Print Friendly, PDF & Email

Stephan Eibel
wollt ein wort erfinden, tinos, bist du traurig
Drei Gedichte

wollt ein wort erfinden

wollt ein wort erfinden
das schöner als gänseblümchen
wollt ein wort erfinden
das einen ins hoch bringt

um nicht vergessen zu werden

den schönen wörtern nachjagen
außer atem kommen, nach luft schnappen
mehr is net drin im repertoire

im regen stehen gelassen zu werden
nicht gut

bei regen sich unterstellen können
schon gut


tinos

der nachbar läutet an der tür
er hat etwas gehört
ist extrem empört

ein mann mit wehem
bein hat sein schwarzes
herz erbrochen

eine weiße blieb stehen,
wollt mit ihm
spazieren gehn

er hat sie mit
einem messer bedroht
seither ist sie tot

wenn das auch
nicht stimmt, wer angst
macht, gewinnt


bist du traurig

bist du auch traurig
über fünfhundert junge
russen, die an einem tag

obwohl du auf seiten
der freiheit, der demokratie
der ukraine stehst ?

bist auch traurig
wenn du bilder siehst
immer die gleichen

vom gaza streifen
wo immer die männer
verletzte kinder tragen

inmitten von schutt
eingestürzten gebäuden
und keinem blauen himmel?

bist du auch traurig
den hass der hamaskämpfer
in videos zu sehen

und ist es nicht mehr als hass
auf jungen getöteten
juden zu tanzen

die vor stunden noch
am fest des musikfestivals
für frieden aller
das leben feierten

schaust du dir katzenvideos an
schimpfst auf die menschheit
oder betrinkst du dich?

ich muss noch eins sagen
es fällt mir schwer
ich bestell noch einen liter
sie haben babys verbrannt!

Wenn Ihnen schoepfblog gefällt, bitten wir Sie, sich wöchentlich den schoepfblog-newsletter zukommen zu lassen, und Freundinnen und Freunde mit dem Hinweis auf einen Artikel Ihres Interesses zu animieren, es ebenso zu tun.


Weitere Möglichkeiten schoepfblog zu unterstützen finden Sie über diesen Link: schoepfblog unterstützen

Stephan Eibel

Stephan Eibel wurde 1953 in Eisenerz in der Steiermark geboren und lebt seit 1979 als freier Schriftsteller in Wien. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre und studierte Soziologie. Zuerst arbeitete er als Lohnverrechner, ab 1976 war er als Leiter der Autorensendereihe „Literatur im Untergrund“ für den niederösterreichischen Rundfunk tätig. Er ist Autor von Lyrik, Erzählungen, Romanen und Theaterstücken, zuletzt erschienen: Sofort verhaften! (Roman, 2008) und Licht aus! (Lyrik, 2012).

Schreibe einen Kommentar