Print Friendly, PDF & Email

Elias Schneitter
Der Sieger ist nicht immer der Gewinner.
Notizen

Alois, der Chef dieses Blogs, hat mich als bekennenden Fußballfan anfangs gleich wissen lassen, dass er keinen Wert auf Beiträge zu diesem Themenkreis legt. Diesem Wunsch komme ich natürlich gerne nach, aber in Anbetracht der bevorstehenden EM erlaube ich mir einen Ausreißer. Frei nach dem Motto, einmal ist keinmal.

Zur Vorbereitung auf die EM hat unsere Nationalmannschaft gegen die B-Mannschaft der Engländer gespielt und standesgemäß mit 1:0 verloren. Dennoch entdeckten unsere Kommentatoren unter der Leitung unseres großen Herbert Prohaska eine positive Weiterentwicklung gegenüber dem voraus gegangenen Spiel gegen Dänemark (4:0 Niederlage). Zudem war die Niederlage unseres Teams gegen England eine typische österreichische Niederlage. Der Schiri bediente uns bei dem einzigen Treffer (abseits) und pfiff einen eindeutigen Elfer für uns nicht.

Häufig gibt es Diskussionen, was Österreich von Deutschland unterscheidet. Das Bonmot von Karl Kraus kennen wir (Die Sprache!) und beim Fußball kann man noch einen weiteren großen Unterschied zu unseren nördlichen Nachbarn ausmachen. Nicht nur, dass die Deutschen fast immer gewinnen und wir Österreicher fast immer verlieren, der gravierende Gegensatz zwischen den beiden Ländern ist der Umgang mit den Niederlagen. Verliert die deutsche Nationalmannschaft, dann ist das nicht nur eine nationale Tragödie, sondern die Kommentatoren gehen gnadenlos mit ihrer Mannschaft ins Gericht. Die Analysen sind messerscharf. Da gibt es keinen Pardon.

Unsere Kommentatoren (Pariasek, Prohaska, Mählich, Payer etc.) sind da völlig anders. Der österreichische Fußballfan weiß bei wichtigen Matches bereits vor dem Anpfiff, dass es eine Niederlage setzen wird. In dieser Hinsicht ist auch in der Regel Verlass auf unsere Kicker. Darum gehen wir Österreicher völlig anders mit Niederlagen um. Natürlich sind wir enttäuscht, aber nicht in dem Ausmaß wie die Germanen. Im Grunde wurde nur unsere Erwartungshaltung bestätigt.Zudem agieren unsere Experten rund um Herbert Prohaska teilweise wie wortgewaltige Kabarettisten, dadurch wird die Niederlage erträglicher. In ihren Statements erlebt der Konjunktiv mit „hätte“, „wäre“, „würde“, stets eine Hochblüte. Darin unterscheiden sich unsere Experten von den deutschen Scharfrichtern wie Tag und Nacht. Manchmal stelle ich mir vor, was in Deutschland passieren würde, wenn sie dort eine Nationalmannschaft hätten wie wir Älpler. Ich glaube, es wäre der Untergang des Landes!

Und jetzt, endlich, nach einjähriger Verspätung geht es mit der EM los und ich freue mich schon wie ein kleines Kind darauf. Auch wir Österreicher sind mit unserer Mannschaft dabei! Und auch wenn bereits jetzt völlig klar ist, dass wir die Vorrunde nicht überstehen werden, so ist unsere Mannschaft trotzdem für uns Fans das Team der Herzen. Nach dem Motto: „Der Sieger ist nicht immer der Gewinner.“


Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. dr.eibel

    elias, das stimmt 100 prozent. und ich ärger mich drüber! hör mir auch keine kommentare mehr an und die spiele mit österreich immer tonlos, wenn überhaupt. danke

Schreibe einen Kommentar