Elias Schneitter
Stopp für die EU Osterweiterung
Eine Provokation!

Es gibt den alten Spruch: Der Sieger ist nicht immer der Gewinner. Dieser Satz fällt mir immer ein, wenn ich an den Mauerfall oder den Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion vor 35 Jahren denke. Damals krachten im Westen die Sektkorken, weil man glaubte, als Sieger aus dem Kalten Krieg hervorgegangen zu sein. Wenn man die Situation heute betrachtet, schaut die Geschichte schon ein wenig anders aus. Der Sieger ist nicht immer der Gewinner.

Damals glaubte man im Westen, man könnte den Osten mit viel Geld und wirtschaftlicher Zusammenarbeit Handel durch Wandel in eine demokratische, nach westlichen Mustern funktionierende Gesellschaft verwandeln. Das ging, wie man heute sieht, ziemlich daneben.

In den Nullerjahren wurden 10 Oststaaten in die EU aufgenommen. Diese Aufnahme wurde nicht nur von Skeptikern kritisch gesehen. Sie lagen auch nach meiner Meinung nicht ganz falsch.

Bestes Beispiel dafür ist Ungarn, wo ein Präsident der EU auf der Nase herumtanzt und mit Putin kokettiert? Oder: Was ist in der Slowakei? Oder was spielte sich in Polen ab, wo im Moment nur der Angriffskrieg der Russen die ganze Problematik verdeckt? Oder in Rumänien?

Trotzdem sieht und sah die EU ihr Heil in der stetigen Erweiterung in der Nachbarschaft zu Russland. Auch in Georgien und Moldawien. Und natürlich in der Ukraine. Ebenso wie im Westbalkan mit Serbien, wo seit der Bombardierung der NATO ein gewaltiger Hass gegen den Westen vorherrscht. Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro – alles Staaten, in denen Korruption und keine Rechtsstaatlichkeit regieren, und die auch sonst nicht die geforderten Kriterien für einen Beitritt erfüllen.

Bei der Erweiterung ging die EU immer gleich voran. Mit der Verlockung von Milliarden und einem freiem Handel sollte ein demokratischer Weg eingeschlagen werden. Aber wie man inzwischen deutlich sehen kann, funktioniert das nicht. Auch stelle ich mir vor, was passieren würde, wenn z.B. Ungarn nicht nur Milliarden kassieren würde, sondern selbst einmal in die Kasse einzahlen müsste? Und das wäre in den anderen Oststaaten nicht anders, wenn der Geldfluss einmal in die andere Richtung gehen müsste.

Oder gerade vor Tagen in Rumänien: Dort ist es seit Jahren nicht möglich nach mehreren Wahlgängen eine funktionierende Regierung zu installieren. Jetzt hat ein Rechtsradikaler, der gegen die EU, gegen die NATO und ein Verehrer Putins ist, die meisten Stimmen bekommen. Außerdem fühlt sich dieser Georgescu noch von Gott gesandt. Also: Was will da eigentlich die EU?

Oder betrachtet man – jetzt unabhängig von der EU – die Ereignisse nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Da sieht man, welche Barrieren zwischen den demokratischen und autokratischen Gesellschaften (auch unter Bruderstaaten) noch immer existieren. In die ehemalige DDR sind für die Wiedervereinigung inzwischen 1.600 Milliarden Euro geflossen. Trotzdem ist die Kluft zwischen beiden Ländern kaum zu überwinden. Die beiden Kulturen scheinen nicht zusammenzupassen.

Und überhaupt: das größte Problem dabei ist Russland, wenn man an Georgien oder Moldawien oder die Ukraine denkt. Dieses kriegerische Land kämpft mit allen Mitteln gegen eine NATO-Erweiterung und gegen die EU.


Bilanz

Mit Geld kann man keine Demokratie in Ländern, die seit Jahrzehnten autokratisch geführt wurden, implementieren. Und statt einer Demokratisierung des Ostens erleben wir jetzt einen massiven Rebound und die autokratischen Kräfte  werden auch im Westen immer stärker und sind dabei, die Demokratie schwer zu beschädigen. 

Daher sollte sich die Kern-EU mehr um die eigenen Probleme kümmern. Hände weg von einer weiteren Osterweiterung!

Abschließend auch noch eine weitere eigene Wahrnehmung: Öfters habe ich Menschen (Pflegerinnnen oder etwa LKW-Fahrer) aus dem Osten kennengelernt. Alle, mit denen ich gesprochen habe, meinten, dass in ihren Ländern die Löhne seit dem Beitritt zwar kaum gestiegen sind, nur die Preise sich der EU angepasst haben. 

Die große Freiheit, die ihnen versprochen wurde, besteht darin, dass sie zur Arbeit ins Ausland gehen können. Ohne ihre Familien!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Civetta“ (baes) und der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Zirler Blues“ (baes). Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), in der ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) bis 2023 in Hall, seit 2024 in Kufstein.

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