Thomas Nußbaumer bespricht:
Dreikönigskonzert in Salzburg
Einer der weltweit führenden Bläserphilharmonien
"Salzburg Wind Philharmonic" unter Hansjörg Angerer
gratulierte Johann Strauss.

Dem Jahresregenten Johann Strauss Sohn (1825–1899), der vor 200 Jahren im damaligen St. Ulrich bei Wien (heute ein Teil des VII. Bezirks) geboren wurde, widmete die renommierte Salzburg Wind Philharmonic unter der Leitung ihres Chefdirigenten Hansjörg Angerer ihr Dreikönigskonzert 2025 im ausverkauften Großen Festspielhaus in Salzburg. Happy birthday, Johann Strauss! lautete das Motto der Matinee. Das Konzert mit Werken des Jahresregenten sowie diverser zeitgenössischer Gratulanten – darunter Größen wie Jacques Offenbach, Johannes Brahms und Richard Wagner – war ein großes musikalisches Fest und ein Plädoyer für die hohe Kunst der Bläsersymphonik.

Ein verdienter Schlussapplaus für Hansjörg Angerer und sein Orchester © Salzburg Wind Philharmonic Ein verdienter Schlussapplaus für Hansjörg Angerer und sein Orchester © Salzburg Wind Philharmonic

Hansjörg Angerer, geboren in Rattenberg am Inn, begann seine Laufbahn als Hornist des Innsbrucker Symphonieorchesters und Leiter der Hornklassen der Konservatorien in Innsbruck und Feldkirch. Bald schon folgten Professuren am Mozarteum Salzburg und an der Musikhochschule Nürnberg. Zudem konzertierte er mit verschiedenen internationalen Orchestern als Solist und war auch als Kammermusiker zu hören.

Zu Angerers besonderen Leistungen zählt die Gründung der Salzburg Wind Philharmonic, die auf das Jahr 2002 zurückgeht. Damals noch als Bläserphilharmonie Mozarteum Salzburg ein Orchester für Studierende und Lehrende der Universiät Mozarteum Salzburg setzt das Orchester seinen erfolgreichen Weg seit Sommer 2022 unter dem neuen Namen Salzburg Wind Philharmonic als GmbH sowohl selbständig als auch unabhängig fort.Der Klangkörper vereint Musikerinnen und Musiker der renommiertesten europäischen Orchester, Solistinnen und Solisten sowie internationale Preisträgerinnen und Preisträger. Als Konzertmeister fungiert seit vielen Jahren der Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker Wenzel Fuchs.

Die Dreikönigskonzerte der Salzburg Wind Philharmonic sind äußerst beliebt und auch am 6. Jänner 2025 war das Große Festspielhaus wieder ausverkauft. Man war gespannt, wie Walzer, Märsche, Polkas und Ouvertüren von Johann Strauss, die man sich ohne melodieführende und Nachschlag spielende Streichinstrumente kaum vorstellen kann, klingen, wenn sie auf rund 20 Klarinetten sowie Flöten, Oboen, Fagotten, Saxofonen, Hörnern, Trompeten, Posaunen, dem Euphonium und der Basstuba gespielt werden.

Es darf vorweggenommen werden, dass man schon nach kürzester Zeit Violinen, Bratschen oder Celli nicht mehr vermisste, zumal in den feinsinnig ausgetüftelten Arrangements von Albert Schwarzmann ohnehin sechs Kontrabässe die tiefen Register schlank erscheinen ließen und die Harfe den Begleitstimmen eine zusätzliche Note verlieh. Der Eindruck von Stimmigkeit der Besetzung war aber auch auf ein vielseitiges Schlagwerk, das das Spektrum der Klangfarben erweiterte, aber auch ganz besonders auf die geschickte Amalgamierung der Bläserklangfarben zurückzuführen, aus der der spezielle Sound von Angerers Salzburg Wind Philharmonic, für den das Orchester berechtigterweise gerühmt wird, resultiert.

