Bettina Maria König
Valentinstag
Short Story
Er lässt die Tür ins Schloss fallen, stellt die Tasche ab und will, wie er es gewöhnt ist, aus Mantel und Schuhen schlüpfen, überlegt es sich dann aber anders und schlurft mit schweren Schritten den vertrauten Flur entlang Richtung Küche.
Dabei stolpert er über ein Paar Kinderschuhe. Er flucht leise.
Aus der Küche hört man ein verwundertes „Schatz, bist du das?“ und Geschirrklappern.
Er antwortet nicht, bleibt kurz stehen, betrachtet seinen Ehering und dreht ihn am Finger.
Jetzt scharf: „Schatz?!“
Er blickt auf, in den Flurspiegel, aber dann erträgt er seinen Anblick nicht.
Sein Körper strafft sich, energisch öffnet er die Küchentür und stößt fast mit der Frau zusammen.
„Bist du nicht auf Dienstreise? Ist heute nicht Dienstag…? Hast du dich erinnert, dass heute Valentinstag ist? Wie schön! Ich hab’ auch ein Geschenk…“.
Sie sieht seinen Gesichtsausdruck, ihr Wortschwall verstummt.
„Was ist passiert?“, fragt sie tonlos.
„Ich… ich muss mit dir reden…“, stammelt er.
Die Pause, bevor er weiterspricht, dehnt sich wie Kaugummi.
„Ich gehe“, murmelt er schließlich, wie nebenbei.
„Wie – du gehst? Du bist ja gerade erst gekommen…“
Die Ratlosigkeit schraubt ihre Stimme in die Höhe.
„Ich…ich meine: Ich verlasse dich.“
„Du tust waaas?“ – das letzte Wort dehnt sie beinahe unendlich.
„Ich gehe“, wiederholt er kleinlaut und betrachtet seine Fingerspitzen.
Sie wird bleich und hält sich an der Küchenzeile fest, gegen die sie sich gelehnt hat: „Du verlässt mich?“, fragt sie, und ihre Stimme wird schrill.
Sie denkt sichtbar nach.
„Du hast eine andere!!“, bricht es aus ihr heraus.
Er betrachtet das verzerrte Gesicht seiner Frau.
„Ich habe keine andere. Aber ich halte deine Anfälle nicht mehr aus.“
Sie fängt an hysterisch zu schluchzen. Seine Stimme wird betont sanft.
„Und wir haben uns ja auch auseinandergelebt, das weißt du doch selbst…“.
„Was soll das denn jetzt heißen?“, schreit sie auf, ihr blasses Gesicht bekommt rote Flecken.
„Nichts… Ich meine nur…“, sagt er mit zunehmend unsicherer Stimme und weicht zurück. Sie geht bedrohlich einen Schritt auf ihn zu.
„Wir… wir lieben uns doch nicht mehr…“, stottert er nun.
Sie ist außer sich.
„Du hast eine andere! Gib es doch zu! Gib es endlich zu!“
Ihre Stimme überschlägt sich hysterisch.
„Deine Eifersucht ist echt krankhaft…“
Er wird jetzt wütend und dreht sich um.
Ein Telefon läutet.
Stille.
Dann realisieren beide: Es ist sein Handy.
Er nestelt es hektisch aus seiner Manteltasche, erleichtert über die Unterbrechung, und drückt rasch auf die Annahmetaste.
Eine ärgerliche Frauenstimme: „Wann kommst du endlich nach Hause?!? Heute bist du dran mit den Kindern, du weißt genau, dass es bei mir dienstags immer spät wird!“
Der Mann zuckt zusammen; ihm wird schlagartig klar, dass er die Lautsprecherfunktion seines Handys aktiviert hatte. Er tippt hektisch in sein Telefon, da hört er das Geräusch einer Schublade, die energisch zugeworfen wird. Er schaut auf.
Aus dem Augenwinkel sieht er das Aufblitzen eines Messers.
Zwei parallele Leben hat sich der „Schatz“ aufgebaut…. ja, das hört man ab und zu. Es sind aber nicht alle Männer so und auch die Frauen lassen nicht gleich die Messer aufblitzen, hoffe ich zumindest! Für eine Kurzgeschichte finde ich es prima, das geht in Richtung Krimi. Auch sehr gut geschrieben, man bleibt dran….auch wenn man‘s eilig hat, wie ich jetzt! 👍👏😩