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Elias Schneitter
Kunstmarketing
Notizen

Wieder hat der angeblich unbekannte street-art Künstler Banksy zugeschlagen, bzw. der Kunstmarkt. Sein „geniales“ Schredder-Bild, nur halb zerstört, wurde bei Sotheby’s für 22 Millionen € ersteigert.

Da kann ich nur anfügen, wer‘s glaubt, wird selig.

In regelmäßigen Abständen erreichen uns Berichte über Verkäufe, Versteigerungen von sogenannten Meisterwerken zu Preisen jenseits unserer Vorstellungskraft. Fünfzig, hundert, zweihundert Millionen werden da genannt. Das erinnert mich frappant an den Spitzenfußball und auch diese Entwicklung spiegelt die Auswüchse unseres Gesellschaftssystems wider, wobei ich besonders beim Kunstmarkt eigentlich nicht an die Deals glaube.

Da geht es meiner Einschätzung nach um reines Marketing. „Geldsäcke“ sollen animiert werden, in den Kunstmarkt zu investieren, weil dort angeblich oder wirklich exorbitante Renditen möglich sind.

So betrachtet ist die Kunstproduktion ein kurioses Anhängsel der Börse, des Aktienhandels. Kunst als Aktie.

Nicht das einzelne Werk ist wichtig, sondern dessen Vermarktung. Meiner Einschätzung nach besteht heute Kunst (auch die Literatur) zu 90 % aus Marketing.

Betrachtet man zum Beispiel die Arbeiten des großen Anonymus Banksy, dann muss man sagen, die Arbeiten sind nicht besonders originell. Zum Beispiel die Darstellung des britischen Parlaments, in dem nur Affen sitzen. Naja, ein kleines Witzerl halt, nicht gerade etwas, das mich vom Hocker reißt.

Vor ewigen Zeiten hat es einmal geheißen „Kunst kommt von Können“. Gemeint war damit, dass Menschen mit Phanatsie und handwerklichen Fähigkeiten Kunstwerke geschaffen haben.

Diese Symbiose gilt längst nicht mehr. Entscheidend ist der Marketinggag. Er überstrahlt alles. Bewertungen sind ohnehin nur subjektiv und Geschmacksache. Künstlern bleibt die Illusion, mit ihren Produkten einen hohen Börsenwert zu erreichen.

Der beste Künstler ist der, der den höchsten Preis erzielt. Auch ein Kriterium! Zumindest nachvollziehbar. Wie es zustande kommt, ist eine andere Geschichte.

Seit es Kunst gibt, wurde über die Funktion von Kunst in der Gesellschaft diskutiert: Schönheit, Erhabenheit, Kritik, Verstörung, Provokation etc.

Inzwischen ist diese Auseinandersetzung zweitrangig, ja obsolet geworden. Wer die beste Aktie schafft, ist der bedeutendste Künstler. Punkt!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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