Günther Aigner
Skifahren als Luxus,
Inflation und weiße Teppiche
Analyse
Wie jedes Jahr im Herbst werden auch heuer die Preissteigerungen bei den Skiticketpreisen heiß diskutiert werden. Wir wollen diese Diskussion etwas besonnener führen und mehr Zeit wie Platz aufwenden, als in den Leitmedien üblicherweise zur Verfügung steht.
Sehen wir uns einen Preiskorb aus 11 österreichischen Skigebieten an. Dargestellt ist jeweils der mittlere Preis für eine Skitageskarte für Erwachsene in der Hauptsaison ohne Preisnachlässe. Die Recherchen wurden vom Autor (ZUKUNFT SKISPORT) durchgeführt. Im Sample überwiegen die sogenannten Premiumskigebiete – somit ist der hier dargestellte Preis mit Sicherheit höher als der österreichweite Durchschnittspreis einer Skitageskarte. Viel wichtiger jedoch als die absoluten Preise sind ohnehin die relativen Preissteigerungen. Hier wird es richtig spannend.
Die mittlere Preisentwicklung einer Skitageskarte in 11 österreichischen Skigebieten von 1990/91 bis 2024/25. Daten und Grafik: Günther Aigner – ZUKUNFT SKISPORT
So hat sich die Skitageskarte im Jahresvergleich (2023/24 zu 2024/25) um 6,2 Prozent erhöht. Im Zweijahresvergleich beträgt die Erhöhung 17,0 Prozent. Im Dreijahresvergleich (2021/22 zu 2024/25) sind es 26,5 Prozent. Man könnte also lapidar feststellen: Wer seit der Pandemie eine Einkommenssteigerung von knapp 30 Prozent erleben durfte, für den ist das Skifahren billiger geworden. Für alle anderen ist es teurer geworden. Letztere werden wohl deutlich überwiegen, denn der VPI (Verbraucherpreisindex, Daten: Statistik Austria) ist im selben Zeitraum um etwa 20,0 Prozent gestiegen.
Und hier würden die üblichen Medienberichte schon wieder aufhören: Die Skiticketpreise sind stark angestiegen, die Löhne hinken hinterher, die Welt ist schlecht, die Skigebietsbetreiber sind Gauner und Halunken! Oder wie der deutsche Kabarettist Volker Pispers häufig zu sagen pflegte: Wenn der Feind bekannt ist, hat der Tag Struktur!
Aber so einfach ist es natürlich nicht. Wenn man nach Gründen und Erklärungen sucht, warum das Skifahren so teuer geworden ist, wird das Phänomen plötzlich überraschend vielschichtig:
1. Qualitätsführerschaft
Seit Jahrzehnten wird vom alpinen Tourismus verlangt, dass er Qualität anbieten soll. Vor allem tourismuskritische Parteien und NGOs verlang(t)en dies regelmäßig. Nun, die österreichischen Skigebiete haben sich das zu Herzen genommen und sich zu den besten Skigebieten der Welt entwickelt. Man könnte es breiter fassen und sagen, dass der deutschsprachige Raum (Österreich, Südtirol, Teile der Schweiz) die weltweite Qualitätsführerschaft erlangt hat – mitsamt dem weltweit führenden Hersteller von Seilbahnen und Liften (Doppelmayr), dem Weltmarktführer bei der technischen Beschneiung (TechnoAlpin) und jenem bei der Pistenpräparierung (Kässbohrer). Die Qualitätstreiber im globalen Skitourismus sind im deutschsprachigen Raum zu finden – und sonst nirgendwo.
2. Ökologieführerschaft
Österreich bzw. der deutschsprachige Raum haben auch die Ökologieführerschaft im Skitourismus erlangt. Nirgendwo auf der Welt kann man ökologisch nachhaltiger Ski fahren. So werden beispielsweise die Seilbahnen und Lifte in Österreich sowie in Südtirol zu annähernd 100 % mit Strom aus erneuerbarer Energie betrieben. Ebenso die Schneekanonen, die zwar ein schlechtes Image haben, aber genauso sauber sind wie die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) oder die Wiener Straßenbahn.
Im Skigebiet selbst gibt es nur noch einen großen Brocken, den man dekarbonisieren kann: Der Diesel für die Pistenpräparierung muss weg. Und das passiert zum Teil schon durch HVO (Hydrotreated Vegetable Oil). Dieser Kraftstoff ersetzt den herkömmlichen Diesel und spart 90 % der CO2-Emissionen ein. Oder anders gesagt: Es bleiben nur noch 10 % des CO2-Footprints über. Skigebiete, die in den letzten Jahren auf HVO umgestiegen sind, gelten somit als weitgehend dekarbonisiert.