Die Salzburg Wind Philharmonic im Großen Festspielhaus Salzburg © CSP (Christian Schneider)

Der erste Programmteil gehörte ausschließlich dem Jahresregenten, gespielt wurden zunächst ausgewählte Werke aus Strauss-Operetten bzw. Konzertstücke nach Operettenmotiven. Man hörte den Marsch Wo uns’re Fahne weht aus Die Göttin der Vernunft, die Ouvertüre von Eine Nacht in Venedig, die Fledermaus-Quadrille, die Polka Mutig voran! aus der Operette Simplicius und den Kuß-Walzer aus Der lustige Krieg. Anschließend folgten Strauss-Klassiker wie die Polka Mazur Fata Morgana mit ihrer überraschenden Wendung nach Dur am Schluss, die Polka ‘S gibt nur a Kaiserstadt, ‘s gibt nur a Wien, die musikalischen Scherze Perpetuum mobile und Champagner-Polka sowie die schnelle Polka Unter Blitz und Donner.

Angerer ist ein sehr umsichtiger Dirigent, der stets das richtige Tempo vorgibt, sich gerne auf die lyrischen und bildhaften Einfälle dieser trotz ihres Unterhaltungswerts tiefgründigen Musik einlässt und souverän die Agogik der weitausholenden, tänzerischen Melodien des Walzerkönigs ausspielt. Andererseits liebt er auch die Virtuosität von Strauss’ Musik, ihre blitzenden Läufe und Figuren, die rhythmischen Finessen und Temposteigerungen. Das auf höchstem Niveau agierende, klanglich ausbalancierte Orchester kann Angerers Gestaltungsideen hervorragend umsetzen. Dass im ersten Drittel des Programms ein Missverständnis unter den Musikern dazu führte, dass eine Passage neu anzufangen war, fällt angesichts der Qualität der Darbietungen nicht ins Gewicht.

Im zweiten Programmteil standen imaginäre Gratulanten des Gefeierten im Vordergrund: neben seinen Brüdern Eduard und Josef Persönlichkeiten wie Jacques Offenbach, der dänische Tanzkapellenmusiker Hans Christian Lumbye, Josef Hellmesberger jun. sowie Giuseppe Verdi, Johannes Brahms und Richard Wagner. Sie alle schätzten Johann Strauss und kannten ihn überwiegend persönlich.

In schlüssiger Abfolge waren teils Ohrwürmer, wie etwa Offenbachs Cancans aus den Operetten Orphée aux enfers und Robinson Crusoe oder Brahms’ Ungarischer Tanz Nr. 1 in einem besonders eindrucksvollen Arrangement von Schwarzmann, sowie hochkomplexe Musik, wie etwa Verdis Ballettmusik aus dem 3. Akt der Oper Macbeth und Wagners Vorspiel zum 3. Aufzug von Lohengrin zu hören. Sowohl hier als auch bei der Wiedergabe virtuoser Konzertstücke wie Lumbyes Champagner-Galopp oder Hellmesbergers Dans diabolique präsentierte sich die Salzburg Wind Philharmonic im richtigen Flow, die Stücke erklangen wie aus einem Guss. 

Das beschwingte, mitreißende Konzert endete vor dem Zugabenteil mit einer innigen, glänzenden Interpretation des Kaiser-Walzers. Happy birthday, Johann Strauss!


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Thomas Nußbaumer

Thomas Nußbaumer ( geb.1966 in Hall in Tirol) ist ein österreichischer Musikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Volksmusikforschung / Ethnomusikologie. Nußbaumer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Innsbrucker Sitz der Universität Mozarteum Salzburg, Abteilung für Musikwissenschaft, Abteilungsbereich Musikalische Volkskunde, seit 2010 als Universitätsdozent für Volksmusikforschung. Daneben arbeitet er als freier Kulturjournalist.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Thomas Nußbaumer

    Lieber Helmut, vielen Dank für den Hinweis – nur: das Konzert auf Servus.on (zum Nachhören bis 5.2.) ist eine Wiederholung des Dreikönigskonzerts von 2023. Liebe Grüße, Thomas

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