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Reinhard Kocznar
Wir Weicheier
Essay

Wir Weicheier: Warum wir uns nicht mehr wehren können und was dagegen zu tun ist– so lautet der Titel eines Buchs des renommierten israelischen Militärhistorikers Martin van Creveld.

Aus dem Klappentext: Das Problem beginnt schon bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die viel stärker kontrolliert und überwacht, zugleich aber weniger gefordert werden als dies in früheren Zeiten der Fall war. Auch Politik und Medien tun, was sie können, um die Verteidigungsbereitschaft zu schwächen.

Da kann man hinsehen wo man will, es zeigt sich ein tristes Bild.


Weichei zum Ersten

Ein aktuelles Beispiel ist eine Presseaussendung der Tiroler Polizei vom 30.5.2023. Übertretung nach dem Versammlungsgesetz in Innsbruck:

Mehrere Klimaaktivisten blockierten am 30.05.2023, zwischen 07:00 Uhr und 08:30 Uhr, den Kreisverkehr Innsbruck Mitte… Die Versammlungsleiterin wird diesbezüglich an die zuständige Verwaltungsbehörde angezeigt.
Ein 55-jähriger Österreicher und ein 67-jähriger Österreicher werden wegen „Verhinderung oder Störung einer Versammlung“ an die Staatsanwaltschaft Innsbruck angezeigt.

Die sogenannten Aktivisten werden, beschränkt auf die Versammlungsleiterin,  nur an die Verwaltungsbehörde angezeigt, hingegen jene, denen die nebenbei unangemeldete Versammlung auf die Nerven gegangen ist, an die Staatsanwaltschaft. Quod licet iovi non licet bovi: Was grünen Wohlstandsbürgern erlaubt ist, ist es noch lange nicht den autofahrenden Ochsen.


Ein Blick über den Zaun.

In Großbritannien verbietet der neue Public Order Act Straßenblockaden, Festketten und Festkleben. Als eine Gruppe die Krönung von König Charles auf ihre Art feiern wollte, fehlte bereits deren Führer Graham Smith sowie fünf weitere seiner Genossen, sie waren verhaftet. Man hatte bei ihnen Gegenstände gefunden, mit denen sie sich festketten konnten.

In Deutschland stellte eine YouGov-Umfrage fest: Klimakleber sind noch unbeliebter als das Gendern. Drei Viertel der Umfrageteilnehmer lehnten Straßenblockaden zugunsten des sogenannten Klimaschutzes ab, kümmerliche 5 Prozent unterstützten das voll und ganz. Das werden die sein, welche von den Journalist:innen und Grün:innen zitiert werden.

Letzteren wird zur Last gelegt, 1,4 Millionen an Spendengeldern auch für Begehung weiterer Straftaten verwendet zu haben. Konten wurden beschlagnahmt. Das macht es einstweilen schwierig, sogenannte Aktivisten fix anzustellen und Autos zu mieten.

Das Landgericht Potsdam hat eine Beschwerde der Letzten Generation abgewiesen. Der Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung wurde durch die Staatsschutzkammer des Gerichtes bestätigt. Die Polizei hatte zuletzt Wohnungen und Räume in sechs Bundesländern durchsucht. Sogar die SPD-Innenministerin Faeser sagte, der Rechtsstaat lasse sich nicht auf der Nase herumtanzen. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft wurde die Homepage der besorgten Bürger:innen abgeschaltet.

Unverzüglich erkannten die üblichen Verdächtigen das als überzogen. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa ermittelte dagegen eine Zustimmung von 58 Prozent.

In Den Haag gab es 1.500 Festnahmen bei einer Blockade. Man hatte diesmal früher gehandelt.

In den USA wurden zwei Klimaaktivist:innen in Washington in Untersuchungshaft genommen. Sie hatten versucht, zum Besten des/der Planet:in eine Degas-Skulptur zu beschmieren. Auf den Bildern vor der Kleckserei sehen sie noch sehr selbstbewusst aus. Ihnen drohen nun Geldstrafen bis zu 25.000 Dollar und fünf Jahre Haft.

Geht ja, könnte man sagen, aber nicht hierzulande.


Weichei zum Zweiten

Das Goldene Weichei des Jahres 2022 verdient der Landesjägermeister. Als die Wolfsplage beim besten Willen nicht mehr kleinzureden war, gab er ein Interview zum Besten, in dem er Drohungen der sogenannten Tierschützer gleich vorab herbeiredete. Die Jäger könnten so einen Wolf nicht einfach entnehmen, wie der weichgespülte Ausdruck lautet. Es gäbe dann Anfeindungen.

