Helmuth Schönauer
Ramponierte Marken
Stichpunkt
Eine Marke gleicht einem Kunstwerk. Sie muss professionell gestaltet und über ein erlesenes Netzwerk vertrieben sein, will sie die Kundschaft ansprechen.
Marke und Kunstwerk sind außerdem zweckfrei, niemand braucht sie, aber jeder schätzt sie. Beide unterliegen einem gewissen Lebenszyklus, die einen enden meist in einer Konkursmasse, die anderen in einem Museum.
Wir Kunden sind von Marken umschmeichelt und direkt angesprochen. Eine Marke verspricht uns neben vielen suggerierten Nützlichkeiten vor allem Heimat. Wenn wir ein Logo sehen und einen Markennamen hören, fühlen wir uns zu Hause. Aufregend wird es, wenn dieses Heimatgefühl plötzlich mit einer anderen Botschaft hinterlegt wird, sodass wir uns hineingelegt fühlen.
Es lohnt sich durchaus, diese Marken-Enttäuschung zu verbalisieren, weil wir dann merken, wie wir selbst ticken und wo wir besonders leicht in die Falle falscher Versprechungen gehen.
Tesla
Bis vor einem halben Jahr war es ein Must-have, einen Tesla zu fahren, wenn man in einer Zukunftsweisenden Sparte arbeitete. Eine berühmte Ikone in dieser Hinsicht war der Zukunftsprophet Matthias Horx, der manche Referate in entlegenen Gebieten nur deshalb hielt, um seinen Tesla herzeigen zu können. Der Inhalt seiner Prognosen war oft schon auf dem Nachhauseweg vom Referat pure Vergangenheit.
Seit der Ober-Tesla Musk zuerst mit Trump-Käppi und Hitlergruß durch die Börsen tourte, um sich anschließend mit dem Käppi-Man zu überwerfen, ist Tesla in einer Image-Krise. Manche nennen es auch Totalverlust des Markenwerts. Wer mit einem Tesla unterwegs ist, muss ihn im Hotel in einer Extrakoje abstellen, damit andere Hotelgäste nicht wutentbrannt stornieren. Und oft geht ein Tesla heutzutage in Brand auf, nachdem er mit einem lupenreinen FUCK besprüht worden ist.
Trump
Einen ähnlichen Markencrash hat innerhalb von hundert Tagen der amerikanische Präsident mit seinem Amt hingelegt. Er hat es geschafft, dass die Marke Demokratie und Präsidentschaft wie ein Messer wirkt, das verletzt und tiefen Wunden hinterlässt. Die größte negative Überraschung ist dabei, dass Trump hinter der Präsidenten Marke sein wahres Gesicht ausgepackt hat. Er ist radikaler Geschäftsmann, sonst nichts. Die Begriffe Marke und Maske sind in seinem Gesicht vereint.
Schellhorn
Einen fulminanten Markencrash, wenn auch in der Welt von Minimundus, hat der Staatssekretär Schellhorn hingelegt. Eben noch als kreativer Koch und Hotelier eine Marke, unter der er das Land wie ein Fünfsterne-Hotel führen wollte, ist er schon beim ersten Anflug von Action gescheitert. Beim Aufräumen des Fußraumes im Dienstwagen ist ihm ein Imageschaden passiert. Er, der überall hineinfahren wollte, um klare Verhältnisse zu schaffen, hat es nicht einmal geschafft, mit der heiligen Kuh Dienstwagen so professionell umzugehen, dass man diesen als Arbeitsgerät außer Diskussion stellt.
Bei der Erklärung seines Dienstwagens verkaufte er das Publikum für blöd, indem er wie Pippi Langstrumpf erklärte, dass acht weniger sei als sechs. Der Audi A8 sei nämlich weniger protzig, weil die Leasingrate billiger ist. Da müssen Werbestrategen von Audi noch was dazulernen. Schellhorn wird seinen fußfreien Argumentationsraum sein Leben lang nicht mehr los werden. Alles, was er sagt, sagt er aus einer geistigen Fußfessel heraus.
