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Ronald Weinberger
Schnecken(götter)beschwörung
Ein gärtnerischer Hilferuf

Weichet, schleimige Gestalten!
Endet euer Schalten, Walten,
in unserem Gemüsegarten,
wo nicht bloß die jungen, zarten,
Pflanzen wollten wachsen, reifen,
sich als Gaumenschmaus begreifen
in Form von köstlichen Salaten …

Doch da seid ihr, ihr Satansbraten,
ihr glitschig-kalten Gastropoden,
zuerst entlangkriechend am Boden
überkletternd dann oft hoch hinaus
ein Hindernis, kurzum, ein Graus,
da euch, mit euren Raspelzungen
(dies blieb bis heute unbesungen),
kaum eine Pflanze widersteht.

Mit andr’en Worten: Jedes Beet,
das man mit Herzblut hat gehegt,
habt nächtens gierig ihr zerlegt,
und was noch übrig ist an Stängeln,
vermag die Wut selten zu gängeln.
Ich hasse Euch, ihr Widerlinge!

Ganz anfangs war ich guter Dinge …

Was habe alles ich probiert!
Euch erst mit Körnern malträtiert,
doch dürfte derlei Schneckenkorn
geküsst haben wach euern Zorn,
und umso mehr habt ihr vernichtet,
fast unser Grün zugrund‘ gerichtet.

Sodann griff ich zu Eierschalen,
die angeblich, falls grob gemahlen
und um ein Beet herum drapiert,
auch helfen sollen. Angeschmiert!

Ich tat noch das, ich tat noch dies,
indes half alles nichts. Ich ließ
daher fast jede Hoffnung fahren,
und um das Restgrün zu bewahren,
entschloss ich mich im Insgeheimen
mich unnachgiebig einzuschleimen
bei denen, die im Schnecken-Reich
das Sagen haben. Dort sogleich
nützt häufig eine Art Beschwörung;
ich nenne sie hierselbst Betörung:


Hochverehrte Schneckengötter!

Chefs der braunen Grünzeug-Töter!
Untertänigst darf ich fragen
(müsst‘ ansonsten ganz verzagen),
nein, nicht fragen, sondern bitten,

ob Ihr Götter tiefst inmitten
meiner großen Gärtnersorgen
könntet Eure Gunst mir borgen?

Meine Wünsche sind bescheiden:
Lasst nicht MEINE Pflanzen leiden!

Bitte führet Eure Schnecken
vorerst zu des Nachbars Hecken
denn – wie ich selbst kürzlich sah –
ist ja halbwegs Grün dort da
in des Nachbars Pflanzenbeeten,

(bestgeeignet für Fress-Feten!),
sodass dann aus diesen Hecken
die von Euch beseelten Schnecken
kriechen und sich gütlich tun.

Soll’n nie rasten, soll’n nie ruh’n,
Hauptsache, sie bleiben fern
MEINEM Garten allzu gern!

Bewirkt Ihr das, was ich erflehe,
so werd‘ ich mich zusammenreißen
und niemals mehr (hier ich’s gestehe)
Schnecken zu dem Nachbarn schmeißen.

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Ronald Weinberger

Ronald Weinberger, Astronom und Schriftsteller, 1948 im oberösterreichischen Bad Schallerbach geboren, war von 1973 bis 1976 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Von 1977 bis zum Pensionsantritt im Dezember 2011 war Weinberger an der Universität Innsbruck am Institut für Astronomie (heute Institut für Astro- und Teilchenphysik) als Fachastronom tätig. Als Schriftsteller verfasst Weinberger humorvolle Kurzgedichte und Aphorismen, aber auch mehrere Sachbücher hat er in seinem literarischen Gepäck: Seine beiden letzten Bücher erschienen 2022 im Verlag Hannes Hofinger, im Februar das mit schrägem Humor punktende Werk "Irrlichternde Gedichte" und im September das Sachbuch „Die Astronomie und der liebe Gott“ mit dem ironischen, aber womöglich zutreffenden, Untertitel „Sündige Gedanken eines vormaligen Naturwissenschaftlers“.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. c. h. huber

    das floriani-prinzip: heiliger st. florian, verschone uns, zünd andre an!, wie im 2. gedicht-teil propagiert, wird leider auch keine schnecke abhalten. so grauslich es klingt, da hilft vielleicht nur jeden abend in der dämmerung absammeln gehen, die biester in kochendes wasser werfen und dieses gebräu dann rund um die pflanzen gießen. das riet jedenfalls neulich ein gärtner im tv. nicht jedermanns/fraus sache, und obs hilft? keine ahnung. aber wer weiß, evtl. hat frau staudenherz einen wirksamen tipp außer den einsatz von laufenten.

    1. Reinhard Kocznar

      Schneckenkorn, erste Wahl. Den Rest erledigen bei mir die Amseln, nicht vegan und gar nicht rücksichtsvoll. Sie zerhacken die Dinger, wälzen die Fragmente hin und her, um sie auszuschleimen, und verzehren sie dann.

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