Helmuth Schönauer
Die Benko-Villa in Igls
als Tiroler Neuschwanstein
Stichpunkt

Wer in Tirol eine Idee vortragen will in der Hoffnung, sie wenigstens zu Ende aussprechen zu dürfen, muss auf jeden Fall sagen, dass es um einen Nutzen für den Tourismus geht.


Die Idee:

Ein Benko-Museum in Igls würde jede Menge Touristen anlocken und Tirol wieder zu einem Alleinstellungsmerkmal in Sachen Vermarktung von Glücksgefühl verhelfen, das durch Overtourismus und Klimawandel an manchen Tagen gefährdet erscheint.

Tirol hat mit dem Benko, seinem Lebensstil, seiner Kulturauffassung und seiner Anziehungskraft für geschäftliche Begegnungen diesen Schatz zuerst großgezogen und später heimisch gemacht. Was immer etwaige Gerichtsverfahren ergeben, das kulturelle Imperium des Immobilienmoguls kann sich sehen lassen und entspricht in Volumen, Extravaganz und rätselhafter Strahlkraft durchaus dem Auftritt des bayrischen Königs Ludwig II.


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Die ausgestellten Themen des Museums:

1. Nutzung einer Stiftung
Was dem Solitär Benko gelungen ist, nämlich aus dem Nichts heraus ein Vermögen zu machen, indem er sich der Verschlüsselungskraft von Stiftungen bediente, müsste etwa einem Wirtschaftslandesrat mit kluger Beamtenschaft als Rückgrat ein leichtes sein.

Bis die Gerichtsverfahren in Sachen Konkurs des Herrn Benko abgewickelt sind, vergehen mindestens zehn Jahre. In dieser Zeit sollte die Konkursmasse in Form einer Landesstiftung genutzt und vom Land mit Unterstützung des Tourismus verwaltet werden.

Ziel dieser Landesstiftung ist es, ein Benko-Museum für zehn Jahre zu betreiben.

Blauäugig gerechnet (wie in Tirol üblich) entstehen keine Kosten, weil das Benko-Museum in nuce bereits der Republik als Steuerschuld gehört. Die Republik bringt die Steuerschuld in die Landesstiftung ein.

Kern des Museums sollte die Villa in Igls sein, die ja rätselhafterweise als Hotelbetrieb gewidmet wurde. Warum sollte der Tourismus also nicht auch ein Museum als Hotel oder ein Hotel als Museum betreiben?

Das Museum sollte als Kern seiner Aussage zeigen, wie Tourismus, Kunst, Wirtschaft und Marke Tirol miteinander verbunden sind.


2. Netzwerk
Die Devianz von Widmung und Nutzung diverser Einrichtungen sollte ein weiterer Themenkreis des Museums sein. Anhand der Igler Villa lässt sich nämlich zeigen, welche Themenfelder rund um den Begriff Hotel bespielt werden können.

In einer aktuellen Auslegung sollte man beispielsweise das nächstbeste Nebengebäude als Personalhaus eines Hotels widmen und als gemeinnützigen Wohnbau steuerlich nutzen.

Denn alles, was Benko je berührt hat, ist als ein Seitenast der Immobilienkunst zu begreifen. Dazu gehört auch der Innsbrucker Flughafen, der eine Zeitlang gratis als Firmensitz des Jetsets genutzt werden durfte. Letztlich ist jede Nutzung des Flughafens ja eine touristische, diese Zusammenhänge sollten interaktiv in der Museumsvilla gezeigt werden.


3. Wellness
Wellness gilt fallweise als Königsweg der Hotellerie. In der Benko-Villa ist diese Kunst auf ihrem Höhepunkt zu sehen.
In den weitläufigen Grotten und Buchten der Anlage lässt sich mustergültig zeigen, was rund um Corona State of the Art gewesen ist, während allenthalben Lockdowns das Land am Boden hielten.


4. Fuhrpark
Ehe künftig monotone E-Autos den Kontinent überschwemmen, gibt es im Tourismus eine Art Verbrenner-Rallye zwischen einer exklusiven Tiefgarage zur nächsten. Hotels haben zu diesem Zweck Retroabteile in den Tiefgaragen abgetrennt, worin Oldtimer und andere Fuhrpark-Raritäten exklusiv betreut werden, während ihre Besitzer in den Präsidentensuiten im Stile von Mar-a-Lago schlafen.

Das gemeine Volk könnte endlich sehen, wie man im Jetset unterwegs ist, wenn man gerade keinen Heli-Flug zum Chalet genehmigt bekommt.


5. Publikum
Man sollte ehemaligen Arbeitskräften, die im Signa-Imperium unter die Räder gekommen sind, aus der Konkursmasse gratis Eintritt ins Museum verschaffen. Das wäre nur fair, den gekündigten Menschen zu zeigen, wo das Geld hingekommen ist, das man aus ihren Kaufhäusern, Galerien und Betriebsstätten abgezogen hat.

Das Museum sollte als Ort der gut gemeinten Wiedergutmachung verstanden werden und zum Ausdruck bringen, dass es in Tirol mit allen Menschen Solidarität gibt.


6. Geschmack
Die Tiroler leiden generell an Geschmacksleere, und das nicht erst, seit Corona manchen Gaumen taub gemacht hat.
Im Museum könnte das gemeine Touristen-Volk sehen, wie man isst, schläft, speit und toilettet, wenn man alles an Ressourcen für guten Geschmack zur Verfügung hat.

Im Brecht´schen Sinn geht es also nicht darum, zu wissen, wie Reis schmeckt, sondern was er kostet.

Da das Museum quasi fertig ist, könnte man eigentlich morgen schon unter dem Titel Neuschwanstein-Tirol mit seiner Nutzung beginnen. Dieser Tage feiert das Kramsacher Höfemuseum übrigens erfolgreich seinen fünfzigsten Geburtstag. Es könnte in Idee, Ausführung und geistiger Bescheidenheit als Folie für das Benko-Museum dienen.



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Helmuth Schönauer

Helmuth Schönauer (* 23. September 1953 in Innsbruck) ist Schriftsteller und Bibliothekar an der Universität Innsbruck. In seinen Romanen beschreibt er das Alltagsgeschehen skurriler Randfiguren auf dem Weg nach oben. Als beinahe lückenloser Rezensent der Tiroler Gegenwartsliteratur ist er Vertreter der "low lectured edition". Im sechsbändigen Tagebuch eines Bibliothekars sind knapp 5000 Rezensionen aus den Jahren 1982–2018 zu einem durchgehenden Fließtext zusammengefasst, der chronologisch nach Erscheinungsweise der rezensierten Bücher geordnet ist. Dadurch ergibt sich eine zeitgenössische Geschichtsschreibung anhand von Lektüre. Schönauer ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Christian Föger

    Listiges Bergvolk – eine Leistungsschau. Nicht ohne, die Idee …

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