Das Skifahren selbst ist somit eine erstaunlich CO2-arme Freizeittätigkeit. Einzig die An- und Abreise fällt ins Gewicht, wie es bei jeder anderen Art des Tourismus ebenso der Fall ist. Man könnte jetzt fragen, warum ausgerechnet die Skigebiete im deutschsprachigen Raum die weltweite Ökologieführerschaft haben. Ich vermute, dass es der große öffentliche Druck der Zivilgesellschaft ist. Keine Zivilgesellschaft der Welt scheint so streng und fordernd mit ihren Skigebieten zu sein wie jene im deutschsprachigen Raum. Und dieser Druck führte in den vergangenen Jahrzehnten zu deutlichen Veränderungen. Auch beim nachhaltigen Pistenbau oder bei der Pflege der Bergwiesen im Sommer ist der deutschsprachige Raum allen anderen Märkten im globalen Skitourismus meilenweit voraus. Jedoch sollte uns klar sein, dass all diese Anstrengungen Geld kosten und über die Skitickets refinanziert werden müssen: There is no free lunch!
3. Klimawandel, Maschinenschnee und weiße Teppiche
Der Klimawandel hat den Skitourismus fest im Griff. Die Winter sind milder geworden und die Schneegrenze ist nach oben gestiegen. Fehlender Naturschnee wird durch Maschinenschnee ersetzt. Aber nicht nur das. Der Megatrend Convenience fordert von den Skigebietsbetreibern Pisten, die sich wie weiße Teppiche anfühlen. Der Markt befiehlt und die Skigebiete liefern. Sie machen das, indem sie noch mehr Maschinenschnee produzieren (müssen), mit dem Unebenheiten ausgeglichen werden. Die Pisten werden nicht mehr nur wie früher gewalzt – nein, sie werden aus Schnee gebaut. Pistenbau und Pistenpflege sind zu einer kreativen Tätigkeit geworden. All das kostet Geld. Viel Geld.
4. Der Markt will es so. Und du hast es in der Hand!
Seit der Pandemie konnten sich die Premiumskigebiete – also jene, die sowohl bei der Qualität als auch beim Preis ganz oben liegen – sehr gut entwickeln. Nicht nur bei den Umsätzen werden regelmäßig neue Rekorde erzielt, sondern auch bei den Beförderungszahlen, den Skier Visits. Letztere sind die Währung, nach der international der Skitourismus verglichen wird. So hat zum Beispiel Dolomiti Superski, das teuerste Skigebiet im deutschsprachigen Raum (wenn man die Schweiz ausnimmt), in den Saisonen 2022/23 und 2023/24 Rekorde bei den Skier Visits verzeichnen können. Eine Tageskarte kostet in der heurigen Saison übrigens schlappe 83 Euro.
Wir sehen also: Der Markt verlangt Qualitätsführerschaft. Aber wer ist dieser Markt? Wir sind es. Wir Skifahrer sind der Markt. Wir haben es in der Hand.
5. Leistbare Skigebiete müssen schließen
Ja, es gibt sie noch, die leistbaren Skigebiete. Aber sie tun sich schwer. Sie müssen häufig von der öffentlichen Hand subventioniert werden und/oder müssen schließen. Wieder andere sind seit Jahren in schweren Turbulenzen. Beispiele: Rudolfshütte und Gaissau-Hintersee (jeweils Salzburg), Postalm und Kasberg (OÖ), Venet, Kirchdorf, Buchensteinwand und Gries am Brenner/Sattelbergalm (Tirol) Gschwender Horn sowie Jenner Berchtesgaden (Deutschland).
Wenn kleine und mittelgroße Skigebiete verschwinden, dann gehen sie oft leise, ohne mediales Getöse. Sie schließen, weil der Markt es will. Der Markt belohnt Qualitätsführerschaft und bestraft die kleinen, gemütlichen, leistbaren Skigebiete. Zur Erinnerung: Wir sind der Markt. Wir haben es in der Hand!
6. Finanzielle Nöte
Entgegen der landläufigen Meinung ist die Anzahl der Skigebiete, welche im Geld schwimmen und sich voller Taschen erfreuen, ziemlich überschaubar. Wenn man von den Skigebieten der Champions League absieht, klagen viele Betreiber über stark gestiegene Kosten – unter anderem bei elektrischer Energie, Treibstoff, Mitarbeitern, Digitalisierung sowie Bürokratie – und zu geringen Cashflow.
Bei der Mehrzahl der Skigebiete in Österreich sind die stark gestiegenen Preise schlichtweg eine Frage des finanziellen Überlebens.
FAZIT
Skifahren ist teuer geworden. Und Skifahren ist Premium geworden. Der Markt und die Zivilgesellschaft waren und sind die Treiber. Es ist eine komplexe Dynamik, die zur Entwicklung der Preise geführt hat. Und deshalb empfehle ich, nicht nach Sündenböcken zu suchen.
