Reinhard Kocznar
Greenflation
Alle Macht den Räten
Essay
Der Rat, auf Russisch Sowjet und als solcher noch immer aus der ehemaligen Sowjetunion bekannt, wäre eigentlich ein rein repräsentatives Organ des Volkes. Solche mag es auch gegeben haben, dann hatte das Volk aber bald nichts mehr mitzureden.
In der Regel sind diese Sowjets oder Räte rasch zu Systemen geworden, deren einziger Zweck die Zwangsbeglückung anderer ist. Die Webseite Russia beyond schreibt, in der UdSSR war es üblich, dass sogar Fremde auf der Straße ihnen Ratschläge gaben, nach denen sie nicht gefragt hatten – wie sie sich kleiden und benehmen sollten, wie sie Ihre Kinder erziehen sollten und so weiter.
Das klingt unglaublich modern. Um der zeitgemäßen Beglückung weiter Schwung, ein neues Modewort wäre Momentum zu geben, werden zügig Räte erfunden und installiert.
Heute haben wir Sowjets aller Art, den Presserat oder -sowjet etwa, der dafür sorgt, dass alle Journalist:innen dasselbe sagen. Dabei ist das überflüssig, weil sie sich ohnehin zu mehr als 90 Prozent aus dem linksgrünen Lager rekrutieren. Die Herde mag es nicht, wenn Schäflein abseits grasen. In der Regel halten sie auch ohne Hirtenhund eng zusammen.
Der Welternährungssowjet, der wie ähnliche Räte kein demokratisches Defizit hat, sondern eines ist, NGOs (=No Gos) wie Sand am Meer und Besorgte aller Länder arbeiten emsig an Richtlinien, wie sich die Menschheit zukunftssicher zu ernähren hat.
Heimische Klimasowjets werden gestiftet und sehen das Land schon überzogen mit Photovoltaikanlagen, zwischen denen sich Propeller drehen, die auf Phallussymbolen daraus hervorragen. Jede Weltanschauung hat ihre Symbole in die Höhe gebaut und war bestrebt, frühere zu übertrumpfen, jetzt sind die Klimafanatiker an der Reihe.
Die Welt zu einem besseren Platz machen, diese Floskel hat die IT-Branche erfunden und wird nicht müde, sie überall anzubringen. An sich selbst denken sie dabei nicht. Das wäre mit fehlerfreien Programmen leicht zu machen. Mit Programmen, die nicht nebenbei alles ausspionieren, die Daten weiterverwenden und vernetzen, die sie ohne Wissen der zu Nutzern herabgestuften früheren Kunden gewonnen haben.
Die Floskel hat sich ausgebreitet, sie hat die IT-Sandkiste verlassen. Von einem Funken zu sprechen, der übergesprungen ist, wäre allerdings verfehlt. Der Begriff ist mit etwas Zündendem verknüpft, wovon keine Rede sein kann. Hier geht es um Verbieten, Einschränken und Abschaffen, immer um Gouvernantentum.
Beruhigt lesen wir, dass VW in der Kantine die Currywurst abgeschafft hat. Der Veggieday ist ohnehin erste Bürger:innenpflicht, die Stadt Freiburg schreibt in Kitas vegetarisches Essen vor. Das verbessert den sozialen Zusammenhalt.
Eine Pause bei neuen EU-Richtlinien würde uns schaden, titelt eine Tageszeitung. Darunter prangen die Konterfeis zweier EU-Parlamentarierinnen der Grünen. Sie wirken so selbstbewusst, wie es eine Funktionärinnenkarriere möglich macht, gediegen aus einem Guss, unkaputtbar. Der grüne Umbau der Wirtschaft muss vorangetrieben werden, verlangen sie.
Die Anmaßung ist atemberaubend, hat aber weit um sich gegriffen. Unter dem Begriff ESG (Environment Social Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) werden Richtlinien und Wünsche an Geschäftsleitungen formuliert, natürlich von außen und frei von jeder Verantwortung.