Es kam, wie es kommen musste: eine missgelaunte Bärin tötete einen Jogger. Nun ist der Tod nichts Lustiges, aber von einem Bären zerfetzt zu werden, ist wohl das Allerletzte und so ein Ende hat niemand verdient. Diese Unsitte starb mit den Spielen in den römischen Stadien des Altertums aus, auch wenn man die Lebensunwerten vornehmlich den Löwen vorwarf.

In der folgenden Diskussion um die sogenannte Entnahme fand ich von einem Tierschützer die Bemerkung, ein friedliches Zusammenleben von Tier und Mensch müsse möglich sein – Bärli muss bleiben! Auf diesen Schwachsinn auch nur eine Sekunde einzugehen wäre reine Energieverschwendung und nicht CO2-neutral.

Risse von Schafen durch Wölfe sind inzwischen Standardnachrichten. Dass das Wolfilein nicht etliche Schafe aus einer Herde zerfetzt, um sich ein Abendessen zu bereiten, dürfte klar sein. Es ist die Lust am Töten. Tierschützer:innen sorgen sich um Schlachtungen, die schnell und schmerzlos erfolgen. Das Hinmetzeln von anderen Tieren betrifft sie nicht.

Eingeschränktes Verständnis ist allerdings für die nun Besorgten angebracht. Wo waren sie denn, als diese Gesetze erlassen wurden? Sie haben doch alle mitgestimmt, um modern oder wenigstens zeitgemäß zu wirken. Nun klingelt der Wecker und man stellt fest, dass man geschlafen hat.

Auffallend ist, dass in Tirol noch kein Wolf geschossen wurde, in Kärnten zum Beispiel schon etliche.

Brüssel ist aber darauf aufmerksam geworden. Dann wird ja alles gut. Es gibt schon eine Wolfsbroschüre mit 93 Fragen, lese ich. Eine davon lautet: Wie sollte man auf eine Wolfsbegegnung reagieren? Ganz einfach, mit der Wolfsapp. Das Handy auf das Alien richten, fotografieren. Dann kommt die Antwort: Dieser Benutzer ist ein Wolf. Willst du eine Freundschaftsanfrage stellen?

Es wird also wieder ungemütlich, in den Wald zu gehen. Wenn man durch den Wald geht, ist es nützlich, einen groben Knüppel oder besser ein Gewehr dabei zu haben. Wer hat das gesagt? Adolph Freiherr von Knigge in der Ausgabe seines Buches Über den Umgang mit Menschen, Ausgabe von 1792.

Soweit sind wir wieder, und Knigge hat sich übrigens nicht damit befasst, von welcher Seite das Besteck zu nehmen ist, was viele glauben.


Weichei zum Dritten

Der Zivilisationsmensch, gewandt in der urbanen Umgebung und durch das Handy ständig auf dem Laufenden gehalten, etwa über Statusmeldungen von Freund:innen, ist außerhalb der Stadtmauern schnell überfordert.

So kam es, dass eine Gruppe von Tourist:innen aufbrach, um auf eine Alm zu gehen. Das wäre nicht bemerkenswert, hätte es nicht winters um ca. 16:00 Uhr stattgefunden, was schon in die anbrechende Dämmerung fiel.

Diese Blödheit hat tatsächlich stattgefunden und ist schief gegangen. Auch das wäre noch nicht verwunderlich, hätte nicht ein offizieller Führer daran teilgenommen.

Das Goldene Weichei verdient hier die entsprechende Dachorganisation, die diesen Tölpel nicht unverzüglich aus ihren Reihen ausgeschlossen hat. Wie soll man Berg- oder Tourenführer noch ernst nehmen, wenn das ohne Folgen bleibt?

Am Watzmann hatte sich ein Paar von Flachländlern ins Out manövriert. Die Folge war eine umfassende mehrtägige Rettungsaktion mit zwei Hubschraubern und zahlreichen Rettern. Wieder in Sicherheit regten sich die Geretteten auf, dass man ihren Schlafsack nicht gerettet hatte.

Dass sich der Sprecher der Einsatzkräfte nicht auf dieses Niveau herunter begeben wollte, ist verständlich, aber die Äußerung: Ein zurückgelassener Schlafsack steht dabei in keinem Verhältnis zu Leben und Gesundheit von allen Beteiligten, ist doch sehr zahm. Vielleicht sollte man hier deutlichere Worte und spürbare Kosten einsetzen.

In der Sillschlucht hatte sich dieser Tage ein Überforderter verirrt. Der Notruf war nichts weniger als angebracht, alpine Notlage. Ganz so schlimm war es dann nicht, denn er wurde nach ausgiebiger und erfolgloser Suche unversehrt zu Hause angetroffen.


