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Johannes Schwank
Die Umstellung auf Elektromobilität
Vom Regen in die Traufe?
Essay

Die Autoindustrie, unter starkem Druck von Regierungskreisen und im Griff der Klimawandel-Angst, tätigt gewaltige Investitionen, um die Produktion auf Elektroautos umzustellen.

Das erfordert es natürlich, dass der Strom für Elektroautos nicht mit Erdgas oder Kohle erzeugt wird. Ansonsten würde man nur den Ort, wo das Kohlendioxid in die Umwelt gelangt, vom Auto zum Kraftwerk verschieben.

Der Gesamt-Energiebedarf, um alle Autos auf der Welt anzutreiben, ist unabhängig von der Energiequelle. Der Energiebedarf kann von Petroleum-Produkten, Biotreibstoffen, Naturgas oder Elektrizität gedeckt werden. Die Elektrizität kann von vielen verschiedenen Energiequellen erzeugt werden.

In den meisten Ländern der Welt wird Strom hauptsächlich in Kohle-, Gas-, und Kernkraftwerken erzeugt, mit einem bescheidenen, jedoch wachsenden Anteil an Solarstrom, Windstrom und Wasserkraft.

Die Umstellung auf Elektroautos, obwohl gut gemeint, entkommt nicht dem Gesetz der unerwarteten negativen Konsequenzen.

Nehmen wir die USA als Beispiel: Die Gesamtkapazität aller Elektrizitäts-Kraftwerke in den USA deckt circa 13 % des Energiebedarfs ab. Der Großteil dieser Elektrizität wird mit Erdgas und Kohle erzeugt.

Um die gesamten 28% Transportenergie auf umweltfreundlichen Solar- und Wind-Strom umzustellen, müsste man zu den 13% Elektrizität, um auf circa 40% zu kommen (dies sind 13% plus die notwendigen ca. 28% für elektrische Transportenergie), mehr als doppelt so viel an Strom zusätzlich produzieren.

Nur 0.2 Prozent des Energiebedarfs für den Transport-Sektor ist derzeit vom Strom abgedeckt. Dieser Wert beinhaltet jedoch Elektrizität, die erzeugt wird von allen Energiequellen inklusive Gas, Kohle, Kern- und Wasserkraft.

Wenn man nur den grünen Strom einrechnet (z.B 6% Windstrom 2015 und 13% im Jahr 2021), fällt der Anteil der grünen Elektrizität für den Transportsektor in den 0.02% Bereich. Aktuell ändert sich das jedoch ständig, da Windstrom und Solarstrom jedes Jahr anwachsen.

Jedenfalls müssten, um grünen Strom für den Transport zur Verfügung zu haben, Hunderte neue Solar- und Windkraft Anlagen gebaut werden, ganz zu schweigen von der zusätzlichen Infrastruktur-Investition in neue Stromleitungen, Transformatoren und Ladestationen.

Der Bau von so vielen Stromanlagen wird unvermeidlich zu einer neuen Umweltbelastung führen und die Klima-Angst noch weiter steigern. Zurzeit ist den meisten Menschen nicht bewusst, welche Konsequenzen und Kosten diese Umstellung mit sich bringt.

 In vielen Ländern wird die Erhaltung der Straßen von Benzinsteuern gedeckt. Wenn alle Autos Elektroautos sind, dann fallen diese Steuereinkünfte aus, und die Regierungen müssen sich neue Steuereinkünfte ausdenken, zum Beispiel eine Steuer auf die Kilometer, die ein Auto zurücklegt. In Norwegen hat die Regierung bereits die Subvention für Elektroautos gestrichen, um den Treibstoffsteuer-Verlust zu kompensieren.

Die Umstellung auf Elektroautos erzeugt auch noch eine neue Abhängigkeit von den wenigen Ländern der Welt, wo die Mineralien für die Batterieherstellung, zum Beispiel Lithium, gewonnen werden können. Ganz zu schweigen von der zusätzlichen Umweltbelastung, wenn in der Zukunft Millionen von alten Batterien entsorgt werden müssen, die nicht nur Lithium, sondern auch noch Kobalt und Nickel enthalten.

Wenige Daten existieren, die zeigen, wie die globale Umstellung auf Elektromobilität die lokale Gesundheit und Lebensqualität beeinflussen wird. Zum Beispiel, was geht in Afrikas Demokratischer Republik Kongo vor, wo Kobalt für Batterien abgebaut wird?

Solche Daten wären wichtig, damit die Politiker und Industriekonzerne Entscheidungen treffen können über die Entwicklung von grünen Technologien, die vom sozialen, ethischen und wirtschaftlichen Standpunkt aus vertretbar sind.


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Johannes Schwank

Johannes Schwank, geb. 1950 in Zams in Tirol, Professor für Chemical Engineering an der Universität Michigan in Ann Arbor, tätig in folgenden Bereichen: Society Memberships: American Chemical Society (ACS) / American Institute of Chemical Engineers (AICHE) / Michigan Catalysis Society (MCS) Positions Held at U-M: James and Judith Street Professor of Chemical Engineering (2009-present) / Director, Researching Fresh Solutions to the Energy/Water/Food Challenge in Resource-Constrained Environments (2013 – present) / Director, Electron Microbeam Analysis Laboratory, (2013-2015) / Interim Director, Energy Institute (2011-2012) / Professor, Department of Chemical Engineering (1990-present) / Associate Director, Electron Microbeam Analysis Laboratory (1986-2000) / Associate Professor, Department of Chemical Engineering (1984-1990) / Assistant Professor, Department of Chemical Engineering (1980-1984) / Engineering Research Assistant, Department of Chemical Engineering (1979-1980) Postdoctoral Scholar, Department of Chemical Engineering (1978-1979) Positions Held Elsewhere: Visiting Professor, University of Innsbruck, Austria, (1987-1988) / Visiting Professor, Technical University, Vienna Austria, (1987) / Guest Professor, Tianjin University, Tianjin, China (2011-2013)

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Roland Schrettl

    Vom Prinzip her richtig, da der Beitrag gut aufzeigt, dass wir das Augenmerk auf den Gesamtenergieverbrauch legen müssen und nicht nur auf die bequemen Bereiche.

