Elias Schneitter
Hochrechnungen und Umfragen
Notizen

Hochrechnungen und besonders Umfragen habe ich stets skeptisch betrachtet. Die Meinungsforschung wird ja auch gerne missbräuchlich verwendet.

Die Hochrechnung zu den aktuellen Nationalratswahlen war diesmal fast punktgenau. Gewiss keine leichte Aufgabe, das so hinzukriegen. Alle Achtung!

Trotzdem finde ich es bemerkenswert für unsere neugierige, sensationsgierige Gesellschaft, dass man alles so schnell als möglich haben will. Würde man in Ruhe einen Tag abwarten, dann hätte man das Endergebnis, und der ganze Aufwand um die Hochrechnung wäre nicht notwendig. Aber soviel Zeit haben wir heute nicht mehr. Wir brauchen den Reiz der breaking news, rasch rasch rasch, alles so rasch wie möglich.

Auch ich saß am Sonntag, so wie ganz Österreich, um fünf vor der Kiste und das Ergebnis war für mich keine große Überraschung.

Die Partei mit einem Spitzenmann, den ich für einen hochintelligenten, aber eiskalten und empathielosen Menschen halte (das Napoleon-Syndrom dichte ich ihm auch noch gleich an) hat also die Schlacht gewonnen.

Nun klingt für mich Kickl mit seiner hechelnden Form zu sprechen stets wie eine beleidigte Leberwurst (Opferhaltung). Zudem hat er nicht die Strahlkraft eines Jörg Haider.

Vor den Wahlen haben alle anderen Parteien eine Koalition mit Kickl ausgeschlossen, und da habe ich mir gedacht, dass viele Protestler ihn gewählt haben, weil sie genau wussten, dass er nicht Bundeskanzler werden wird. Ein schwacher Trost. Bei allem Respekt für die Wähler der FPÖ, aber die Partei und ihre Wählerschaft besteht zu einem großen Teil aus Krakeelern und Grölern, ohne dass ich da jetzt groß überheblich sein will.

Auch bin ich mir nicht sicher, ob allen FPÖ-Wählern klar ist, wen sie da gewählt haben: Kickls politisches Vorbild ist Viktor Orbán, seine Nähe zum blutrünstigen Putin ist evident (Kneissl), zudem will er Österreich einbetonieren. Und Krankheiten behandelt er mit Pferdemittel und Kräutertee.

Gute Nacht, Österreich!

Bei den anschließenden Interviews hat sich Kickl zurecht als großer Wahlsieger feiern lassen. Nur scheint er eines in der ersten Euphorie übersehen zu haben: 29 % sind keine absolute Mehrheit. 71 % haben ihn nicht gewählt!


Woikokompf

Wann i mir die Woikämpf anschau,
dann reden olle Parteien imma vu großen Reformen
und dass olles onders und bessa werden muas
und wird,
wann se am Ruader san.

Gott sei Donk wiss ma,
dass des ois nur haase Luft is,
wia des meiste in der Politigg.

I bin auf olle Fäll schu zfrieden
wanns nach de Woin
ned schlechter wird
und ollas zumindest so bleibt wias jetzan schu is.
Donn bin i eh schu zfrieden.

Mehr wü i eh ned
nach den Woin,
denn de Parteien mit ihre Reformen
kenn ma gstohln bleim.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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