Susanne Preglau bespricht:
The Rocky Horror Show
am Tiroler Landestheater
Das Musical von Richard O’Brian wurde 1973 auf einer kleinen Studiobühne in London uraufgeführt. Die Kinofassung The Rocky Horror Picture Show (1975) gilt heute als Kultfilm. Mehr als ein halbes Jahrhundert später hatte nun das Musical am 11.Oktober 2025 am Tiroler Landestheater Innsbruck Premiere.
Die Geschichte basiert auf den Science Fiction- und Horrorfilmen der 50er Jahre, nimmt Anleihen bei Frankenstein und Dracula und knüpft an die Glam-Rock-Ära und die im Zuge der sexuellen Befreiung der 60er Jahre erstmals mögliche Thematisierung von Transvestitismus und Queerness an.
Die Geschichte
Das frischverlobte und konservativ-verklemmte Paar Brad und Janet (im Film dargestellt von Susan Sarandon) gerät nach einer Reifenpanne im Regen auf ein gruseliges Schloss im Wald.
Empfangen von dem bediensteten Geschwisterpaar Riff Raff und Magenta gelangen sie auf ein skurriles Fest (Let’s do the Time Warp again) des Hausherrn, des exzentrischen außerirdischen Wissenschaftlers Dr. Frank´n´Furter vom Planeten Transsexual aus der Galaxie Transsylvania (Sweet Transvestite), der sich als äußerst sexuell attraktiv, aber auch als tyrannisch und skrupellos erweist.
In seinem Labor erschafft er das künstliche Lebewesen Rocky, das ihm als sexueller Gespiele dienen soll, während er seinen bisherigen Gefährten Eddie tötet und später seinen Gästen zum Essen serviert. Er verführt sowohl Janet als auch Brad, dann kommen auch Janet und Rocky zusammen (Touch-a, touch-a, touch me).
Dr. Scott erscheint – einerseits Eddies Onkel, andererseits Lehrer von Brad und Janet, die sich seit der Schulzeit kennen und den sie ursprünglich besuchen wollten. Schließlich meutern Riff Raff und Magenta. Sie töten Frank´n´Furter und heben mitsamt dem Schloss heimwärts auf ihren Planeten ab. Die Erdlinge Janet, Brad und Dr. Scott bleiben zurück.
Die Aufführung
Diese Geschichte zwischen sexueller Befreiung einerseits, Macht und deren Missbrauch andererseits wird nun am Tiroler Landestheater neu erzählt.
Seit damals hat sich viel verändert – etwa die gesellschaftliche Akzeptanz von Lust und Sexualität, von Diversität und Queerness, die in den 1970er Jahren so nicht vorstellbar war. Deshalb hat sich die Geschichte zunächst auch nur im Untergrund und im kleinen Rahmen zum Kult entwickelt.
Dieser Kult wird heute genussvoll, bunt und mit viel Schwung zelebriert. Am Beginn, bevor Brad und Janet (Tommy Fischnaller-Wachtler und Lisa Schrammel), in Frank´n´Furters Schloss kommen, trennt ein dünner, durchsichtiger Vorhang Zuschauerraum und Bühne, auf den durch Videos im Großformat das Geschehen auf der Bühne verdoppelt wird. Zunächst hat man das Gefühl, man sitzt im Kino und nicht im Theater.
Aber mit der Ankunft der Beiden im Schloss – mit vielen Treppen auf der Drehbühne und der fünfköpfigen Band auf der Dachterrasse (geleitet von Hans Jörg Sofka) – ist man als Zuschauer auch im Theater angekommen.

Tommy Fischnaller-Wachtler und Lisa Schrammel
Empfangen vom Geschwisterpaar Riff-Raff (Pasquale di Filippo) und Magenta (Petra Alexandra Pippan), die sich von dienstbaren Geistern zur Meuterei gegen den verführerischen Machthaber Frank´n´Furter entwickeln, und mit den vielen Anderen, die in seinem Gefolge und seinem Bann stehen, ist das gesamte Ensemble ausgezeichnet besetzt.

Philipp Moschitz
Philipp Moschitz überzeugt als verführerischer Machtmensch Frank´n´Furter, Andrea de Majo als unfassbar erotische Kunstfigur Rocky. Apropos Erotik: Hier kommt der dünne Vorhang wieder zum Einsatz, hinter dem Frank´n´Furter sowohl Janet als auch Brad, auf einen Sockel wie für eine Statue gebettet, verführt. Hier paart sich Erotik und Geilheit mit Ironie und Witz.

Andrea de Majo
Ein Highlight der gelungenen und witzigen Inszenierung (Regie Paul Spittler) ist auch der Auftritt Eddies am fliegenden Motorrad – der schließlich am Himmel schwebend, von Frank´n´Furter mit Pfeil und Bogen abgeschossen wird. Beim Servieren seiner Leichenteile an die Festgäste und der Meuterei am Schluss mit Laserkanonen in Penisform wird der Klamauk allerdings dann ziemlich weit getrieben.
Die am Beginn vom Erzähler ausgesprochene Aufforderung an das Publikum zum Mitmachen wurde im Lauf der Premierenaufführung erfüllt – und mündete in frenetischen Applaus.
Fotorechte: Tiroler Landestheater / Konrad Fersterer
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