    ABER:

    Leider verleitet der Text durch Weglassung wichtiger Aspekte der Energiewende zu falschen Schlussfolgerungen und klingt schon ein wenig nach Rechtfertigung der Öllobby.

    Vorab jedoch ist dem Argument der Umweltbelastung durch Neue Energien entgegenzuhalten, dass die letzten 100 Jahre von enormen Umweltschäden und Kriegen, verursacht durch die Erdölindustrie, geprägt waren.
    Im Vergleich dazu ist der Bau von Akkus, Photovoltaikpanelen und Elektromotoren fast schon vernachlässigbar, wenn auch zugegebenermaßen nicht wirklich umweltfreundlich.
    Akkus sind bereits heute zu 95% recycelbar und werden entgegen der Meinung im Artikel am Ende der Lebensdauer (20 Jahre und länger) nicht einfach weggeworfen.

    Der Vergleich der Abhängigkeit von Strom mit dem der Erdölförderung ist auch sehr weit hergeholt. Man denke nur an den Unterschied in der Produktion fossiler Energie im Regelfall in Diktaturen oder der Produktion von Strom aus Photovoltaik am eigenen Dach. In Wirklichkeit reden wir hier über eine massive Dezentralisierung der Stromerzeugung und nicht über größere Abhängigkeiten.

    Betreffend den nackten Zahlen besteht der gravierendste Fehler darin, die enorme Effizienz elektrischer Verbraucher nicht einzukalkulieren.

    Dies beginnt beim reinen Verbrauch von Elektroautos, welcher ganz grob je nach Einsatz und Jahreszeit zwischen 12 kWh und 20 kWh je 100 km liegt.
    Ein Golf Diesel benötigt für die selbe Strecke ca. 55 kWh, ein Benziner über 60 kWh. Allein daraus ergibt sich eine Minderung des Gesamtenergieverbrauchs im Bereich Verkehr durch Elektromobilität von über 70% !

    Aber es geht noch viel weiter. Die Herstellung fossiler Brennstoffe benötigt selbst schon enorme Energiemengen. Um Treibstoff für den durchschnittlichen Verbrauch eines PKW auf 100 km herzustellen, werden für Förderung, Verarbeitung und Transport über 40 kWh benötigt – und dies nur um den Treibstoff bis zur Tankstelle zu bekommen!
    Mit der selben Energie fährt das Elektroauto bereits 200 km.

    Die selbe Argumentationslinie gilt auch für die Wärmepumpe um den Energieverbrauch in Gebäuden massiv zu reduzieren. Moderne Wärmepumpen erzeugen fünf mal soviel Energie wie eingesetzt werden muss und reduzieren daher massiv den Gesamtenergieverbrauch.

    Im Gegensatz zur Schlussfolgerung aus dem Beitrag trägt die umfassende Elektrifizierung zu einer großen Reduzierung des Gesamtenergieverbrauchs bei.
    Der restliche Energiebedarf lässt sich mit einiger Anstrengung ohne weiteres während einer Übergangsphase auf Strom umstellen. Wichtig ist dabei, dass wir endlich in die Gänge kommen und besser heute als morgen von den unsäglich ineffizienten fossilen Brennstoffen wegkommen.

  2. Rainer Haselberger

    Interessante Analyse!
    Was lässt sich daraus folgern?: Marsmission beschleunigen, Planet A möglichst rasch auf einen Panet B evakuieren.

  3. Reinhold Bösch

    Trotzdem führt kein Weg am Ausstieg aus Fossilienverbrennung vorbei, alle Rechenkünste nützen da nix.
    Der Umstieg auf Stromerzeugung aus nicht fossilen Quellen darf nicht länger durch Unkenrufer, die nur der Fossil Lobby und damit dem Ökozid dienen, ausgebremst werden.
    Es ist eine Frage des Prinzips, der Ethik von Klimaschutz und Klimarettung, nicht von Rechenmodellen mit derzeit herrschenden Rahmen.
    Auch die Batterien entwickeln sich rasant, ohne Cobalt und bald ohne Lithium aus aggressivem Abbau, also ändert sich auch diese Bedingung.

  4. Johannes Schwank

    Statt einer forcierten Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroautos würde ich zuerst einmal auf Hybridantriebe umstellen. Der Nahverkehr und Berufspendler-Verkehr wäre dann zum Grossteil elektrisch, und nur der Fernverkehr auf fossilen Treibstoffen. Das würde viel weniger Infrastruktur-Umstellung erfordern. Auf lange Sicht glaube ich, dass Wasserstoff-Treibstoffzellen eine gute Lösung wären.

  5. Josef Lohninger

    Welche Alternativen schlägst Du vor?

  6. Raimund Spirig

    Hervorragender Beitrag. Danke!

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