Die Realität sieht anders aus. Nicht überraschend berichtet dieselbe Zeitung, dass sogenannte unethische Aktien (Atomenergie, Tabak, Öl, Rüstung etc.) alle anderen Wertpapiere hinter sich lassen, und das in einem 120 Jahre Vergleich.
In der Schweiz rutschen Pensionskassen in die Unterdeckung, finde ich an derselben Stelle, alle Anlageklassen verzeichneten Kursverluste.
In den USA sammelte ein Anti-Woke-Vermögensverwalter mit dem börsengehandelten Fonds Strive US Energy ETF in zwei Wochen 238 Millionen Dollar ein. Der überraschende Erfolg liegt an der Unterversorgung des Energiesektors, weil Vermögensverwalter vermehrt auf das ESG Siegel schauen.
Dieser Fonds investiert in den traditionellen Energiesektor und meint, es sei Zeit zu fracken und zu bohren, ohne sich dafür zu entschuldigen. Man ist dort der Ansicht, dass sich Unternehmen auf hervorragende Leistungen konzentrieren, an Kundenwünschen orientieren, finanziell diszipliniert bleiben und sich nicht die Agenda von außen auferlegen lassen sollen.
Ein bekannter Kommentator sagte einfach Untreue, wenn Vorstände von Aktienfonds fremde Zwecke verfolgen. Ich habe mir das bei einem politisch korrekten Statement der CEO einer österreichischen Versicherung ebenfalls gedacht.
Interessanterweise sehen das maßgebliche Personen auch so, jedenfalls in den USA. Weil dort vieles beginnt, was später auch zu uns kommt, ist es doppelt erfreulich.
US-Generalstaatsanwälte werfen Larry Fink, dem CEO des weltgrößten Investmentfonds Blackrock, vor, die Renten von Arbeitnehmern der Mittelschicht zu gefährden, weil er ESG berücksichtigt. Das betrifft staatliche, kartellrechtliche und treuhänderische Vorschriften. Anstatt für staatliche Pensionsfonds die beste Rendite zu erzielen, verwende er das Vermögen der Bürger, um Druck auf Firmen auszuüben.
Politisch gewählte Staatsanwälte lese ich dort, wo ich diese Nachricht gefunden habe. Vom Volk gewählt, wenn das ein Manko ist, damit kann ich gut leben! Dort sieht man dieser Entwicklung jedenfalls nicht tatenlos zu. Louisiana zieht soeben 200 Millionen von Blackrock ab, 794 sind schon weg, Utah 100 Millionen, Arkansas will mit 128 Millionen folgen. Die Schweizer Großbank UBS steht in Texas auf einer schwarzen Liste, eine 3,4 Milliarden Transaktion findet ohne sie statt. Das alles ist erst der Anfang.
Europa spielt hier die Rolle des gallischen Dorfs auf dem Planeten. ESG ist hauptsächlich eine europäische Angelegenheit. Gleichwohl ist ESG kein Selbstläufer, lese ich in einem besorgten Kommentar. Es hat sogar unerwünschte Wirkungen, das wird anerkannt. Sie stehen allerdings auf keinem Beipackzettel.
Glücklicherweise gibt es dafür auch bereits eingängige Begriffe wie Greenflation. Inflation durch grüne Maßnahmen. So erklärt ist sie eigentlich kein Problem mehr, jedenfalls nicht für die, denen es wichtig ist. Es handelt sich dabei um die einkommensstarke Klasse, denen 10% Inflation kein Kopfzerbrechen bedeutet.
Wohlhabende Innenstadtbewohner und der Teil derer, der aufs Land gezogen ist, drei Autos in der Garage hat und anderen die Eisenbahn predigt.
Für die da unten, die sich inzwischen immer schwerer tun, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, mag die hippe Bezeichnung Greenflation immerhin ein Quantum Trost bringen. Sie wissen, dass die Wohlmeinenden in ihren schicken Refugien auch ein Wort für die da unten haben und man sich die Entscheidung nicht leicht gemacht hat.
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