Elias Schneitter:
Fettsack
Wenn du mir keine Freude bereiten willst,
dann lade mich zum Essen ein.
Früher hab ich mir immer
irgendwelche Ausreden einfallen lassen,
andere Termine vorgeschoben,
um solchen Freundlichkeiten
aus dem Weg zu gehn.
Heute benötige ich keine Ausflüchte mehr.
Dankend lehne ich ab: Adipositas.
Diese Begründung versteht jeder.
Meine wenigen Bekannten wissen inzwischen
Bescheid.
Sie lassen mich in Frieden.
Mein Interesse an persönlichen Kontakten hat
mit der Zeit rapid abgenommen.
Das ist sehr angenehm
und das war auch einer der Gründe,
warum ich vom Land in die Stadt
übersiedelt bin.
Da hat man seine Ruhe,
auch vor den guten Ratschlägen:
…Du müsstest unbedingt was unternehmen.
Es geht mich zwar nichts an, aber…
Es ist deine Gesundheit…
Einmal hatte ich sogar eine bezaubernde
Freundin, die meine Fettsucht nicht störte.
Sie meinte nur liebevoll, mit jedem Kilo mehr
hab ich noch mehr von dir.
Aber natürlich wurde ich ihr
dann mit der Zeit doch zu schwer.
Nicht nur körperlich.
Aber das ist ja klar.
Das ist bei jeder Beziehung
so.
„Mach schon weiter, du blade fette Sau“,
hat mich ein zorniger junger Mann
von hinten im Fußballstadion angebrüllt,
weil ich ihm gedankenverloren im Weg stand.
Ich hätte ihn umarmen können.
Das sind die wahren Worte.
Das ist die Sprache,
die ich verstehe und mit der
ich gut umgehen kann.
Natürlich gingen die guten Ratschläge
auch nicht spurlos an mir vorüber.
Zweimal hatte ich schon eine Bewilligung
für einen Reha-Aufenthalt in einer Stoffwechselanstalt.
Beide Male musste ich absagen.
Einmal wegen einer akuten Erkrankung.
Einmal wegen Corona.
Anscheinend weigert sich mein Körper
gegen einen Gewichtsverlust.
Auch ein Magenband war im Gespräch.
Meine Ärztin hatte mir geraten, mich in Wien
unters Messer zu begeben.
Da hätten sie mehr Erfahrung mit der
Fettsucht als in meiner ehemaligen
Heimat Tirol.
Zum Glück gibt’s wunderbare Rückzugsorte
für solche Figuren wie mich in Wien.
Einer davon ist im Sommer das Kongressbad
in Ottakring.
Dort kennt mich kein Mensch
und hier verkehren ähnliche Kaliber
wie ich.
Tätowierte, Spritzer trinkende Wiener
und viele Migrantinnen
mit Ärschen so groß
wie die Pummerin vom Stephansdom.
Sogar die Kinder mit den Pommes Tüten
und den Ketchup-Mündern eifern uns
erfolgreich nach.
Für Nachwuchs ist gesorgt.
Ein sehr angenehmes Ambiente.
Bis heute kein einziger Kommentar zu diesem adip-(b)ösen „Gedicht“ ?
Das darf nicht sein, das hat es wirklich nicht verdient, so unbeachtet im Archiv zu versinken.
Vielleicht ist es nur etwas zu lang geraten und die Leut‘ lesen und lesen und lesen und lesen noch immer.
Ein Blitzgneisser könnte es mit wenigen Worten zusammenfassen:
OID
FETT
SCHIACH
BLED
welches sich wenigstens reimt.
Sie verstehen Spass.
Alles andere ist primär.
Alles andere ist primär.