Elias Schneitter
Bürokratisierung – Entbürokratisierung
Notizen

Unter der herrschenden Bürokratie stöhnen momentan viele und von allen Seiten wird der Bürokratieabbau gefordert.

Die überbordende Bürokratie hemmt die Wirtschaft, verärgert die Bevölkerung. Und die Erwartung, dass mit der Digitalisierung alles besser wird, scheint sich nicht zu erfüllen. Im Gegenteil, viele Menschen werden vor den Kopf gestoßen, weil sie mit den neuen Technologien nicht mehr Schritt halten können.

Vor kurzem war ich in einen Verkauf um ein kleines landwirtschaftliches Grundstück (ein Schneuztücherl) verwickelt. Es ging um einen mittleren vierstelligen Betrag. Natürlich musste dieses Geschäft notariell abgewickelt werden.

Als ich von den Notar-Kosten hörte, wackelte ich einmal kurz mit den Ohren. Knapp ein Drittel des Verkaufspreises waren für Notar und anfallende Gebühren fällig. Der Jurist erklärte mir –auch er erzählte mir unter Stöhnen, mit welcher Überbürokratisierung er und seine Berufskollegen täglich zu kämpfen hätten – dass für den Deal um das Schneuztücherl insgesamt 60 behördliche Schritte bis zur endgültigen Unterschrift erforderlich gewesen waren. 

Ein Wahnsinn, meinte er richtig. Als ich das erfuhr, kam mir natürlich sofort der geniale Satz von Helmuth Schönauer in den Sinn, der vor gut vierzig Jahren meinte: Wer Beamte sät, wird Wahnsinn ernten.

Auch wenn alle die Situation beklagen, der Kampf gegen die Überbürokratisierung ist völlig hoffnungslos, denn um die Bürokratie zu reduzieren, müsste sie sich selbst abschaffen. Und das wird nie und nimmer passieren, denn das Hauptziel jeder Bürokratie ist es, immer noch mehr Bürokratie zu schaffen und die eigene Position zu stärken und nicht zu schwächen.

Darum ist der Kampf für eine Entbürokratisierung ein Kampf gegen Windmühlen. Da sitzt der Schimmel viel zu fest im eigenen Sattel.

Wenn Ihnen schoepfblog gefällt, bitten wir Sie, sich wöchentlich den schoepfblog-newsletter zukommen zu lassen, und Freundinnen und Freunde mit dem Hinweis auf einen Artikel Ihres Interesses zu animieren, es ebenso zu tun.


Weitere Möglichkeiten schoepfblog zu unterstützen finden Sie über diesen Link: schoepfblog unterstützen

Elias Schneitter

Elias Schneitter, geb. 1953, lebt in Wien und Tirol. Zahlreiche Publikationen. Zuletzt der Erzählband „Fußball ist auch bei Regen schön“ (Edition BAES), der Roman „Ein gutes Pferd zieht noch einmal“ (Kyrene Verlag) und der Gedichtband „Wie geht’s“ in der Stadtlichter Presse, Hamburg. Daneben Tätigkeit als Kleinverleger der edition baes (www.edition-baes.com), wo ein Schwerpunkt auf die Veröffentlichung von Literatur aus der US-amerikanischen Subkultur gelegt wird. Schneitter ist Mitbegründer und Kurator beim internationalen Tiroler Literaturfestival „sprachsalz“ (www.sprachsalz.com) in Hall.

Schreibe einen Kommentar