Friedrich Hahn bespricht:
Sabine M. Gruber
ALLES GUT. AM ENDE
Roman

Ein lieber Kollege meinte unlängst, er gestalte seine Bücher nur noch so, dass man sie nicht mehr aufmachen und lesen muss, (…) wer das Cover liest und für sich deutet, hat alles richtig gemacht. Mehr sei nicht drin, meinte er noch, als müsste er ein für alle Mal einen Punkt setzen.

Daran musste ich denken, als ich Sabine M. Grubers neuesten Roman in Händen hielt. Das Titelfoto Abendhimmel mit Meeresrauschen – von der Autorin höchstselbst geknipst – zeigt das Flüchtige, das Flüchtige von Wolken. Gemeint ist damit das Vergängliche eines Menschenlebens. Denn man kann davon ausgehen, dass es um Menschen geht, sonst wäre der Roman ja auch als Nouveau Roman angekündigt worden. Und jetzt noch der Titel, der ein Happy End verspricht. Und fertig ist die Geschichte in meinem Kopf.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Immerhin braucht Sabine M.Gruber 386 Seiten für ihre Geschichte, für die Geschichte der Vera Hoffmann, einer Frau über 80, Mutter von drei Kindern, mehr als 40 Jahre im Schuldienst, dreißig Jahre Ehe, 20 Jahre Getrenntsein und seit fünf Jahren Witwe.

Sabine M. Gruber breitet vor uns eine Geschichte aus, die alles enthält: Leid, Liebe, Missverständnisse, Gut-Böse, Familie, Enttäuschungen, Hoffnungen. Sie erzählt Veras Geschichte jedoch nicht linear. Zeitsprünge, Rückblenden und Erinnerungen bilden ein Netz der Unmittelbarkeit. Ob Gegenwart, oder Vergangenheit, es scheint immer ein Jetzt zu sein. Das spricht für die Autorin. 

Veras Geschichte wirkt authentisch und/oder ist vor allem gut recherchiert. Besonders was die medizinischen Details angeht. Im Sinne eines Buches, wie es mein Kollege und Freund, wie eingangs erwähnt, sieht, fehlte am Cover nur noch eine Pille oder eine leere Blisterpackung.

Medikamente braucht es am Ende allerdings nicht mehr. Zumindest nicht, damit es zum Happy End kommt. Sabine M. Gruber hat nach 10 Jahren wieder ein kräftiges literarisches Lebenszeichen gegeben. Prädikat: gehört gelesen.


Sabine M. Gruber: ALLES GUT. AM ENDE, Roman, Bibliothek der Provinz, Weitra 2024, 384 Seiten, € 28,-

 

Hahn Friedrich

Geboren 1952 im Waldviertel / NÖ, schreibt und veröffentlicht seit 1969. 54 Bücher mit Lyrik, Prosa sowie 20 Arbeiten für den Rundfunk und für die Bühne (zuletzt „im rücken des schattens“, die rampe, Stuttgart 2004). Performances (u. a. im Centre George Pompidou/Paris im Rahmen der Polyphonix), Ausstellungen und Kataloge (u. a. „remakes“: Museum Moderner Kunst/Wien, „unterm strich“: Galerie Eichgraben, „allerhand hahn“: CA-Galerie im TZ). Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung und des Literaturkreises "Podium". Lebt in Wien/Alsergrund. www.literaturhahn.at

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