Elias Schneitter
Ist die österreichische Literatur
so miserabel,
weil sie zu viel gefördert wird?
Ein Sommergespräch
Manchmal verwickelt man sich in Diskussionen, die, genauer betrachtet, mehr oder weniger für den Hugo sind. So auch vor einiger Zeit in einer kleinen Runde von Autoren. Aber es war zumindest sehr unterhaltsam.
Thema war der angeblich desolate Zustand der zeitgenössischen österreichischen Literatur sowie des dazugehörigen Literatur-Betriebs, und natürlich wurde auch über die Ursachen und Gründe dafür debattiert. Es gab Für und Wider.
Einen interessanten Aspekt brachte dabei ein Kollege ins Gespräch, ein Argument, das mir eher neu war. Er sprach von überwuchernden, fehlgeleiteten Förderungen und Stipendien, Preisen und Zuschüssen durch die öffentliche Hand und behauptete, dass dies hauptverantwortlich für den üblen Zustand unserer heutigen Literatur sei.
Im Laufe der Jahre hat sich in Österreich ein Förderwesen im literarischen Betrieb breitgemacht, das alles und jeden fördert. Dementsprechend sind die Ergebnisse. Da werden Texte gedruckt und gefördert, die keinen Menschen interessieren, am allerwenigsten ein Publikum. Da dümpeln Schreiberlinge in ihrem Saft dahin und ernähren sich von den öffentlichen Zuwendungen. Es geht vorwiegend nicht darum, literarische Qualität zu fördern, sondern um ein Sozialhilfeprogramm für Möchtegern-Dichter. Es hat sich eine Klientel etabliert, die sich gegenseitig die Gelder zuschiebt, einmal als Empfänger, das nächste Mal als Mitglied einer Jury. Eine Freunderlwirtschaft der Sonderklasse. Von der Literatur kann keiner überleben.
Als Beispiel lieferte er einen Vergleich mit den USA: Dort gibt es keine staatlichen Förderungen für Autoren. Es muss sich jeder selber durchkämpfen. Das wirkt sich auch auf die Qualität der Literatur aus. Von pragmatisierten Stipendien-Dichtern kann man sich nichts erwarten. In dem Bereich ließe sich einiges einsparen, wodurch für die Literatur sicher kein Schaden erwachsen würde.
Das war Zündstoff für die Runde.
Immerhin haben wir als kleines Land zwei aktuelle Nobelpreisträger. So schlecht ist es also nicht um unsere Literatur bestellt. Und ist die amerikanische Literatur wirklich um so viel bedeutender?
Hör mir mit den Nobelpreisträgern auf. Der Handke ist ein aggressiver Schöngeist mit sonderbaren politischen Ansichten und die Jelinek schreibt frustrierte Frauenliteratur und Theaterstücke, die man sich nicht anschauen kann.
Schließlich gipfelte die muntere Diskussion in der Frage, ob der Zustand der österreichischen Literatur besser wäre, wenn sämtliche Förderungen, Preise und Zuschüsse für Autoren und Verlage abgeschafft würden.
Davon bin ich überzeugt, meinte der Heißsporn. Das würde der österreichischen Literatur nicht nur guttun, sondern es würde auch weniger publiziert, dafür aber Besseres. Die Hälfte der österreichischen Verlage könnte auf der Stelle zusperren, wenn sie nicht so üppig gefördert würden. Ich halte es da mit dem Thomas Bernhard, der solches gefordert hat.
Wenn Ihnen schoepfblog gefällt, bitten wir Sie, sich wöchentlich den schoepfblog-newsletter zukommen zu lassen, und Freundinnen und Freunde mit dem Hinweis auf einen Artikel Ihres Interesses zu animieren, es ebenso zu tun.
Weitere Möglichkeiten schoepfblog zu unterstützen finden Sie über diesen Link: schoepfblog unterstützen
Zu Werner Schandor
Ja, sicher ein absolut würdiger Sieger, „Da Sta“, aber dass es diesen Text nur gegeben hat, weil die Autorin gefördert wurde, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Müsste man vielleicht die Verfasserin fragen.
Ich selber habe auch schon, auf meine alten Autorentage, Geld vom Steuerzahler gekriegt, aber für Bücher, die bereits erschienen oder fast fertig waren. Also, sozusagen „Förderungsunabhängig“.
Was will ich damit sagen? Es darf gefördert werden. Muss aber nicht.
Es ist nett, Penunze vom Steuerzahler zu bekommen.
An dieser Stelle: Vielen Dank auch, ihr lieben Steuerzahler …
Ohne Förderung blieben 08/15-Texte über, die einem bei beiden Ohrwascheln rausstauben und das Hirn in der Mitte mit einem leisen „Plopp“ implodieren lassen. Ohne Förderung gäbe es keine Texte wie den grandiosen „Da Sta“, mit dem Natascha Gangl soeben den Bachmannpreis 2025 gewonnen hat. Bitte unbedingt im ORF-Stream anschauen, wie mucksmäuschenstill es im Publikum geworden ist, als Gangl ihren Text, der in kein herkömmliches Erzählschema passt, vorgetragen hat. Einfach, weil es ein toller vielschichtiger Text ist, der aufzeigt, was man mit Sprache jenseits konventionell gestrickter Prosa alles ausdrücken kann. Die Förderung ermöglicht es Autoren, literarische Wege abseits der ausgetrampelten Pfade zu erkunden. Oder sich einfach zwei, drei Wochen intensiv dem Schreiben zu widmen. Ja sicher führt das manchmal ins Gestrüpp oder landet in einer literarischen Sackgasse. Aber das darf es einer Kulturnation schon wert sein. Es bringt ja analog dazu auch nicht jede geförderte Forschungsarbeit ein verwertbares, sinnvolles Ergebnis. In diesem Sinn: Ein klares Ja dafür, dass die Literatur kräftig gefördert wird.
einspruch! gerade wegen der verlagsförderung haben wir so viele gute autorInnen! besonders wenns um gedichte geht, die ja nischenprodukte sind, ist diese förderung unbedingt nötig. aber auch bei prosa! es wär nur schön, würden heimische buchhandlungen die werke heimischer autorInnen so platzieren, dass sie ein interessiertes publikum leichter wahrnehmen kann. dass stipendien nicht immer gerecht vergeben werden, liegt in der natur der sache, auch in der kompliziertheit der ausschreibungen, vor allem in letzter zeit. da werden nicht ganz internet-fite ältere mittlerweile ausgebremst, bis aufgehört wird sich zu bewerben. warum kann man nicht beide formen zulassen, analog, also mit ausgedrucktem, postalisch eingesandten manuskript, oder digital übers net?