Leonhard Steiger
Neues aus dem politischen Gruselkabinett
„Illegale Übertragung von Gemeindegut
an Agrargemeinschaften"
Antwort auf einen Leserbrief in der Tiroler Tageszeitung
vom 22. März 2025
Zunächst ist festzuhalten, dass es im konkreten Fall um Gemeindegut geht und nicht um Agrargemeinschaften! Das Gemeindegut ist das Vermögen aller Gemeindebürger, die Agrargemeinschaft ist hingegen eine Organisation der Nutzungsberechtigten am Gemeindegut.
Es ist erwiesen, dass Eduard Wallnöfer schon in den frühen 1950-er Jahren als Landesrat den Auftrag zu Regulierungen mit Eigentumsübertragungen gegeben hat. In weiterer Folge als Landeshauptmann, Bauernbund- und ÖVP-Obmann mit aus heutiger Sicht unglaublicher Machtfülle ausgestattet, hat er diese verfassungswidrigen Regulierungen gefordert und forciert.
Von Landeshauptmannstellvertreter Anton Steixner ist der Satz bekannt: Wallnöfer war stolz, dass das (die Übertragung des Gemeindegutes auf Agrargemeinschaften) gelungen ist.
Im Gegensatz zu den Behauptungen des Verfassers des Leserbriefes hat es zu keiner Zeit die Möglichkeit einer ersatzlosen Eigentumsübertragung von Gemeindegut auf Agrargemeinschaften im Flurverfassungsgesetz gegeben! Die Übertragungen waren gesetzlos und verfassungswidrig, wie der Verfassungsgerichtshof mehrmals festgestellt hat! Daran konnte und kann auch ein Gemeinderatsbeschluss nichts ändern. Unsere Verfassung ist seit 1920 in Geltung.
Auch ist es unrichtig, dass die Nutzungsrechte am Gemeindegut in den Grundbüchern standen; das zeigt uns ein Blick in die Grundbücher! (Ein Obmann sollte all das wissen!)
Richtig ist hingegen, dass nicht jede Alm- oder Waldagrargemeinschaft Baugründe hat und auch, dass nicht jede Agrargemeinschaft reich ist. Andererseits ist es eine Tatsache, dass viele Agrargemeinschaften Grundstücke bis zum Siedlungsrand besitzen, die teilweise Bauland sind, teilweise darüber hinaus große Flächen potenzielles Bauland darstellen.
Allein am Mieminger Plateau sind mehr als 100 ha Bauland an Nutzungsberechtigte gegangen. In Münster waren es nur ca. 30 ha, in Weer wurden unlängst 35.000 m² ehemaliges Gemeindegut – Bauerwartungsland – an 36 Agrarmitglieder um € 1,05/m² verkauft!
Diese Liste der Ungeheuerlichkeiten könnte man noch lange fortsetzen, wobei nicht alles bekannt ist! Aber um all das geht es nur am Rande.
Wesentlich ist: Die Gemeinden waren zu keiner Zeit berechtigt, das Gemeindegut auf einige Privilegierte zu übertragen! Die Nutzungsrechte waren immer schon auf den konkreten landwirtschaftlichen Haus- und Gutsbedarf begrenzt. Der Überschuss gehörte immer schon der Gemeinde!
Das sagt der Verfassungsgerichtshof und nicht die Neidgesellschaft! Da darf es keine Diskussion geben; das ist entschieden! Dabei ist es komplett egal, ob es sich um mehr oder weniger ertragreiches Gemeindegut handelt. Es gehört der Gemeinde!
Lassen wir die Vergangenheit ruhen, aber mit offenen Augen, und schauen wir in die Zukunft. Die Rückübertragung des verfassungswidrig Agrargemeinschaften zugeordneten Gemeindevermögens ist durch ein einfaches Landesgesetz möglich und muss gefordert werden! Erst dann ist ein verfassungskonformer Zustand für das Gemeindegut in Tirol gegeben.
Dorffrieden herrscht erst, wenn Rechtsfrieden herrscht.
Es wäre an der Zeit, dass sich die Landesregierung und mit ihr der gesetzgebende Landtag endlich an die Verfassung hält. Die ÖVP hat es angerichtet, sie hätte es auch schon lange wieder reparieren müssen! Der Spruch des Verfassungsgerichtshofes erfolgte 2008! Vor 17 Jahren!
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