Hannes Parth
Bürokratiemonster "Nachhaltigkeitsberichte"
Ein Überblick zur Situation der Seilbahnunternehmen
in der Schweiz und in Österreich

Im Jänner 2025 trafen sich Seilbahner aus Graubünden und Tirol in St. Anton, um über die Entwicklungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung der EU und die Anpassung der schweizerischen Gesetzgebung zu diskutieren.

Im Jahr 2021 wurde die Initiative Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt von den Schweizer Stimmberechtigten vorausschauend abgelehnt: Trotzdem wird nun mit einer Änderung des Obligationenrechts die Nachhaltigkeitsberichterstattung an eine international abgestimmte Regelung angestrebt. Die Schwellenwerte für die Berichtspflicht wurden dabei bereits an die EU-Regelungen angepasst.

Im Rahmen des Treffens wurden grundlegende Fragen aufgeworfen: Ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in der EU noch gewahrt? Können pragmatische Alternativen zum komplexen EU-CSRD-Standard gefunden werden? Und gibt es eine branchenspezifische Lösung für Seilbahnen in der Schweiz?

Die EU hat Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung mit den klingenden Namen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und European Sustainability Reporting Standards (ESRS) erlassen, die Unternehmen zur Offenlegung von Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten (ESG) verpflichten. Dies betrifft ab 2025 alle Unternehmen, die mehr als 250 Mitarbeiter, mehr als 25 Mio. Bilanzsumme und mehr als 50 Mio. Umsatz haben und dabei zumindest zwei dieser Kriterien erfüllen. 

Die ESRS umfassen zwei allgemeine und zehn spezifische Standards für ESG-Bereiche. Die Anforderungen umfassen 84 Offenlegungspunkte, die insgesamt 1.144 quantitative und qualitative Informationen erfordern.

Die Übergangsfrist zur Umsetzung in die nationalen Gesetzgebungen der EU-Staaten hat bereits am 6. Juli 2024 geendet. In Österreich steht die Umsetzung noch aus.

Diese umfangreiche Berichtspflicht als weiteres bürokratisches Monster stellt auch für mittelständische Seilbahnunternehmungen einen Verwaltungsaufwand dar, den sie personell und strukturell nicht eigenständig bewerkstelligen werden können. Man wird sich also externer Berater mit einem entsprechend hohen finanziellen Aufwand bedienen müssen. 

Aber wer wird dann all diese Berichte auf ihre Verordnungsmäßigkeit überprüfen? Einige Beispiele mögen das veranschaulichen. 

So wurde 2014 der Silvrettaseilbahn AG wegen einer geringfügigen Überschreitung der Einreichungsfrist des Berichtes zum Energieeffizienzgesetz, einem weiteren EU-Bürokratiegesetz, mit einer Strafe gedroht, ein Systemfehler in der Berechnung wurde aber nicht entdeckt. Es hat diesen Bericht also offensichtlich niemand auf dessen Plausibilität geprüft. 

Große Unternehmen wie Credit Suisse und Signa haben mit umfangreichen Berichten das Streben nach Nachhaltigkeit früh zum zentralen Teil ihrer Unternehmensstrategie erklärt und wurden dafür, von wem auch immer, mit hohen Ratings bedacht. Signa zählte sich dabei gar zu den Top 2 % der bewerteten Unternehmen weltweit! Was mit diesen Unternehmen inzwischen geschehen ist, ist ja allgemein bekannt und es stellt sich die Frage nach der Verlässlichkeit der Berichterstattung.

Es ist daher nicht weiter verwunderlich, wenn bei der Tagung die Vermutung aufkam, dass diese Vorschriften mehr auf Reporting als auf die Umsetzung von nachhaltigen Maßnahmen fokussiert sind und es ist sehr fraglich, inwieweit die umfangreiche Berichtspflicht tatsächlich positive Effekte auf die Nachhaltigkeit hat. 

Ein eindrückliches Schaubild von Philipp Holenstein, dem CEO der Arosa Bergbahnen AG brachte es auf den Punkt: Früher lag der Fokus auf dem Tun mit konkreten Maßnahmen zum Schutz unserer Heimat, nun verlegt sich unser Tun auf die Erstellung von Berichten. Unternehmen müssen Lösungen finden, um die Regulierungskosten in einem vertretbaren Rahmen zu halten und gleichzeitig eine echte Wirkung im Bereich Nachhaltigkeit zu erzielen.

Als Ergebnis der Tagung meinten die Schweizer etwas ironisch, dass man die Vortragenden aus Österreich zu möglichst vielen Anlässen einladen müsste, um den Stimmberechtigten in der Schweiz die Augen vor den Folgen dieser Vorschriften zu öffnen. 

Die Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen wurde inzwischen schon einmal mit rund 70 Prozent Nein-Stimmen bachab geschickt. Für uns Österreicher bleibt als Fazit lediglich die Erkenntnis, dass es eines konzertierten Vorgehens zur Erarbeitung eines vertretbaren gemeinsamen Standards bedarf, um den personellen und finanziellen Aufwand für die einzelnen Unternehmen zumindest in erträglichen Grenzen zu halten.

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Hannes Parth

Hannes Parth, geb. 1956, war 36 Jahre lang für die Silvrettaseilbahn AG in Ischgl tätig, bereits im Jahr 1987 wurde er zum Vorstand gewählt. In der Ära Parth wurden über 40 Bahnen mit einem Investitionsvolumen von 707 Mio. € errichtet. Im Ranking der weltbesten Seilbahnunternehmen mischt das Unternehmen heute an vorderster Stelle mit.

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