Helmuth Schönauer
Ein Plastiksackerl, das denkt.
Stichpunkt
„Sperr dein Fahrrad möglichst an einem fixen Gegenstand ab wie Verkehrsampel, Handlauf oder Stiegengeländer!“
Diese halb witzig gemeinte Empfehlung aus dem grünen Politspektrum zeigt in einem einzigen Satz, was inzwischen hinter den alt gewordenen Grünen steckt. Es geht um den missionarischen Vortrieb des Verkehrsmittels Fahrrad.
Während die vielgeschmähten Autofahrer allein in ihren Karossen sitzen und sich mit einem Blechpanzer schützen, sitzen die Grünen als Solitäre einzeln auf ihren Satteln und klingeln alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Mit Vorliebe sind es andere Grüne, die im Sinne des Tret-Darwinismus gnadenlos aus dem Weg geräumt werden, wenn sie die Spur eines Fahrradfetischisten kreuzen.
Aus der ehemaligen Ökobewegung ist längst eine Ansammlung verbitterter Solitäre geworden, die letztlich kein Programm mehr haben, außer sich selbst zu promoten. Die eingangs zitierte Empfehlung bringt inzwischen auch die Ökos zur Verzweiflung, weil sie plötzlich selbst in die Altersschwäche geraten und freien Zugang zur Ampeltastatur, dem Handlauf oder dem Stiegengeländer benötigen. Du brauchst nur ein kaputtes Knie, nicht einmal einen Rollator, um zu sehen, dass du in einer Stadt, wo Grüne herrschen, nicht weiterkommst. Da in Innsbruck jeder zweite auf dem Weg in die Klinik über das Uni-Areal führt, muss dort ständig die Security ausrücken, um die von Fahrrädern verstellten Durchgänge für einen Notfall offen zu halten.
Die ehemaligen Grünen sind Graue geworden, die verzweifelt feststellen, dass es im Alter keinen Unterschied mehr gibt zwischen den Parteien. So bestand ihr Parteiprogramm der letzten Jahre darin, bei jeder Gelegenheit eine Attacke gegen den Innenminister und seine Pferde zu reiten. Als dieser verschwunden war, hatte man nicht nur kein Programm, sondern auch keine Leute mehr, um in die Regierung einzutreten.
Als erstes Bauernopfer dieser ausgedünnten Personaldecke musste gleich die Kulturstaatssekretärin herhalten, von der es in einem Witz heißt: Sie hat nichts zusammengebracht, außer einen Fahrradunfall mit sich selbst.
Witze sind immer gnadenlos klar. Das wollen die Grünen oft nicht wahrhaben, weshalb sie gern sprachpolizeilich auftreten, wenn sie einen Witz nicht als solchen verstehen. So dreht es bei einem anderen guten Witz den Grünen endgültig den Magen um. In einer Kabarettsendung mit hohem Witzanteil empfiehlt darin der Künstler Dieter Nuhr, man möge doch die Heizung im Kinderzimmer abdrehen, wenn das eigene Kind mit Schaum vorm Mund von der Freitagsdemo heimkommt und eine schnelle Maßnahme gegen den Weltuntergang will.
Wer einmal dem deutschen Grünen Habeck oder dem österreichischen Kogler zugehört hat, wundert sich nicht, dass die Zuhörer sofort in Wikipedia nachschauen, was dort unter „Geschwurbel“ zu lesen ist. (Der deutsche Grüne ist rhetorisch besser als der steirische, aber was die Leere betrifft, ist der steirische bodenständiger.) Einen Grünen erkennst du augenblicklich, weil er keinen Satz zusammenbringt, der eine konkrete Maßnahme beinhaltet. Höhepunkt der Entscheidungslosigkeit ist der grüne Gesundheitsminister, der seit einem halben Jahr nur zusammenstoppelt: Die nächsten vierzehn Tage werden die entscheidenden sein!
Wie sehr die Grünen schon jenseits jeden Diskurses sind, zeigt ihre Animosität gegenüber Kritik. Sagst du was, bist du ein Faschist. Zitierst du einen Witz, bist du ein Hassposter. Die Bitte eines Glossisten, der als Innsbrucker auf allen Regierungsebenen bis hin zum Bundespräsidenten mit dem grünen Siechtum konfrontiert ist, lautet daher: Formuliert Maßnahmen, die auf das nächste Jahr gerichtet sind und nicht auf den Weltuntergang. Hört auf, jeden als Rechtsradikalen zu verachten, der nicht mit euch einen Baum umarmt. Formuliert ganze Sätze und nehmt uns wortlose Menschen bei der Hand, lasst uns zumindest für die eine oder andere Projektlänge Freunde werden.
Und nehmt es nicht persönlich. Wir sind alle froh, wenn jemand in die Politik geht, egal in welche. Schon das aktive Mittun verdient angesichts der erbärmlichen social media jeden Respekt!
In einem unsterblich schönen Bild von der Zerbrechlichkeit des Menschen spricht Blaise Pascal davon, dass der Mensch ein Schilfrohr ist. Ein Schilfrohr, das denkt. Mittlerweile gibt es kein Schilfrohr mehr, weil stattdessen das Plastiksackerl im Wasser dümpelt. Gegen sinnlose Verpackungen kann man nichts machen, denn die Verpackung ist der Inhalt. So ist auch das grüne Parteiprogramm letztlich wie ein Plastiksackerl. Ein Lebensstil. Eine allgemeine Wohlfühlfloskel.
Sollten wir, in Gedenken an Pascal, nicht einfach in Erwägung ziehen, dass unser ganzes Leben nur ein Plastiksackerl ist? Ein Plastiksackerl, das denkt?