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Elias Schneitter
Ein paar frohe Ostereier
für die Tiroler Gemüsebauern
Notizen

Meine Großeltern hatten eine ansehnliche Landwirtschaft, mit der sie die große Familie auch in den schlechten Zeiten gut über die Runden brachten. Keines der zwölf Kinder, die zwar von klein auf am Hof hart mitarbeiteten, musste jemals Hunger leiden und alle hatten stets ein sicheres Dach über dem Kopf.

Mit dem Tod meiner Großeltern wurde auch die Landwirtschaft aufgelöst und der Besitz auf die Kinder aufgeteilt. So standen für alle zwölf Erben Äcker und Wiesen zur Verfügung, auf denen Einfamilienhäuser errichtet wurden. Nur noch zwei Söhne betrieben im Nebenerwerb kleine Bauernschaften.

Mein Vater hatte mit dem Bauerntum nichts am Hut. Er äußerte sich über die modernen Ökonomen häufig ironisch. „Das sind keine Bauern mehr, sondern Maschinisten“, sagte er. Auch erzählte er gern einen bösen Kinderwitz über die Spezies. Der ging so:

Ein Jahr jammern die Bauern über eine miserable Ernte und dass sie nichts verdienen.
Das nächste Jahr jammern sie wieder, weil eine gute Ernte den Preis einbrechen ließ und sie neuerlich nichts verdienten.
Und im dritten Jahr jammern die Bauern, weil die Lieferzeit für ihren neuen Mercedes ein halbes Jahr dauert.

Auch ich habe immer ein eher negatives, vorurteilbehaftetes Bild von den Bauern gepflegt, weil mir ihr ewiges Gesudere und Gejammere maßlos auf die Nerven ging und ich andererseits unsere Landwirte mit ihren wahren Ungetümen (Traktoren) mit mannshohen Reifen durchs Dorf donnern sah.

Auf meinen Fahrten vom Oberland nach Innsbruck sind mir häufig Erntehelfer, angeblich aus dem Osten, ins Auge gestochen. „Moderne Arbeitssklaven“ war stets mein erster Gedanke, wobei mir natürlich sofort in den Sinn kam, dass ich auch Nutznießer dieser Situation bin.

Neulich habe ich im ORF einen Beitrag über die Thaurer Gemüsebauern gesehen, die „Vertriebene“ auf ihren Höfen unterbrachten und auf Eigeninitiative mehrere LKW’s mit Hilfsgütern zur ihren Erntehelfern in die Ukraine beförderten.

Das beeindruckte mich sehr und ist auch ein Grund dafür, mein oberflächliches Bauernbild etwas zurechtzurücken.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. c. h. huber

    es gibt halt selten nur schwarz oder weiß – so ist das leben, so sind die menschen. gut, wenn man auch die positiven seiten zu gesicht bekommt!

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