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Helmuth Schönauer
Grüne Umgehungsvorschläge
Stichpunkt

1.
Die Grünen glauben tatsächlich, dass etwas gut wird, nur weil es die Grünen machen. So hat sich seit dem Ausscheiden ihrer beiden Funktionärinnen aus der Tiroler Landesregierung überhaupt nichts geändert, was entweder beweist, dass die Grünen nichts gemacht haben, oder dass die Nicht-Grünen genauso gut grüne Politik machen können.

Ab und zu gibt es aus der Oppositionshaltung heraus eine kleine Wortmeldung, die so etwas wie Aufmerksamkeit für die herbstliche Nationalratswahl erzeugen soll. Solche Aufschreie im Sommerloch wären aber gar nicht nötig, denn die gelernten Wählenden wissen ohnehin, dass es den paar Grün-Kandidierenden nur um ihre Privat-Karrieren geht.

Der Volksmund sagt es überzeugend. Wenn du ein Problem lösen willst, gehst du zu einer Partei mit entsprechender Lösungskompetenz. Wenn du dein privates Ego pflegen willst, gehst du zu den Grünen.

2.
Das Tag-und-Nacht-Thema in Tirol ist bekanntlich der Verkehr, der ruhend und stockend, fließend und ungehemmt, hausgemacht und transitierend das Land heimsucht. Eine frische Facette taucht dabei im Zusammenhang mit dem Naturschutz auf, wenn zu gewissen Zeiten Schutzzonen von Wildcampern heimgesucht werden.

Die Landesregierung fasst daher eine Verschärfung der Campingverordnung ins Auge, wonach unter anderem das wilde Abstellen von Wohnmobilen bestraft werden soll. Aber da kommt schon der grüne Gegenvorschlag um die Ecke. Der sogenannte Mobilitätssprecher Hermann Weratschnig aus Schwaz schlägt vor, asphaltierte Parkplätze für durchreisende Kastenwägen zu reservieren.

Jetzt gibt es selbst unter eingefleischten Verbrennungsfetischisten den Konsens, dass wildes Campen mit einem Motorhome ungefähr das Unsittlichste ist, was man Natur und Bewohnern antun kann. Camper aus ganz Europa einzuladen, doch mit ihren Blechbüchsen bei uns vorbeizuschauen, weil sie so schöne Fahrzeuge haben und wir so gute Parkplätze, erinnert an die fünfziger Jahre, wo man die Kinder an den Straßenrand gestellt hat, damit sie winken, wenn die Touristen vorbeifahren.

Mittlerweile ist das Land rappelvoll mit Verkehr. Niemandem ist also geholfen, wenn man zum anstehenden Kollaps auch noch voluminöse Verbrenner-Kisten einlädt, ihr Scherflein am Desaster beizutragen.

Bei dieser Gelegenheit sei auch auf den feinen sprachlichen Unterschied zwischen Österreich und Deutschland hingewiesen. In Österreich spricht man bei der Umfahrung von Gemeinden von Umfahrungsstraßen, als könne der Verkehr dadurch flüssiger werden. Wird er aber nicht, wie man am Fernpass sieht. In Deutschland redet man von Umgehungsstraße. Da steckt das ehrliche Wort Umgehung drin, mit dem ein Problem trickreich umgangen (auf österreichisch verdrängt) wird.

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Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer (* 23. September 1953 in Innsbruck) ist Schriftsteller und Bibliothekar an der Universität Innsbruck. In seinen Romanen beschreibt er das Alltagsgeschehen skurriler Randfiguren auf dem Weg nach oben. Als beinahe lückenloser Rezensent der Tiroler Gegenwartsliteratur ist er Vertreter der "low lectured edition". Im sechsbändigen Tagebuch eines Bibliothekars sind knapp 5000 Rezensionen aus den Jahren 1982–2018 zu einem durchgehenden Fließtext zusammengefasst, der chronologisch nach Erscheinungsweise der rezensierten Bücher geordnet ist. Dadurch ergibt sich eine zeitgenössische Geschichtsschreibung anhand von Lektüre. Schönauer ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung.

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