Elias Schneitter
Digi-Wahn
in der Kulturverwaltung
Notizen
Wenn von Entbürokratisierung und von Gesetzesdschungel die Rede ist, kommt unweigerlich die Ansage, dass mit dem Fortschreiten der Digitalisierung alles besser und einfacher sein wird bzw. geworden sei. Meine Erfahrungen mit der Digi-Welt lassen diese Hoffnung bzw. Beobachtung nicht zu. Der Slogan ein Klick und die Sache ist erledigt gehört ins Land der Märchen. Zumindest für mich.
In den letzten Jahrzehnten habe ich mich in den verschiedensten Funktionen als Veranstalter und Organisator im Kulturbereich betätigt. Da war es immer wieder notwendig, Anträge an öffentliche Stellen zu richten. Das hat sich so abgespielt, dass ich mir das entsprechende Formular besorgte, es händisch ausfüllte, die notwendigen Unterlagen kopierte, alles in ein Kuvert steckte und zur Post brachte. Das alles war stets in kürzester Zeit erledigt.
Inzwischen geht das aber nicht mehr so einfach. Sucht man bei Stadt/Land/Bund um eine Förderung an, ist das nur noch online möglich. Und nur bei Einhaltung genau vorgegebener Termine, zweimal im Jahr.
Auch deswegen habe ich mich, was meine kulturellen Aktivitäten anlangt, aus diesem Terrain mehr oder weniger zurückgezogen, weil ich mir das nicht mehr antun möchte.
Ein befreundeter Künstler, der ein Buch herausgeben wollte, hat versucht, um einen Druckkostenzuschuss anzusuchen. Aber da er nicht zu den Spezialisten in der Digi-Welt gehörte, ist er, wie er sagte, kläglich gescheitert, worauf er mich um Hilfe fragte. Leider sagte ich ihm meine Unterstützung zu. Ein Grund dafür war, dass mich doch der Ehrgeiz packte; mit anderen Worten: Ich wollte es noch einmal genau wissen.
Erste Hürde: ID Austria. Um online anzusuchen, benötigt man auch den ID Austria Zugang. Hört sich einfach an. Ist es aber nicht. Mit Hilfe einer Gemeindebediensteten und meiner Tochter gelang es mir innerhalb einer Woche, stolzer Besitzer der ID zu sein.
Zweiter Schritt: Drei Ansuchen (Stadt, Land, Bund), die man zuerst einmal im Netz finden musste, ehe man loslegen konnte.
Dritter Schritt: Die Formulare ausfüllen. Um es kurz zu machen, ich stand wie ein Ochs vor dem Berg. Wollte aber nicht aufgeben. Benötigte weitere Hilfe eines anderen Freundes, der mehr Digi-kompatibel war als ich. Wir baggerten uns also in die Ansuchen hinein. (Übrigens: Es ging um Peanuts, um einen kleinen dreistelligen Betrag.) Mein Helfer ist ein hartnäckiger Kämpfer. Nach drei Sitzungen und acht Stunden gemeinsamer Arbeit ( man glaubt es ja nicht, was und wieviele Unterlagen beizubringen sind ) hatten wir die Formulare ausgefüllt und abgeschickt. Sensation!
Jedenfalls verfestigte sich bei mir der dringende Verdacht, dass diese komplizierten Verfahren lediglich dazu dienen, um auf diesem Weg Einsparungen zu lukrieren.
Auch erinnere ich mich an eine Bankbedienstete, an die ich mich einmal wegen eines Digi-Problems mit ihrem Institut wandte. Sie konnte mir zwar nicht weiterhelfen, sie gab aber mir eine entsprechende Telefonnummer und meinte lächelnd: Wenn´s einmal funktioniert, ist es super!!!!
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Wäre das nicht eine Aufgabe der GAV oder der IG Autorinnen Autoren, da mal Druck zu machen bei den diversen Förderstellen?
stimme dir voll zu, lieber elias,
daher mache ich bei diversen ausschreibungen nicht mehr mit und denke mit wehmut daran, dass man seinen text nur auszudrucken brauchte, dazu einen lebenslauf schreiben, ebenfalls ausdrucken und ab zur post oder direkt abgeben, wenn möglich. mittlerweile muss man experte sein, um überhaupt mittun zu können, selbst wenn hilfe angeboten wird. diese hilfe verlangt dann sachen von einem, die ein digitales nackerbatzerl nicht beherrscht und womit sich dann 2 menschen eine stunde lang herumplagen müssen. warum ist nicht beides möglich – analoge einreichung oder digitale, frage ich mich. damit wäre allen gedient!