Immer nur jammern...

Es ist hinlänglich bekannt, dass der Österreicher beim Atmen jammert. Gerade deshalb wäre es für unsere Novemberbefindlichkeit nicht schlecht, öfter das Dashboard der John Hopkins University zu studieren. Es weist derzeit in Sachen Covid19 bei 60 Millionen Infizierten 1,4 Millionen Tote aus, das sind etwas mehr als 2,3 Prozent. Wir erleben also die seit Jahrzehnten größte Krise der Menschheit, worüber man in Depressionen verfallen könnte.

Zugleich jedoch erleben wir auch die größte jemals weltweit organisierte Rettung von Menschenleben. Wenn das bösartige Virus nämlich nicht binnen weniger Wochen entschlüsselt worden wäre; wenn nicht weltweit Maßnahmen zur Verringerung der Infektionsraten gesetzt worden wären; und wenn es der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft nicht gelungen wäre, unverzüglich Tests und eine hoffentlich wirksame Impfung zu entwickeln, stünden wir heute bei 14 Millionen Toten und würden in wenigen Monaten 28 Millionen zu beklagen haben.

Gerade aufgrund dieses unglaublichen Erfolges haben noch zu wenige Zeitgenossen begriffen, wie ernst die Lage in Wirklichkeit nach wie vor ist. Anders ist es nicht zu erklären, in welchem Ausmaß die täglichen Nachrichten aus kleinlichem, oft luxuriösem Gemäkel bestehen, was alles nicht funktioniert. Das Gegenteil ist wahr: Es hat schon sehr viel funktioniert! Trotz aller Schwierigkeiten wäre daher mehr Optimismus angebracht.

Alois Schöpf

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Walter Schuster

    1. Die Führungsunfähigkeit/-verantwortungslosigkeit wird zugedeckt mit einer Walze von Information = Desinformation, Halbwahrheiten, Nichtinformation = es heißt ja = „die halbe Wahrheit ist die schlimmste aller Lügen“, bzw. „Wer nichts weiß, muss glauben“.
    2. Beispiel: Täglich bepflastert man uns mit Aussagen bezüglich des hervorragenden/außergewöhnlich guten Gesundheitssystems.
    Zwei Sätze später wird dann gesagt = Wir müssen das Gesundheitssystem (vor Überlastung) schützen.
    Schluß daraus: Man muss das hervorragende Gesundheitssystem schützen! Vor wem ?Vor den Kranken bzw. Patienten?
    Wir haben somit ein hervorragendes Gesundheitssystem, das man aber vor den Patienten schützen muß.
    3. Man hört aber nie ähnlich laut, massiv und oft, dass man die Menschen vor dem Virus schützen muss, dass es kein Medikament gibt und die Impfung ein Schnellschuss ist, sodass der einzige wirksame Schutz im technisch-organisatorischen Bereich liegt = Abstand – Maske – Hygiene + Sanktionen bei Nichteinhaltung (ein kleines Beispiel dazu: Warum beschwert sich eigentlich niemand, wenn er in´s Radar fährt. Für mich ist es auch eine große Einschränkung meiner persönlichen Freiheit, wenn ich nur 100 km/h auf der Autobahn fahren darf) + rasche Identifikation von Erkrankten + rasche Nachverfolgung des gesamten Umfeldes und Ermittlung aller Kontaktpersonen + Quarantäne.
    Schluss daraus: Nur wenn ich die Eingangstore überwache + schließe, vermeide ich Erkrankungen bzw. die Ausbreitung zur Seuche, schütze die Menschen und schütze das Gesundheitssystem vor Überlastungen. Ein doch etwas anderer Ansatz + bereits erprobt und bewährt in den asiatischen Ländern.

  2. Manfred Heisler

    „ Die Kritik der Opposition an der Regierung über Versäumnisse bei den Corona-Maßnahmen ist verzichtbar.“
    Also grundsätzlich ist es Aufgabe einer demokratischen Regierung, zum Wohl des Staates und seiner Bürger, nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Ebenso ist es die Aufgabe einer Opposition, dieses Handeln zu kontrollieren und gegebenenfalls auch zu kritisieren. Wie die Vergangenheit in den letzten 20 Jahren gezeigt hat, haben gewisse Regierende wohl nicht immer in diesem Sinn gehandelt und so manche hinlänglich bekannte Verfehlungen begleiten uns (gerichtlich) bis heute.
    Also gehört das zum täglichen Brot eines demokratischen Parlamentarismus.
    Was nunmehr speziell die Corona-Thematik betrifft, ist aufgrund der mittlerweile riesigen Tragweite und der damit einhergehenden Bestimmungen und Verordnungen wirklich jeder und jede gefordert mitzuhelfen, mit dieser Pandemie fertig zu werden. Zurecht kritisieren sie das Verbreiten von Angst und Horrorszenarien, das sehr wohl auch immer wieder von Regierungsseite und leider immer noch erfolgt. Auch die laufenden Korrekturen diverser Vorschriften und Verordnungen haben durchaus nicht zur Beruhigung und Klarheit beigetragen (z.Bsp. die Verhängung von ungerechtfertigten Strafen). Nach meinem Eindruck wäre es sehr wohl längst notwendig gewesen, dass die Regierung eine breitere Basis zur Bewältigung dieses Jahrhundert-Ereignisses legt und außer den medizinischen und virologischen Fachleuten solche auch aus den anderen Parlamentsparteien einzulädt. Die gibt es dort (auch wenn Andreas Kohl, ex ÖVP Politiker, mit Handgreiflichkeit gegen Frau Dr. Rendi Wagner droht), aber das hätte wohl den täglich mehrmals stattfindenden „Eventaufmarsch„ nach türkisem Vorbild gestört, aber sehr wohl zu konstruktiver Unterstützung und auch Beruhigung beigetragen.

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