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Elias Schneitter
Transparenz in Skandinavien

Die skandinavischen Länder haben hierzulande einen sehr guten Ruf. Sie werden in unseren Medien sehr häufig als die großen Vorbilder genannt, wenn es um das Bildungs- und Sozialsystem, aber auch um den Schutz der Umwelt geht. Sie gelten in all diesen Punkten als die fortschrittlichsten Länder und können auch auf sehr gute Ergebnisse verweisen.

Seit durch Pandemie und Lockdowns weite Teile der Wirtschaft auf staatliche Hilfen angewiesen sind, brodelt die Gerüchteküche, besonders bei uns in Tirol. Es wird kolportiert, dass Hoteliers mit den Hilfszahlungen Golfurlaub machen und viele Tourismusbetriebe noch nie so gut „verdient“ hätten wie derzeit mit den sprießenden staatlichen Unterstützungen.

Von Wirtschaftsseite hingegen wird beklagt, dass die Beiträge des Staates zur Krise nicht oder viel zu spät einlangen, und dass sie häufig nichts weiter seien als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Besonders hart trifft es bekanntlich die Kunst- und Veranstaltungsbranche. Dort herrscht schlicht Untergangsstimmung.

Nun steht außer Zweifel, dass der Schuldenberg, den der Staat notgedrungen angehäuft, uns noch lange beschäftigen wird. Gesellschaftliche Auseinandersetzungen werden sicher die Folge sein: Wer wird für die Tilgung zur Kasse gebeten? Die Reichen? Die Erben? Alle? Also die üblichen Verdächtigen? Die einfachen Steuerzahler?

Wie es nach Corona weitergeht, davon habe ich keine Vorstellung, aber eines würde ich für sehr vernünftig halten: um künftige gesellschaftliche Verwerfungen hintanzuhalten oder zumindest zu versachlichen, sollten wir uns an den Skandinaviern ein Beispiel nehmen.

Dort ist es ganz selbstverständlich, dass im Internet nachzulesen ist, welches Einkommen jemand bezieht und welche Zuschüsse von öffentlicher Seite an Institutionen und Privatpersonen vergeben werden.

Mit der Transparenzdatenbank hat es bei uns bereits einen zaghaften Versuch gegeben, der aber irgendwann, typisch österreichisch, nicht weiterverfolgt wurde. Jetzt, finde ich, dass dieser Schritt – zumindest für alle Bezieher staatlicher Unterstützungen – endlich auch bei uns umgesetzt werden sollte. Das würde für die bevorstehenden Diskussionen, die ohne Zweifel zu erwarten sind, von Vorteil sein und auch gegen die Gerüchteküche vorbauen, da konkrete Daten vorliegen.

Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

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