Vielmehr nähert sich das Skifahren in Österreich und im deutschsprachigen Raum einer globalen Realität an: Beinahe überall auf der Welt ist es ein Freizeitvergnügen der Besserverdiener. Ich hoffe, dass wir in Österreich diese Entwicklung bremsen können, indem wir als Abfederung günstige Saisonkarten anbieten.
Denn auf dem Spiel steht nicht nur eine Sportart und ein Freizeitvergnügen, sondern damit verbunden auch ein Stück österreichische Lebensqualität und eine Möglichkeit, sich tief mit der Natur verbunden zu fühlen.
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Ehrlich gesagt, wenn man sich die Staus, die vollen Parkplätze und die (Vor)verkaufszahlen der
Verbundkarten anschaut, dann ist Schifahren noch immer DER Sport schlechthin.
Lieber Otto,
das stimmt: Die Parkplätze der Premiumskigebiete sind so voll wie eh und je. Auch die Zelte beim Münchner Oktoberfest. Probleme haben aber sowohl die kleinen Wirte als auch die mittelgroßen und kleinen Skigebiete. Viele von den kleinen Skigebieten verschwinden sang- und klanglos vom Markt. lg Günther
Tja, vieles ist in den letzten Jahre viel teurer geworden. Ich lasse mich jetzt sicher nicht darüber aus, wer oder was daran schuld sein soll…
Jedenfalls wäre es ein kleines Wunder, wenn ausgerechnet die Preise für die Lifttickets nicht explodiert wären. Ein großes Wunder ist aber die Sache mit der „grünen Energie“, also dieser Öko-Strom, der dann für die Beschneiung oder sonst was zur Verfügung stehen soll.
Freilich kann man Verträge mit Stromlieferanten abschließen, die einem 100% Öko-Strom versprechen. Bestenfalls und höflich formuliert ist das einfach Etikettenschwindel. Jeder Kunde bekommt genau dieselbe elektrische Energie, die zum Zeitpunkt im internationalen Netz fließt. Und das ist immer ein Strommix. Grundlast kommt meist aus Kohle, Gas und Atomkraft, vor allem wenn es kalt und dunkel ist und/oder kaum Wind im mächtigen Kältehoch über Europa weht. Exakt dann, wenn die Bedingungen für die Schneekanonen optimal sind…
Liebe Leserinnen und Leser!
Eine lebhafte Diskussion über das Skifahren, seine Leistbarkeit und über die Wertigkeit des Angebotes würde mich freuen. Legen Sie gerne los! 🙂
lg Günther Aigner
Hallo Christian!
Wie du weißt, haben wir im Fragebogen lediglich abgefragt, ob Ökostrom-Verträge abgeschlossen wurden. Der tatsächliche Strommix ist natürlich ein anderer, allerdings würde ich mich da in einen Fachbereich begeben, von dem ich wenig verstehe. Folgender Satz hat aber trotzdem Gültigkeit, und ich denke, das ist der springende Punkt: „Ebenso die Schneekanonen, die zwar ein schlechtes Image haben, aber genauso sauber sind wie die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) oder die Wiener Straßenbahn.“ Beide verwenden den selben Strommix. Niemand würde auf die Idee kommen, die ÖBB wegen unsauberen Stroms zu kritisieren. lg Günther
Lieber Günther!
Doch, auch die ÖBB werden für den Etikettenschwindel kritisiert, nur eben nicht im Mainstream, im ORF oder im „Klimaschützer“-Standard usw. Noch geiler ist aber unsere POST AG. Die sind ja super grün nach deren Vermarktung, total CO2 neutral. Das ist ein richtiges Kunstwert, bei tausenden fossilen Kraftfahrzeugen im Fuhrpark. Die zahlen dann viele Millionen in diverse, weltweite Projekte, wo dann das ach so böse CO2 wieder aus der Luft verschwinden soll. Dazu zählen, man glaubt es nicht, Flusskraftwerke in China, PV-Anlagen in Hinterbombay, Windkraft im Vordersudan, Radlwege im Dschungel und vieles mehr. Prüft kein Mensch, aber theoretisch ist dann alles grün, obwohl gerade CO2 erst alles so grün macht.
Andere Betriebe lagern CO2 intensive Zweige einfach ins Ausland ab. So rühmen sich gewisse EU-Staaten, ihre CO2 Emissionen sinken wie geplant und sie werden die Green-Deal Klimaziele erreichen. Tja, dafür steigen die Emissionen halt anderswo und nach nun über 30 Jahren Klima-Umerziehung, über 30 Weltklimakonferenzen und Billionen an „Investitionen“ steigt der atmosphärische CO2-Gehalt schneller an als je zuvor im letzten Jahrhundert und auch die globalen Emissionen nehmen natürlich nicht ab.
Es wird Zeit, dass alle diesen CO2 Betrug durchschauen und bestenfalls auch dagegen ankämpfen!
Nicht übers Ziel schiessen. Die Post ist co2-neutral, man sieht sie nirgends mehr.