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Elias Schneitter
Zuviel Opposition und Kritik?
Notizen

Eine funktionierende Demokratie stützt sich auf eine starke Opposition. Sie macht den fundamentalen Unterschied zu Diktaturen aus, die diese mit allen Mitteln unterdrücken.

Manchmal habe ich aber den Eindruck, dass unsere Demokratie nur noch aus Opposition besteht.

Im Parlament sitzen die türkis/grüne Regierung und drei Oppositionsparteien. Kommt ein Vorschlag der Regierung, wird dieser reflexartig in Grund und Boden verteufelt. Und das gleich dreimal.

Die Roten haben angekündigt, zukünftig überhaupt alles abzulehnen: ein Verhalten wie im Kindergarten bei Streitereien in der Sandkiste. Die Blauen donnern ohnehin nur noch Beleidigungen in die Welt hinaus, ihr Führer bezeichnet die Regierung als eine Bande von Falotten und er hat nur noch Viktor Orbán im Kopf. Und die Neos-Obfrau schimpft überhaupt unentwegt wie eine Furie mit Schaum vor dem Mund.

Solche Verhaltensmuster haben nichts mit einer konstruktiven Opposition zu tun und sind einer Demokratie unwürdig. Im Grunde sind sie in übelster und oberflächlichster Form ein Populismus, der lediglich der Selbstdarstellung dient und sicher nicht dem Gemeinwohl.

Und bei den Medien ist es größtenteils auch nicht mehr viel anders. Sie brauchen ihren täglichen Polit-Skandal, um noch etwas öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen.

Aber auch um nichts besser erscheint mir die sogenannte hochgelobte Zivilgesellschaft, die entweder fußfrei und motzend vor der Glotze sitzt oder Bilder anschüttet oder auf der Straße protestiert und ihren Unmut hinausschreit, aber zumeist nicht bereit ist, politisch aktiv in demokratischen Einrichtungen mitzuarbeiten, sei es in den Bezirken oder Gemeinden oder in anderen Institutionen. Auch würde mich einmal interessieren, wie es bei den Umweltprotestierern im Privaten ausschaut: Wie sie ihr Leben führen, worauf sie verzichten, oder ob sich der Protest nur auf die Straße beschränkt.

Vor vielen Jahren hat es einmal eine Fernsehserie von Helmut Dietl gegeben, in der ein Schriftsteller an einem Buch mit dem Titel: Warum geht es uns schlecht, obwohl es uns so gut geht. schreiben wollte. Es blieb beim Vorsatz.

Jedenfalls habe ich immer mehr den Eindruck, dass wir insgesamt unsere Energie vor allem darauf verwenden, um etwas zu verhindern, statt die Energien zu nützen, um etwas weiterzubringen.

In diesem Sinne: Fröhliches Motzen und Jammern und Sudern, ganz genau so wie ich es hier auch mache. Hurra!


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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. c. h. huber

    bin meinem vorsatz untreu geworden, hier nicht so schnell wieder zu kommentieren. muss aber nun sagen: ach, wie recht du hast, lieber elias schneitter!

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