Helmuth Schönauer
Trump-Ass als gutes Blatt
beim Diskutieren
Stichpunkt

1.
Trump klingt nicht umsonst wie Trumpf beim Kartenspiel. Was wir Endverbraucher täglich geliefert bekommen, ist täglich ein Satz neuer Spielkarten und die Aufforderung, nach irgendwelchen Spielregeln Diskussionen darüber zu führen. So machen wir uns also Tag für Tag darüber her, zu analysieren, was uns an Trump gefällt und was nicht.

Dieses Spiel wird auf allen Ebenen bis hinauf nach Brüssel gespielt. Und noch ehe dort die Karten am Spieltisch liegen, kommen aus Übersee schon wieder überraschend neue Regieanweisungen, und die Diskussion kann von vorn beginnen.

2.
Auf unterster Ebene, also da, wo wir uns im Blog witzige Ideen zuschieben, entstehen dabei amüsant gefährliche Geschichten, die das Zeug in sich haben, uns wirklich samt diversen Weltbildern aus der psychischen Stabilität zu werfen.

Also gilt es, sich die oberste Spielregel wieder ins Gedächtnis zu rufen. Ein Spiel ist nur so lange ein Spiel, als jemand in der Lage ist, aufzustehen und zu gehen. Solange wir uns Trump-Diskurse zur Unterhaltung leisten können, ist noch nichts verloren. Wir brauchen einfach nur den Screen zu schließen und spazieren zu gehen, und schon sind wir wieder im Kopf entlüftet und fit.

Solange die Trump-Ideen zumindest als Gegenteil einen Sinn haben, beflügeln sie ja unser Denken, das in Europa oft wie auf einer Schellack als Rille ins Hirn eingebrannt ist.

3.
Eine Idee von der Größe der Verhältnisse liefert der simple Vergleich Brüssel – Washington. Was Trump in der Hauptsache macht, ist das Entlüften und Feuern diverser Apparate, Institute und Behörden, die im Vergleich mit Europa in Brüssel angesiedelt wären. Wir Österreicher sagen ja auch in jedem zweiten Satz, dass wir Brüssel entlüften müssen – Trump tut es.

Auch bei uns hätte niemand etwas dagegen, in Brüssel das Bildungsministerium zu liquidieren, das ja schon seit Jahrzehnten wortlos sich selbst aussitzt und dabei die Renten seiner Beamten bedient. Wir Österreicher haben deshalb neulich einen wütenden Staatssekretär der NEOS nach Brüssel gesandt, der in Aufräum-Manier alle feuern möchte, die Bürokratie produzieren.

4.
Während wir die Liquidation des amerikanischen Bildungsministeriums noch nachklingen lassen, liefert uns der transatlantische Meister aber schon die nächsten Anregungen.

– Wenn wir in der EU erwiesenermaßen nicht in einer Demokratie, sondern in einer Asylokratie leben, sollten wir dann nicht andere Prioritäten setzen und die Grundgesetze so verändern, dass die darin Wohnenden legal leben können? Momentan scheinen viele an der Nase herumgeführt zu werden von Menschenrechten, die aus dem Ruder gelaufen sind.


Wenn wir schon auf eine Kriegswirtschaft zusteuern und Rüstungskapazitäten hochfahren, müssten wir dann nicht im gleichen Ausmaß dazu die Asylausgaben herunterfahren? Denn wenn Krieg ist, ist der illegal Eindringende doch ein Feind. Und den dürfen wir dann wohl nicht mit Sozialfürsorge bekämpfen.

– Wenn der Kontinent tschari ist, wie man so schön sagt, sollten wir nicht einen Plan b machen? Also die Syro-Tschetscheno-Afghanische Phalanx aus Geflüchteten zur Übernahme der Landesverteidigung heranziehen?

5.
So spielen wir also fast täglich mit den Spielkarten das Trump-Spiel vor uns hin wie früher Patience legen, watten weiterhin um die Welt und kommen täglich leerer werdend an den Spieltisch zurück, wo verlässlich das nächste Gedankenspiel wartet.

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Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer (* 23. September 1953 in Innsbruck) ist Schriftsteller und Bibliothekar an der Universität Innsbruck. In seinen Romanen beschreibt er das Alltagsgeschehen skurriler Randfiguren auf dem Weg nach oben. Als beinahe lückenloser Rezensent der Tiroler Gegenwartsliteratur ist er Vertreter der "low lectured edition". Im sechsbändigen Tagebuch eines Bibliothekars sind knapp 5000 Rezensionen aus den Jahren 1982–2018 zu einem durchgehenden Fließtext zusammengefasst, der chronologisch nach Erscheinungsweise der rezensierten Bücher geordnet ist. Dadurch ergibt sich eine zeitgenössische Geschichtsschreibung anhand von Lektüre. Schönauer ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung.

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