Mäntelchen Wissenschaft
Ist die Maskenpflicht nützlich oder überzogen? Soll man die Quarantänezeit verkürzen oder nicht? Soll man auf Herdenimmunität bauen oder nicht? Soll man der Vernunft der Bürger vertrauen wie in Schweden oder mit einem Lockdown durchgreifen? Soll man die Schulen offen halten oder nicht? Sterben die Leute an Covid-19 oder aufgrund des überlasteten Gesundheitssystems an etwas anderem?
Wir wissen noch wenig über die neue Pandemie, streiten aber umso heftiger. Wobei bei allen Diskussionen ein Wort die höchste Verehrung genießt. Es lautet: „Wissenschaft“! Ist es verwunderlich? Verdanken wir doch ihr, konkret den Naturwissenschaften, ein längeres Leben, mehr Gesundheit und die mögliche Heilung von bisher unheilbaren Krankheiten.
Eine Erkenntnis im naturwissenschaftlichen Sinn erfolgt allerdings aus einem klar beschriebenen, überprüfbaren und wiederholbaren Experiment, dessen Ergebnisse, auf den Menschen angewandt, einem Doppelblindversuch zu unterziehen sind. Jede Debatte, die über die Analyse solch meist unspektakulärer Erkenntnisse hinausgeht, ist eine Diskussion darüber, welche politischen und gesellschaftlichen Schlüsse daraus zu ziehen sind, und hat mit Wissenschaft oft sehr wenig zu tun.
Nicht nur in Sachen Pandemie würde es uns gut anstehen, mehr Disziplin walten zu lassen und „glauben“ und „meinen“ korrekt vom Ehrentitel „naturwissenschaftliche Erkenntnis“ zu trennen.