Elias Schneitter
Unser Pensionssystem eignet sich nicht
für populistische Attacken
Notizen

Oft habe ich den Eindruck, dass den Österreichern neben der Gesundheit die sichere Pension das Wichtigste im Leben ist. Darum ist die Pension auch in der öffentlichen Debatte ein Dauerthema, vor allem natürlich ihre Finanzierung. Immer weniger Beitragszahler sollen immer mehr Pensionisten schultern. Das kann und wird sich auf Dauer nicht ausgehen, heißt es laufend.

Die Zuschüsse aus dem Bundesbudget steigen jährlich, und wenn man einigen Populisten glauben darf, werden sie in naher Zukunft das gesamte Budget auffressen.

Bei den staatlichen Pensionen gibt es in Österreich momentan drei Systeme. Eines betrifft die Arbeitnehmer mit ihren ASVG-Pensionen. Hier gibt es eine Deckung durch Beiträge (Dienstnehmer und Dienstgeber) von ca. 80 %. Also mehr als im Gesetz verlangt, wo lediglich eine Drittellösung verlangt wird. Dennoch beläuft sich der notwendige Zuschuss auf 10,5 Milliarden Euro für 2023.

Die zweite Gruppe betrifft die Selbständigen mit einer Deckung von unter 30 % (Gewerbe und Bauern) und einem Zuschuss des Staates von 10,5 Milliarden Euro. Und schließlich die Gruppe der Beamten, die im eigentlichen Sinne keine Pension, sondern einen Ruhe- und Versorgungsgenuss beziehen, quasi eine Lohnfortzahlung bis zum Lebensende (Zuschuss des Staates von 11,53 Milliarden Euro). Für die aktiven Staatsdiener leistet hier der Staat keine Pensionsbeiträge.

Nur wenn man alle drei Systeme miteinander vermischt, lässt sich für Unkundige und Populisten gut Stimmung machen.

Zur längerfristigen Sicherung unseres Pensionssystems wird immer über die Erhöhung des Antrittsalters gesprochen. Wir leben länger als früher, verbringen viele Jahre mehr in Pension, also müssen wir auch länger arbeiten. So die Forderung.

Im Moment wird – und das wird gerne übersehen – bei den Frauen diese geforderte Erhöhung des Antrittsalters von 60 auf 65 Jahre bereits durchgeführt. Auch im Bereich der Witwenpensionen gibt es regelmäßig weniger Auszahlungen, weil immer mehr Frauen eine Eigenpension beziehen.

Das österreichische Pensionssystem funktioniert nach versicherungsmathematischen Regeln. Grundsätzlich gilt, wer mehr einzahlt, bekommt eine höhere Pension. Das bringt für Männer einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Frauen. Diese erhalten im Schnitt viel niedrigere Pensionen, was in der Regel mit Kindererziehungszeiten und Teilzeitbeschäftigungen zusammenhängt. Hier müsste der Staat unbedingt eine bessere, sprich in Bezug auf die Kindererziehung fairere Lösung finden.

(Andererseits – und das ist bitte ironisch zu sehen – beziehen Männer um vier Jahre weniger Pension als Frauen. Grund ist ihre niedrigere Lebenserwartung. Ein gewisser Ausgleich.)

In meiner aktiven Laufbahn bei der Sozialversicherung hat es für Dienstnehmer ein Rechenbeispiel gegeben. Bei einer vierzigjährigen ununterbrochenen Berufslaufbahn, einem durchschnittlichen Einkommen und bei einer gleichzeitigen 2%-igen Verzinsung waren die geleisteten Beiträge zur Pension nach zehn Jahren aufgebraucht. Damals war allerdings die Lebenserwartung noch nicht so hoch wie heute, was ja eine (durchaus erfreuliche) Hauptursache der Probleme ist.

Trotz aller Kritik haben wir immer noch ein gutes Pensionssystem. Immerhin funktioniert es bereits seit gut 140 Jahren und hat fünf Geldentwertungen überstanden. Auch in meiner Jugend war es für uns üblich zu behaupten, dass wir im Alter ohnehin keine Pension mehr erhalten würden. Zum Glück ist es anders gekommen.

Auch ein Vergleich mit Deutschland zeigt, dass unser System nicht das schlechteste ist. Bei gleicher Beitragsleistung in Österreich und Deutschland beziehen die Pensionisten bei unseren Nachbarn gut ein Drittel im Monat weniger.

Ziel der notwendigen Reformen sollte es daher nicht sein, dass es zu scheibchenweisen Verschlechterungen kommt und wir dann ein Niveau wie in Deutschland haben. Ebenso muss es Ziel sein, in drei verschiedene „Pensionsysteme“ mit jeweils angepassten Reformen einzugreifen. Ich bin der Meinung, dass es in fünfzig Jahren, sofern es Österreich überhaupt noch gibt, noch immer ein stark reformiertes, aber dennoch gutes Pensionssystem geben wird.

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Elias Schneitter

Elias Schneitter lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Civetta“ (baes) und der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Zirler Blues“ (baes). Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), in der ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) bis 2023 in Hall, seit 2024 in Kufstein.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. c. h. huber

    ja, das gejammer wegen der nicht mehr zu finanzierenden pensionen begleitet mich auch schon ein leben lang. und ich gebe dir recht, frauen mit kindern sollten unbedingt finanziell besser behandelt werden, als es jetzt der fall ist. wobei ich nun natürlich auch männer in diese forderung einbeziehe, wenn sie sich jahrelang ausschließlich daheim um ihre kleinkinder gekümmert oder sich ihretwegen in teilzeitarbeit abgestrappelt haben, sich also die kindererziehung halbe-halbe mit der partnerin teilten.

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