dieser Aktionen waren und sind Kanzler Kurz, wenn schon nicht über Wahlen, dann auf anderen Wegen zu vertreiben.
    Postenschacher, Falschaussage, fehlende Moral, nicht ausreichende Wertschätzung des Parlaments und Überschreitung roter Linien wurden Kanzler Kurz vorgeworfen.
    Gar nie könnte man sich, auch in jüngsten Vergangenheit, daran erinnern, dass besonders die SPÖ und die FPÖ Posten an ihre Parteigänger vergeben hätten.
    Nicht bei der ÖBB, Post, im Gesundheitswesen oder bei der Gemeinde Wien, nicht im Verkehrsministerium, Innenministerium, Bundesheer oder bei Novamatic usw.
    Auch muss man sich nicht unbedingt an die diversen, zum Teil noch laufenden Verfahren bei der Staatsanwaltschaft gegen aktuelle oder ehemalige Mandatare der Opposition erinnern
    Nein, nein, die Oppositionsparteien sind natürlich alle super-super sauber, daher ist ja die Aufregung so groß.
    Die Vorwürfe gegen Kanzler Kurz und seine Mannschaft müssen geklärt werden.
    Für den strafrechtlich relevanten Bereich sind Gerichte zuständig.Für den politischen Bereich sind nicht ,wie häufig publiziert die Oppositionsparteien zuständig, sondern ausschließlich die Wähler, denn diese treffen die Entscheidung.
    Diverse rote, oder sonstige Linien sind völlig bedeutungslos.
    Der nachdrücklichste Eindruck dieser Sondersitzung war, mit welchem Hass, mit welcher Agression, mit welcher Wut die Oppositionsführer und ihre Mandatare vorgingen.
    Diese hass- und wuterfüllten, diese aggressiven Menschen möchte ich nicht in meinem normalen Leben sehen und ganz sicher nicht in der Politik.
    Solche Menschen möchte ich nicht mit Macht ausstatten.
    Denn wie sollen Politiker mit solchen Emotionen für das Land positive, vorwärtsgerichtete und wohlüberlegte Entscheidungen treffen?
    Diese Oppositionspolitiker haben sich selbst disqualifiziert.
    Die ursprünglich geplanten Neuwahlen seitens der Opposition sind jetzt ganz plötzlich kein Thema mehr. Umfragegetrieben will diese niemand mehr.
    Und man hofft, dass Kanzler Kurz so quasi von selbst das Feld räumt, oder die Grünen die Koalition aufkündigen.
    So kann man wenigstens in Sandkastenspielen die Phantasie mit verschiedenen Koalitionsmodellen zufrieden stellen.
    Aber das Hauptproblem der Oppositionsparteien bleibt: Sie haben keine überzeugenden und glaubwürdigen Kanzlerkandidaten. Das zur Verfügung stehende Personal hat sich am vergangenen Montag im Parlament selbst aus dem Spiel genommen.

  5. Peter Fuchs

    Hallo Herr Schöpf,
    habe ihren Beitrag gelesen und es trifft – in ihrer gewohnten Art und Weise – wieder mal den Punkt, welcher auch meiner Meinung nach, für mich erkennbar ist und so wahrgenommen wird.
    Der niveaulose und fast schon kannibalische Umgang im politischen Umfeld ist zum ‚fremdschämen‘ und die von Ihnen erwähnte Präsentation in Ultra-HD per ORF, gleicht schon fast den Doku-Soaps im deutschen Fernsehen.
    Gepaart wird dieser niveaulose Rundumschlag noch mit der laufenden Grundsatzfrage der regionalen Presse, wie lange noch die Koalition das aushalten wird; das ist auch so ein journalistischer Dauerbrenner.
    Abgesehen von den sich nur populistisch präsentierenden Politikern sind die konstruktiv Arbeitenden derzeit in dieser Pandemie nicht zu beneiden, da vieles ‚ad hoc‘ entschieden werden muss, einiges sich im nachhinein als falsch oder nicht so optimal darstellt, und medial sowieso immer alles an den Pranger gestellt wird.
    Ich würde mir wünschen, dass täglich bei den Medien als Schlagzeile in nicht übersehbarer, plakativer Darstellung das bisher geleistete positiv erwähnt und mit dem Schlagwort ‚Wir schaffen das!‘ dargestellt wird; das wäre Balsam für meine Seele.

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