Brief aus der Schweiz:
Urs Heinz Aerni
Die Rückkehr ins Gestern
Notizen
Kehren wir wieder zurück? Von der aufgeklärten Demokratie ins Zeitalter der Könige und Kaiser vor der Französischen Revolution? Beerdigen der Kapitalismus und der Nationalismus die Aufklärung, die Allgemeinbildung und die demokratische Freiheit und ihre Werte Schaufel für Schaufel? Warum ist das möglich?
Kapitalismus und reine Renditemaximierung lassen, gekoppelt mit dem Nationalismus, die Vielfalt der Medien und den kritischen Journalismus, die sogenannte Vierte Macht im Lande erodieren. Große Medienhäuser lagern die Wertschöpfung der Werbung in neue digitale Angebote aus, so dass dem Kerngeschäft – dem Journalismus – die finanzielle Grundlage entzogen wird.
Arbeitsstellen in den Redaktionen werden aufgehoben, Regional- und Lokalmedien zusammengestrichen. Medien werden zu PR-Plattformen und News-Apps begrenzen sich auf Schlagzeilen. Statt sich auf den Qualitäts-Journalismus zurückzubesinnen, lassen sich die Medienverlage durch das schnelle und viele Geld vom digitalen Zirkus verführen.
Diese immens erfolgreichen Geschäftsmodelle werden gekapert von geldschweren Menschen für eine Hirnwäsche, die alle anderen Varianten von Anschauungen und Informationen wegspülen. Inzwischen müssen Konsumenten und Bürger eine hohe Medienkompetenz besitzen, um die Herkunft der Infos und Kommentare überhaupt einschätzen zu können. Doch was geschieht?
Immer mehr Zeitgenossen tummeln sich auf Sozialen Medien in Kreisen, die genau in das festgezurrte Weltbild passen. So entsteht ein Tunnelblick auf die Welt, chancenlos andere Sichtweisen, Erfahrungen und Ideen wahrzunehmen. Es entstehen geschützte Werkstätten im Geiste. Was früher die Hörigkeit gegenüber Kirche und Kaiser geistig erblinden ließ, tut es heute die Bubble, aus der keiner mehr heraus will.
Fazit: Die Errungenschaften in der Kommunikationstechnik werden zu einem Eigentor für alle, die Pluralismus, Denkfreiheit, Demokratie und Menschenrechte als die Grundwerte für eine Zukunft der Vernunft und Verantwortung sehen.
Die Menschheit begann sich im 19. Jahrhundert von der Macht der Staaten und Kirchen durch Aufklärung und Eigenverantwortung zu befreien, um sich im 21. Jahrhundert wieder unter die Macht von superreichen Egozentrikern zu verkriechen.
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