Alois Schöpf
Hofläden leben von der Ehrlichkeit aller.
Apropos

Die sogenannten Hofläden, die immer öfter neben Bauernhäusern oder in Dorfzentren stehen, sind nicht nur ein köstliches und ökologisch vorbildliches Angebot der Direktvermarktung, sie sind auch Ausdruck einer Gesellschaft, die sich darauf geeinigt hat, ehrlich miteinander umzugehen. 

Hofläden symbolisieren somit neben ihrem materiellen Angebot auch einen hohen moralischen Wert, der in keinem Verhältnis steht zu den verhältnismäßig geringen Summen, die in den Kassen landen.

Gerade diese sind es jedoch, die einen Diebstahl, wie er unlängst in meiner Heimatgemeinde Lans sogar auf Video dokumentiert wurde, so unerträglich schäbig machen. Denn in einem Hofladen stecken der Idealismus, der Fleiß und das Wissen von Menschen, die selbst nicht allzu viel haben und die ohne besondere Aussicht auf Reichtum um 30 oder 60 Euro Tagesumsatz viel leisten müssen. 

Dafür sollten sie dann vielleicht auch noch eine diebstahlsichere Kassa und eine datenschutzrechtlich unbedenkliche Videoüberwachung installieren, um die seriösen Kunden eher abzuschrecken und ein paar miesen Gaunern geringere Chancen einzuräumen.

In Lans zum Beispiel wurde der Täter, ein Pole, vom Bauern und einigen, die ihm halfen, mutig verfolgt und gestellt, was in Anbetracht der Tatsache, dass der Betreffende ja eine Waffe hätte haben können, nicht ohne Risiko war. Er wurde der Polizei übergeben und, wie es so schön heißt, auf freiem Fuß angezeigt.

Über Letzteres darf gelacht werden. Denn wahrscheinlich wird die Polizei ihn nie mehr finden. Und selbst dann, wenn sie es tut, bekäme er eine Strafe aufgebrummt, die in keinem Verhältnis steht zum Bruch des gegenseitigen Vertrauens, von dem die Hofläden abhängig sind.

Eine Gesellschaft, in der der Diebstahl zum Alltag gehört, weil man gegen ihn hilflos ist, verliert massiv an Lebensqualität. Das sollten wir nicht einfach tatenlos hinnehmen.

Erschienen in der Tiroler Tageszeitung am 03.08.2024

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Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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