Elias Schneitter
Letzte Auftritte
Ernst Paar
anlässlich seines 1. Todestages gewidmet
Wenn ich mit ihm telefoniere oder ihn im
Kaffeehaus treffe,
dann ist sein erstes Thema stets sein baldiger Tod.
Lang ertrage ich das Leid nicht mehr, sagt er.
Liegt er wach im Bett, dann beschäftigt er sich
mit Selbstmord.
Nackt im Schnee zu liegen und zu erfrieren. Tod
durch Erfrieren. Davon spricht er in den heißen
Sommer- und kalten Wintermonaten unentwegt.
In seiner Bibliothek hat er
eine eigene Abteilung,
wo er ausschließlich die Werke
von Selbstmördern stehen hat:
Jean Amery, Hertha Kräftner, Franz Innerhofer,
Ernest Hemingway, Brigitte Schwaiger.
Das Theater und der Tod
bestimmten sein Leben
Er ist ein Bühnenmensch durch und durch.
In jungen Jahren leitete er eine
Avantgardebühne, die mit ihren Stücken
für viel Aufregung und Skandale sorgte.
Arrabal, Kroetz, Genet…
Das war in den Siebzigern.
Eine ganz andere Zeit.
Heute erlebt er das Theater nur noch
von der Galerie aus,
in Berlin und in Wien.
Sein großes Vorbild auf der Bühne
war und ist immer noch
Giorgio Strehler, bei dem
er als Assistent tätig war.
Das Theater von Strehler war nicht
so kopflastig wie das deutsche
und keine so Herz-Schmerz-Soße wie das
österreichische,
sondern sein Theater kam aus dem Bauch heraus.
Darum bewunderte er Giorgio Strehler
über alle Maßen,
und wenn dieser auch noch Selbstmord
begangen hätte,
dann wäre er überhaupt sein Gott gewesen.
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