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Alois Schöpf
Über die Normalos
Apropos

Es wäre ja geradezu abnormal gewesen, wenn ein Grüner wie Werner Kogler bei der Erwähnung des Wortes „Normaldenkende“ vonseiten einer ÖVP-Politikerin nicht die Faschismuskeule gezückt hätte. 

Da spielt es auch keine Rolle, dass etwa der Nationalsozialismus von der Eugenik über den Antisemitismus bis hin zur völkischen Selbsterhöhung eine Erfindung universitärer und intellektueller Eliten und nicht der sogenannten Normalos war.

Eine Rolle hingegen sollte doch wohl die ganz pragmatische Frage spielen, was da eigentlich passiert und passiert ist, wenn laut Umfragen inzwischen 30 Prozent der Wähler, offenbar in blinder Verzweiflung, die FPÖ und einen Herbert Kickl wählen würden, eine Persönlichkeit, die nun wirklich kaum eine jener Eigenschaften aufweist, die man mit der staatstragenden Würde eines Bundeskanzlers in Verbindung bringen möchte.

Die Demokratie beruht auf dem Grundsatz, dass die Bürger zum Selbstdenken befähigt sind, weshalb sie auch bei Wahlen entscheiden dürfen. 

All jene nun, die wie Kogler vom antifaschistischen, ökologischen oder klassenkämpferischen Predigerstuhl herab ihren Zeitgenossen diese Eigenschaft zum Selbstdenken absprechen, indem sie sie als geistig gefährdet einstufen, sollten sich nicht wundern, wenn die Rechnung ob einer solchen Beleidigung bei den Wahlen bitter ausfällt.

Ob dies dann dem Staat insgesamt gut tut, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 22.07.2023

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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