Handke
Als Nobelpreisträger für Literatur spielt Peter Handke in der Weltliga. Immerhin ist Österreich eine Weltmacht in Literatur, hat es doch als einziger Staat der Erde zwei lebende Nobelpreistragende für Literatur anzubieten, wenn es darum geht, mit fiktionalem Geschwurbel gegenüber wissenschaftlicher Substanz anderer Sparten zu punkten.
Peter Handke hat sich seine Kernmarke als Text-Popstar klug und frech aufgebaut, man denke nur an seinen Eklat 1966 in Princeton, als er dem Literaturbetrieb Impotenz vorwarf.Später hat er um die Begriffe Flanieren und Müßiggang einen zeitlosen Garten der Poesie angelegt, mit ihm als Hauptdarsteller. Als man ihn gerade im Olymp entsorgen wollte, stellte er sich selbst beim Spazierengehen ein Bein, da er Verständnis für einen anerkannten serbischen Kriegsverbrecher äußerte.
Jetzt ist seine Marke als unbedarfter Flaneur kaputt. Und wir sind alle enttäuscht, weil er mit seiner Antwort auf eine konkrete politische Situation so versagt hat. Aber vielleicht ist die Rolle eines Spaziergängers mit argumentativen Defekten genau jene, die uns Rentner heimlich anspricht.
WE (Wohnungseigentum)
Der Schokoriegel Ryder heißt jetzt Twix, hat man sich bei der Tiroler Wohnungseigentum gedacht und einen stillen Relaunch der Marke initiiert. Als eine Beraterfirma die Rechnung für den Relaunch stellte, musste man etwas Handfestes tun. Man wechselte die Briefköpfe und Hausbeschriftungen aus und nennt sich seither Tiroler Wohnungsbau.
Die Marke WE, die seit Generationen Vertrauen und politische Verlässlichkeit geschaffen hat, indem sie den Begriff Eigentum als etwas Erstrebenswertes vertreten hat, ist nun perdu. Jetzt kommen auch die wahren Gründe für die scheinbar so zufällige Umbenennung zum Vorschein.
Einmal wollte man einen neuen Aufsichtsrat in der gemeinnützigen Gesellschaft installieren und den ehemaligen Landeshauptmann Platter mit einem Ehrenposten (oder einer Medaille) versorgen, zum anderen wollte man den Begriff gemeinnützig ausweiten, indem man jetzt auch Personalgebäude für Hotels gemeinnützig baut.
Das Vertrauen in die Gesellschaft ist jedenfalls dahin, zumal gerade im Immobilienbereich die Akten für Firmengründungen und Umbenennungen vom Grundbuchamt oft direkt in die Staatsanwaltschaft überwechseln.
MCI (Management Center Innsbruck)
Nachdem der Neubau des MCI abgeblasen ist, wird die wahre Delle dieser Bildungsmarke richtig sichtbar.
Jahrelang hat sich das MCI als zukunftsorientierte Studierstätte für jene vorgestellt, die schon im Management stehen und sich durch das Institut weiterbilden und weitervernetzen wollen. Seit man aber erfahren muss, dass das Selbstmanagement des MCI nicht imstande ist, innerhalb von zwanzig Jahren ein Gebäude zu errichten, ist es mit der Glaubwürdigkeit dieser Einrichtung vorbei.
Das Scheitern an einem neuen Gebäude der Politik in die Schuhe zu schieben ist mieses Management, denn Wirtschaften bedeutet ja geradezu, mit und gegen die jeweilige Politik die Ziele durchzusetzen. Wer soll jetzt noch auf eine sündteure Weiterbildungsmarke einzahlen, deren Lehrende nicht einmal imstande sind, sich selbst ein Dach über dem Kopf zu installieren?
Oder ist der Inhalt des MCI vielleicht heiße Luft, wie viele befürchten, dann braucht es aber erst recht keinen neuen Sarkophag, der über das Ganze gestülpt wird.
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