Gerda Walton
Frühlingserwachen

Eigentlich ist es ja schon seltsam, dass einem so manches aus der weit zurückliegenden Schulzeit wie festgemauert in der Erden im Gedächtnis bleibt, während der Großteil dieses zumeist eher unfreiwillig erworbenen Wissens irgendwann dem Vergessen anheimfällt.

Aber wenn der Frühling, so wie jetzt, mit Gewalt über uns hereinbricht, wem fällt dann nicht die für einen dichtenden Geheimrat doch sehr prosaische Betrachtung ein, dass die Eier billiger, die Mädchen williger …, ich beende das Zitat nicht, denn jetzt wird es undamenhaft und ist ohnehin (hoffentlich noch) geläufig! Goethe bleibt Goethe und ein Dichterfürst darf sich bekanntlich mehr gestatten.

Zum Glück kann man heutzutage ja so gut wie alles googeln, und folglich auch nach so vielen Jahren immer noch Goethe’s anderweitigen Frühlingsgefühlen nachstöbern. Für sein Veilchen- Gedicht ist es ja noch zu früh im Jahr, aber etwas habe ich doch gefunden, was er gestern in meinem Garten geschrieben haben könnte, als eine Bienen- Kundschafterin eine erst vor wenigen Minuten auf den Gartentisch gestellte Hyazinthe mit deutlich erkennbarer Begeisterung abzuernten begann.

Ein Blumenglöckchen
Vom Boden hervor
War früh gesprosset
In lieblichem Flor;

Da kam ein Bienchen
Und naschte fein: –
Die müssen wohl beide
Füreinander sein.

Vermutlich hat er ja noch viel mehr über den Frühling geschrieben, aber das zu googeln hatte ich keine Zeit mehr, da ich sofort zu meinem Lieblingsgärtner fahren musste, um meine allzu bescheidene Bienentankstelle für die zu erwartende und auch bereits eingetroffene „Bienen-Frauschaft“ zu vergrößern. Das sollten eigentlich alle ganz rasch tun, die für die Menschheit nach Corona doch noch eine Zukunft sehen.

Gerda Walton

Gerda Walton ist ein wandelndes botanisches Lexikon. Sie hat in den letzten Jahren weit über 600 Gärten dieser Welt bereist, die sie mit viel Einfühlungsvermögen auch fotografisch festgehalten und über die sie zahlreiche Artikel in renommierten Gartenzeitschriften geschrieben hat.

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