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Bitte nicht so jammern!

Die meisten verbinden mit dem Aschermittwoch ohnehin nur noch den Heringsschmaus. Da dieser heuer ausfällt, ist die Gelegenheit günstig, sich an den Spruch zu erinnern, der uns früher zum Anlass dieses Tages eingebläut wurde: „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.“ Wem das zu fromm klingt, der kann sich auch an unseren Star in Hollywood halten. Christoph Waltz ließ in einem Interview verlauten, seine Promi-Kollegen sollten nicht so viel jammern.

Tatsächlich bestehen die täglichen Nachrichten in einer Weise aus Gejammer, man stehe mit dem Rücken zur Wand und operiere am Limit, dass es kaum zu ertragen ist. Zumal durch solch hemmungsloses Wehklagen über, wie Waltz es formuliert, Unannehmlichkeiten, etwa nicht ein Gasthaus besuchen zu dürfen, die Nöte jener, die unter der Pandemie tatsächlich leiden müssen, herabgewürdigt werden.

Die beste Therapie gegen unser aller Ungeduld, unseren Ärger über die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen ist da wohl die Bereitschaft, einige Schritte zurück zu treten und von diesem Kamerastandpunkt aus sich selbst zu betrachten. Als ein Stück Materie, sprich Staub, das lebt und irgendwann nicht mehr lebt. Marie-Antoinette soll sich vor ihrer Hinrichtung noch 1 Minute Leben ausbedungen haben. Ein kleiner Teil dieser ihrer Wertschätzung würde für genug Lebensfreude bis zur Impfung ausreichen.

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Karlheinz+Veit

    Großartige Beiträge hier! Wir leben noch in einem Land, wo fast alles bis zu 95% funktioniert – auch jetzt noch! Und die tausenden „Ekspärten“ und Besserwisser gehn mir sowas von am ….vorbei! Wer nur ein bisschen versucht, durch die unzähligen TV-Kanäle durch zu zappen, weiß, wie es auf der Welt zugeht! Auch schon vor Corona! Empfehle nur einmal die Nachrichten von arte statt des ORF, damit der Blick aus dem eigenen Wohnzimmer etwas klarer wird. Mir geht dieses eine Jahr (heute!) mit den Einschränkungen auch gewaltig auf den Wecker – aber vielleicht hat die Welt einmal so einen „Einbremser“ gebraucht, um etwas herunter zu kommen von der Sphären des Wohlstandes. Die Welt sollte – und hier besonders die Industriestaaten werden sich auf die nächste Einschränkung einstellen müssen, die uns das Klima „vorschreibt“!
    In diesem Sinne „Bleibt gesund“!

  2. Peter Walch

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ihr Ausflug in die Philosophie, wenn man so will, legt den Finger auf eine Wunde, die da heißt- Sie sagen es- „jammern“, und das – meiner Meinung nach – auf hohem Niveau. Ich sage es mir schon lange, wenn gejammert wurde (vor Corona): es ist das wie eine Krankheit, denn, es ändert sich ja nichts an der Situation durch die Jammerei. Entscheidender ist der Frage nachzugehen, warum jammern wir – ja! – seit Jahrzehnten verwöhnte Zeitgenossen so viel, wenn einmal eine Krise kommt? Kann es der Wohlstand sein, der uns vom bodenständigen Leben in Dankbarkeit so weit entfernt hat? Es kann sein. Auch der Blick über den Tellerrand hinaus könnte nicht schaden, denn da müsste jeder, der halbwegs noch in der Realität lebt, sich sagen: Gott sei Dank können wir in diesem Land Österreich leben. Ich möchte mit einem Zitat von Rainer-Maria Rilke schließen: „Vergessen sie nie, das Leben ist eine Herrlichkeit.“ Nachsatz: Das Leben, bitte!

  3. Peter Fuchs

    Vielleicht sollte man sich grundsätzlich nicht die Frage über die Sinnhaftigkeit von CORONA-Tests beim Schifahren stellen, sondern überlegen, wie man die Tiroler Bevölkerung dazu bringen kann, sich freiwillig testen zu lassen. Für mich immer noch eine Unverständlichkeit, welche Beharrlichkeit hier an den Tag gelegt wird, keinen Beitrag zure Bewältigung der CORONA Pandemie zu leisten. Man kann das schon als Trotzreaktion ansehen, wie bei kleinen Kindern: wenn ich nicht was dafür bekomme, dann tue ich es nicht oder halte es nicht ein.
    Daher sind meiner Meinung nach alle jetzigen und die noch neu auf uns zukommenden Zugeständnisse für das Erreichen einer gewissen ‚Normalität‘ mit einem negativen CORONA-Test jedem zuzumuten. Wir erreichen zumindest, dass sich die Masse dann 2 – 3 wöchentlich testen lässt und die Verbreitung so gut wie möglich eingeschränkt wird.
    Völliges Unverständnis habe ich für die Vorgangsweise mit der südafrikanisches Mutation, wo doch aufgrund der Häufigkeit in einer begrenzten Zone sofortiges Handeln angesagt wäre; hier vermisse ich vehement das Agieren der CORONA-Kommission in der Tiroler Landesregierung. Hier den Bezirk abzuschotten, zu testen und der Sache auf den Grund zu gehen, hätten die ‚Tiroler‘ selbst entscheiden können.
    Stattdessen treten wir – von einem Vertreter der WKO – einen verbalen und medialen ‚Rundumschlag‘ Richtung Wien los – so ganz nach dem Andreas-Hofer Motto ‚Mander i’sch Zeit‘. Da brauchen wir dann keine ausländischen Politiker mehr, die uns an den Pranger stellen. Das machen wir dann schon selber.

  4. Kurt Hörtnagl

    Sehr geehrter Herr Schöpf!
    Ich habe Sie an dieser Stelle auch schon einmal heftig kritisiert, weil ich ganz anderer Meinung war als Sie, aber Ihre Meinung in „Bitte nicht so jammern“ in der TT vom Sa 20.2. spricht mir sprichwörtlich aus der Seele.
    Ich denke, wenn ich im ORF (bes. in der ZiB um 22.ooUhr) das ständige Gejammer und Krankgerede höre, an meinen Vater. Er war, so wie viele, viele andere, 7 Jahre an der Front und kam mit einem zerschossenen Fuß heim, betrieb seine kleine Bergbauernlandwirtschaft und jammerte nie. Ich hörte ihn nur manchmal sagen: „Gott sei Dank ist der Krieg vorbei“.
    Ich stelle mir manchmal die Frage, wieviel das ständige Gejammer vieler Medien dazu beiträgt, dass viele Menschen psychische Probleme haben. Ich frage mich auch immer wieder, woher unsere Jugend Zuversicht und vor allem eine gewisse Zufriedenheit gewinnen kann, wenn alles nur „schlecht“ ist, was gemacht wird.
    Pater Sporschill, der in Rumänien die Roma betreut, meinte einmal: „Schau auf das, was du hast, und nicht auf das, was du nicht hast.“
    Also nochmals: Bravo und herzliche Gratulation zu Ihrem Artikel!

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