Elias Schneitter
Entbürokratisierung
Notizen

Wenn über die großen Probleme unserer Wirtschaft diskutiert wird, kommt stets das Thema Bürokratisierung aufs Tapet. Alle stöhnen unter der überbordenden Zettelwirtschaft, die angeblich die Arbeitsleistung hemmt und das Wirtschaftswachstum unnötigerweise einschränkt.

Jeder, der mit der öffentlichen Verwaltung zu tun hatte, kann davon wahrscheinlich ein Lied singen. Häufig stellt sich die Frage, ob all diese bürokratischen Maßnahmen wirklich sinnvoll sind oder ob es sich nur um unnötige Schikanen handelt.

Auch ich als Kleinunternehmer (Buchverlag) und Mitveranstalter eines Literaturfestivals habe damit reichlich Erfahrung machen dürfen. Bei Druckkostenzuschüssen, bei denen es in der Regel um ein paar hundert Euro geht, stelle ich mir jedes Mal die Frage, ob es den Aufwand überhaupt lohnt, ein Ansuchen zu stellen. Häufig lass ich es bleiben.

Oder, zum Beispiel als Kassier des Literaturfestivals, das – dankenswerter Weise – von der öffentlichen Hand, Stadt, Land, Bund, Literarmechana und pro helvetia unterstützt wird. Es ist klar, dass die Verwendung der Subventionen sehr genau überprüft werden muss, denn es handelt sich um Steuergelder. 

Aber ich als Kassier des Festivals frage mich jedes Jahr, ob denn von jeder einzelnen Stelle – Stadt, Land, Bund, Literarmechana, pro helvetia – also im Grunde fünfmal das gleiche überprüft werden muss. Abgesehen davon, dass die jährliche Abrechnung natürlich von einem professionellen Steuerberater gemacht wird und auch vereinsintern die Rechnungsprüfer die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel bestätigen müssen. 

Natürlich, Kontrolle ist gut, aber manchmal fragt man sich schon, ob man es nicht auch übertreiben kann. Würde nicht eine zentrale öffentliche Prüfstelle genügen?

Kürzlich war ich an einem Samstag bei M-Preis, um meinen Wochenendeinkauf zu erledigen. Im Sonderangebot entdeckte ich drei Unterhosen in einem Pack, in meiner Größe und sehr günstig. Ich komme damit zur Kasse und als die Kassiererin die Unterhosen über den Abrechner zieht, schaut sie mich freundlich an und fragt mich lächelnd, ob ich schon achtzehn Jahre alt wäre. Im ersten Moment verstand ich nicht, dachte an einen Scherz, aber dann klärte sie mich auf, dass sie vom Kassendisplay aufgefordert wurde, mein Alter zu überprüfen. Wegen der Unterhosen. Vermutlich laufen die in der Bürokratie als sex toys, wovor man Jugendliche schützen müsse. Bravo! – kann ich da nur sagen.

Aber es gibt auch Dinge, die einen bezüglich Entbürokratisierung positiv stimmen.

In meinem fortgeschrittenen Alter ist der Gang zur Apotheke, die Tankstelle für uns Senioren, regelmäßig notwendig. Früher benötigte man dafür immer eine Verschreibung vom Arzt, die man sich in der Ordination abholen musste. Inzwischen gibt es die großartige e-card. Man kann telefonisch die Arzneien, die man regelmäßig einnehmen muss, bestellen und mit der e-card erhält man die Tabletten ausgehändigt. Man spart sich den Weg in die Ordination. 

Super unbürokratisch! So geht es auch!

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Elias Schneitter

Elias Schneitter lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Civetta“ (baes) und der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Zirler Blues“ (baes). Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), in der ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) bis 2023 in Hall, seit 2024 in Kufstein.

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