Helmuth Schönauer
Wanderwegenetz zurückfahren?
Stichpunkt
Im Wochenrhythmus fordert der Alpenverein mehr Geld für die Erhaltung des Wegenetzes und der Hütten. Damit gleicht er im Heulton den Sirenen, die jeden Samstag um zwölf probehalber aufjaulen.
Die Öffentlichkeitsarbeit gemeinnütziger Vereine besteht darin, dass sie permanent aufjaulen müssen, weil die Subventionen wieder einmal nicht reichen.
Die Sektion Wegenetz des Alpenvereins hat zum Herbstbeginn einen flächendeckenden Hilferuf abgesetzt, wonach der Klimawandel den Verein grenzwertig herausfordere. Felsstürze, Gerölllawinen und schwächelnder Permafrost lassen die Alpen an manchen Stellen kollabieren. Und nach jedem Gewitter muss jemand ausrücken, um die ärgsten Schäden zu beseitigen.
Wir erbringen ehrenamtlich Leistungen, die der Allgemeinheit und dem Tourismus zugutekommen. Wenigstens den Sachaufwand wollen wir vergütet bekommen.
So weit so gut, außer dass das Gejammere in der allgemeinen Seufzer-Cloud untergegangen ist, weil zur gleichen Zeit auch Künstler, Pensionisten, Öffis und Kliniken ihre Sirenen aufgedreht haben.
Alle leisten Hervorragendes, alle brauchen Geld vom Staat, niemand hinterfragt, ob das Angeforderte überhaupt notwendig ist. Gleichzeitig sind sich alle einig, dass man sparen muss. Und gerade Klima-nahe Vereine wie der Alpenverein propagieren einen smarten Umgang mit den Alpen.
Wie wäre es, wenn man angesichts dieses Sachverhalts das Wegenetz einfach zurückfahren würde? Muss wirklich über jedes Joch eine Wanderautobahn führen, die selbst von Rollator abhängigen Menschen ohne Steigung befahren werden kann? Und sogar ausgewiesene Ruhezonen werden mehrmals am Tag vom Rettungs-Heli heimgesucht, wenn es einen ungeübten Wanderer am Knöchel erwischt hat, weil seine Sehnen sonst nur auf Schreibtischarbeit ausgelegt sind.
Die gleichen Leute, die Mitglied beim Alpenverein sind, von dem sie sich naturnahe Erholung erwarten, sind auch Mitglied beim Automobilclub, der ihnen mit hervorragendem Navi zeigt, wie man auf Schleichwegen durch die Natur hindurch findet. So kann es wie neulich am Fernpass zu verrückten Szenen kommen. Als wegen eines Unfalls die Fernpassstraße gesperrt wurde, zücken die Automobilisten die Alpenvereinskarte und umfahren über Wanderwege den Fernpass.
Offensichtlich wollten sie auch dem Landeshauptmann beweisen, dass ein Tunnel unbedingt notwendig ist.
Schuld an dieser Ausweichmentalität ist aber auch der Alpenverein, wenn er ständig nach Geld für den Ausbau des Wegenetzes plärrt, statt manche Gebiete einfach sich selbst zu überlassen: Als gefährliche Natur, die für den Massentourismus tabu ist.
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