Günther Aigner
Epochal dürrer Winter,
sehr erfolgreicher Skitourismus!
Notizen
Am 28. Februar ging der meteorologische Winter 2024/25 zu Ende. Im Gegensatz zum kalendarischen Winter umfasst der meteorologische Winter die Monate Dezember bis Februar vollständig. Er beginnt also am 01. Dezember und endet am 28./29. Februar. Machen wir einen kurzen Rückblick anhand der Daten der GeoSphere Austria, ehemals ZAMG.
1. Temperaturen:
Wieder geht in den Ostalpen ein sehr milder Winter zu Ende. Am Hohen Sonnblick (3.106 m) war er um 3,0 Grad Celsius wärmer als das Mittel der vergangenen 139 Jahre. Siehe dazu die Abbildung 1. Der Erwärmungstrend (linearer Trend; punktierte Linie) beträgt seit Aufzeichnungsbeginn 1,64 Grad pro 100 Jahre (siehe dazu die Formel in der Grafik), was seit 1886/87 eine Erwärmung von knapp 2,3 Grad Celsius bedeutet. Dieser Trend beschleunigt sich aktuell – das sieht man an der grünen Kurve (gleitendes 10-jähriges Mittel), welche die Trendlinie deutlich überragt: Noch nie seit Aufzeichnungsbeginn gab es 10 aufeinanderfolgende Winter, welche so mild waren wie in der letzten Dekade. Das ehemalige 10-Jahres-Maximum aus den milden Wintern der 1990er-Jahre wurde überboten.
Abbildung 1: Die Abweichung der Wintertemperaturen vom Mittel der Periode 1886/87 bis 2024/25 am Hohen Sonnblick. Daten: GeoSphere Austria (ehemals ZAMG).
2. Sonnenscheindauer: Der abgelaufene Winter war nicht nur einer der mildesten seit Aufzeichnungsbeginn, sondern auch einer der sonnigsten. Österreichweit gab es um 27 Prozent mehr Sonnenscheindauer – auf den Bergen ist die Abweichung zum Teil noch extremer. Am Hohen Sonnblick sind es 31 Prozent. Ich hätte nicht geglaubt, dass die Winter in den gesamten Ostalpen so sonnig sein können wie heuer. Es war ein Sonnenwinter, wie wir ihn sonst nur südlich der Alpen erleben können.
3. Niederschlag: Seit dem 13. Oktober 2024 haben wir sowohl in den Nord- als auch in den Zentral- und Südalpen eine mehr oder weniger extreme Dürre. Nachdem das Jahr 2024 bis zum 12. Oktober weit überdurchschnittlich feucht gewesen war, legte die Natur eine Vollbremsung hin. Seit 5 Monaten erleben wir einen erstaunlichen Niederschlagsmangel. Ich bin gespannt, welche Jährlichkeit am Ende dieser Dürre berechnet werden wird. Sie erscheint mir epochal zu sein.
Aus diesem Grund liegt also selbst hochalpin oberhalb von 3.000 Metern Seehöhe sehr wenig Schnee, denn von nichts kommt nichts. Es gab einfach (fast) keinen Niederschlag. Seit 13. Oktober 2024 hatten wir weder eine einzige nennenswerte Nordstaulage noch eine einzige feuchte Westwetterlage oder ein einziges nennenswertes Adria- oder Genuatief. Nichts. Nur Sonne und ab und zu Streifschüsse von leichtem Niederschlag. Auf der Rudolfshütte in den Hohen Tauern, der niederschlagsreichsten Messstation Österreichs, beträgt das Niederschlagsdefizit seit 13. Oktober mehr als 50 Prozent.
4. Skitourismus: Dies führt zur kuriosen Situation, dass die abgelaufene Wintersaison für viele Skigebiete die beste Saison seit Aufzeichnungsbeginn ist. Warum? Die Skifahrer lieben Sonne. Je mehr sonnige Tage, desto mehr Skier-Visits und höhere Umsätze. Der Schneemangel wird problemlos durch die Beschneiung ersetzt, ob es uns gefällt oder nicht.
Ja, der Skitourismus hat sich längst von den meteorologischen Rahmenbedingungen und vom natürlichen Schneefall entkoppelt. Wie übrigens auch das Eishockey, das Eislaufen oder das Schwimmen. Wie viele Nachwuchsteams kennen Sie, welche auf gefrorenen Teichen Eishockey trainieren oder über das ganze Jahr hindurch im Natursee Delphinschwimmen trainieren?
Wie dem auch sei – selbst wenn die Skisaison noch nicht ganz zu Ende ist, wage ich die Hypothese: Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit wurde in den Alpen mehr Ski gefahren als im Winter 2024/25. Die Untergangsstimmung gegenüber dem Skifahren war nicht gerechtfertigt, obwohl die Klimaerwärmung der vergangenen Jahrzehnte schlimmer war als erwartet.
Übrigens: Noch mehr gejubelt als die Skigebiete haben die Betreiber von Skihütten: Fast jeden Tag Sonne und Terrassengeschäft, den gesamten Winter lang. Das gibt es sonst nur in den Dolomiten. Ein spannender Cocktail, nicht wahr? Kommentare gefällig?
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Anzufügen wäre dabei aber schon, dass das Schifahren mit künstlicher Beschneiung ökologisch nicht unproblematisch ist. Hoher Energieverbrauch, hoher Trinkwasserverbrauch. Mangelndes Trinkwasser ist in unseren Gegenden zwar noch kein Problem, kann es in Zukunft aufgrund der schneearmen Winter und weniger Niederschläge aber noch werden.
Sehr geehrter Herr Schiestl!
Das ist ein guter Einwurf. Es stimmt, dass diese Skisaison 2024/25 nur deshalb sehr erfolgreich war, weil die Beschneiung zu großen Teilen den natürlichen Schneefall ersetzen kann, zumindest auf den Skipisten. Zum ökologischen Footprint der Beschneiung hab ich Alois Schöpf angeboten, dass ich demnächst einen Artikel schreiben werde, welcher den aktuellen Stand der Wissenschaft zusammenfasst.