Zuletzt

In diese Zeit passt auch folgende Meldung: 15 Jahre krankgeschrieben: IBM-Mitarbeiter klagt trotzdem auf Gehaltserhöhung.

Seit 15 Jahren ist dieser Mitarbeiter krankgeschrieben und verdient dabei jährlich 54.000 Pfund, somit ca. 62.800 Euro. Wegen fehlenden Inflationsausgleichs klagt er nun seinen Arbeitgeber. Er fühlt sich diskriminiert.

Bei Gericht ist er erst einmal durchgefallen, er legt aber nun Berufung ein. Er sei nicht gierig, er wolle nur seine Familie unterstützen. Ja dann…

Das Weichei prangt im Wappen der zeitgenössischen Zivilisation. Andauernd ist sie mit Retten beschäftigt. Kein Wunder, wenn alles verstanden werden muss.

Peter J. Lawrence hat in seinem bekannten Peter Prinzip eine praktische Methode empfohlen: die Kraft des negativen Denkens. Wenn man Mist sieht, soll man Mist dazu sagen. Es ist auch energiesparender als sich darauf einzulassen.


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Reinhard Kocznar

Reinhard Kocznar ist Versicherungsmakler und lebt in Birgitz. Berufliche Laufbahn: LKW-Fahrer, pragmatisierter Postbeamter, Bankkassier, Geschäftsführer in einem Nachtlokal, dann im Reifenhandel, anschließend Tätigkeit in der Versicherung, zuletzt als Direktor. Seit 30 Jahren selbständig als Versicherungsmakler, während 25 Jahren zweiter Beruf als Leiter eines Softwareentwicklungsteams und Systemadministrator. Als Schriftsteller hat Kocznar bisher 7 Bücher veröffentlicht: Krimis, Thriller, Erzählungen und Essays. Literarisch betreibt er den Online-Buch-Shop: www.hardboiled-krimis.com .

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Klaus Jenewein

    Sie haben Recht, werter Herr Kocznar!
    Es fehlt noch der Marder (beißt Autos zu Schrott), der Waschbär (wäscht seine Wäsche in Dachböden) und und…
    Für die vermaledeiten Klima-Kleber hätte ich auch eine sinnvolle Beschäftigung.
    Die sollen die Berge zusammenpicken anstatt SUV Fahrer zu nerven.

  2. Klaus Jenewein

    Ja, wir sind Weicheier!

    Wir fürchten uns vor Wolf und Bär.
    Obwohl, noch nie hörte ich, dass Wölfe Menschen angegriffen hätten.
    Ich lese von Hunden, Kühen, Stieren, ja sogar Schafe attackieren Wanderer.
    Ich lese über zwei Damen, die von einem Polizeihubschrauber gerettet werden mussten,
    weil sie sich von einem Tier beobachtet fühlten.
    Welches Tier das gewesen sein soll, das entzieht sich unser aller Kenntnis.
    Und ob dem Hubschrauberpiloten gerade fad im Schädel war, nix genaues weiß man nicht.
    Der Ölkäfer!
    Saugiftig, tödlich soll er sogar sein.
    Die Tigermücke überträgt Malaria, oder so Sachen.
    Aggressive Zecken springen uns von Bäumen herab an.
    Und erst die Nosferatu Spinne!
    Eine Asylantin aus Ägypten (wegen dem Gendern wär’s), eingewandert ohne Pass.
    Otter fressen den Fischern die Fische weg, Krähen vernichten Saaten, Biber bauen Biberburgen,
    und überhaupt, und sowieso!
    Müssen wir uns das alles gefallen lassen?
    Entnehmen, erschießen, zertreten, zermatschgern, vergiften oder zumindest arretieren,
    all dieses Geschmeiß und all diese Untiere, jawoll!
    Dann endlich!
    Nur noch die Krönung der Schöpfung hat Bestand.
    Macht Euch die Erde untertan, so steht’s geschrieben.
    Amen und Halleluja!

    Jetzt fallen uns die Berge auch noch auf den Kopf!
    Das hat mit den Viechern allerdings nichts zu tun, wohl wahr.

    Trifft ein Planet die Erde.
    „Na Du schaust aber gar nicht gut aus“, sagt er zur Erde.
    „Was fehlt Dir denn, bist Du krank“?
    „Ja, mir geht’s gar nicht gut.
    Ich habe Menschen!“

    1. Lieber Herr Jenewein!
      Da haben Sie aber fast nichts ausgelassen, immerhin finden die Menschen noch als Krankheit Platz. Damit wären wir ja beim Thema.

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