Franz Mathis
Die Medien – Zum Verzweifeln
Notizen
Es vergeht kaum ein Tag, an dem man sich nicht über die Medien und ihre Berichterstattung ärgern kann – ja sogar muss. Dazu drei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, jedes aus einem anderen Bereich.
1. Currentzis in Erl
Ich hatte vor einigen Tagen das Vergnügen, im Festspielhaus in Erl eine fulminante Aufführung von Mahlers 5. Symphonie zu erleben. Am Pult stand der griechisch-russische Dirigent Theodor Currentzis, gespielt hat das rund 100-köpfige, von ihm selbst zusammengestellte Orchester UTOPIA. Nun ist Currentzis nicht ganz unumstritten. Von Kunstkritikern und Medienleuten wird ihm vorgeworfen, dass er sich nicht klar gegen Putins Krieg in der Ukraine positioniert habe.
Allerdings hat Currentzis im heurigen Sommer beim Abschiedskonzert mit dem SWR Symphonieorchester in Stuttgart und Freiburg das Antikriegsstück War Requiem des erklärten Pazifisten Benjamin Britten dirigiert. Bei genauerem Hinsehen – was manchen Beobachtern leider fehlt – kann man daraus ablesen, dass sich Currentzis ganz allgemein gegen Kriege und somit auch gegen Putins Angriffskrieg in der Ukraine stellt – eine Haltung, für die man in Russland Gefahr läuft, eingesperrt zu werden.
2. Die Österreichische Wirtschaft
In der Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Trend vom 23. August dieses Jahres behauptet Chefredakteur Andreas Weber in seinem Editorial, dass alle wesentlichen Parameter nach unten zeigen. Wachstum mau, Produktivität, internationale Wettbewerbsfähigkeit sinken, Industrie will abwandern, Staatschulden und Inflation bleiben hoch.
Fast nichts von alledem stimmt oder hält – wie man heute sagen würde – einem Faktencheck stand.
Zwar ist es richtig, dass das Wirtschaftswachstum 2023 und 2024 gegenüber dem Vorjahr leicht zurückging, doch wird bereits für 2025 wieder ein Wachstum prognostiziert, das in etwa dem Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019 entspricht. Vor allem aber – und dies ist viel wichtiger – hat das Wachstum ausgereicht, um den Erwerbstätigen eine kräftige Erhöhung der Reallöhne zu bescheren. Während die sogenannte rollende Inflation zwischen Oktober 2023 und September 2024 bei 3,85 % lag, fielen die bereits zuvor für 2024 abgeschlossenen Lohnerhöhungen laut der Online Plattform Statista mit über 8% und vielfach über 9 % deutlich höher aus. Inzwischen ist die Inflation weiter gesunken, und zwar auf weniger als 2 %.
Was die Produktivität der österreichischen Wirtschaft betrifft, die am BIP pro Erwerbstätigem gemessen werden kann, so ist sie laut Nationalbank 2023 zwar ebenfalls leicht zurückgegangen, lag aber immer noch um knapp 3 % über dem Niveau des Jahres 2020.
Zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit hat eine von mir jüngst abgeschlossene Studie gezeigt, dass die größten Industrieunternehmen des Landes offenbar konkurrenzfähig genug waren, um in den vergangenen Jahren beachtliche internationale Konzerne mit Fabriken in der ganzen Welt aufzubauen. Und da sie ihren Hauptsitz zum allergrößten Teil nach wie vor in Österreich behalten und in vielen Fällen sogar noch ausgebaut haben, kann auch von einer Abwanderung nicht gesprochen werden.
Dass von Seiten der Unternehmen aus nachvollziehbaren Gründen gelegentlich mit Abwanderung gedroht wird, ohne dass sie dann die Drohung in die Tat umsetzen, geschieht schon seit Jahrzehnten und müsste gerade einem Wirtschaftsjournalisten bekannt sein.
Dasselbe gilt für die Staatsschulden, mit denen wir ebenfalls schon seit Jahrzehnten leben, ohne dass der Staat oder die Staatsfinanzen zusammengebrochen wären. Offenbar ist ein Verschuldungsgrad von etwas über 80 % der jährlichen Wirtschaftsleistung, wie er laut Statistik Austria seit 2009 in Österreich besteht, durchaus verkraftbar.
Wo bleibt – ist man versucht zu fragen – bei all den Kassandrarufen die faktenbasierte Berichterstattung? Worin besteht der Unterschied zu den von den klassischen Medien so gern den sozialen Medien zugeschriebenen Fake News?
3. Der Tennisstar aus Südtirol
Am Samstag, den 19. Oktober, hat der Südtiroler Tennisspieler Jannik Sinner, über den ich an dieser Stelle schon wiederholt geschrieben habe, in Saudi-Arabien ein weiteres Turnier gewonnen und dabei mit Carlos Alcaraz, Novak Djokovic und Daniil Medwedev drei seiner stärksten Konkurrenten geschlagen. Außerdem führt er inzwischen mit großem Abstand die Liste der derzeit besten Tennisspieler der Welt an.
Und doch ist der jüngste großartige Erfolg des Quasi-Landsmannes aus Sexten der Tiroler Tageszeitung nur eine Randnotiz wert.
Während sie sonst über alle möglichen, auch wesentlich unbedeutenderen Sportarten aus aller Welt berichtet, findet sich am darauf folgenden Montag statt eines vielleicht etwas längeren Berichts oder gar eines Interviews nicht mehr als eine dürftige dpa-Meldung, dass Jannik Sinner aus Italien (!) 6:7, 6:3, 6:3 gegen den Spanier Carlos Alcaraz gewann – ist es lediglich unverständliche Missachtung oder Ignoranz gegenüber unseren Nachbarn aus Südtirol?
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Meine Wahrnehmungen sind jene, dass es genug Buchungen in den FV-Regionen für den Winter gibt; dass die Gastronomie (ob am Berg oder im Tal) genügend Gäste hat; dass Österreich weiterhin das zweitbeste Ranking (AA+) hat; dass man unter dem Deckmantel „Sparzwang“ aus ideologischen Gründen einige Ausgaben wie „Bildungskarenz“ und „Klimabonus“ einstampfen will…
Sehr geehrter Herr Franz Mathis,
gratuliere. Großartig ihr obiger Beitrag. Wir im Westen haben uns als vermeintlich kritische Geister so positioniert, dass wir alles schlecht reden, schlecht machen und heruntermachen. Ein totaler Blödsinn, denn im Grunde und im Vergleich wird bei uns sehr viel Großartiges geleistet. Wir brauchen uns nicht verstecken und schon gar nicht die Konkurrenz mit anderen Erdteilen scheuen. Nur, die kanzeln sich nicht selber andauernd herunter wie wir West-Idioten. Best. Elias